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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Schmülling, Ludwig: Der moderne Wohnhausbau: eine Studie zur Geschichte des Wohnungswesens
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https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0959
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DER MODERNE WOHNHAUSBAU

diesen dadurch die dü-
stere Unwohnlichkeit.

So entstand ein
Grundrißtypus, der im
Rahmen der Bauord-
nung gehalten ist, an
Ausnutzung des denk-
bar Mögliche leistet
und doch die Wohn-
lichkeit des Landhauses
bis zu einem gewissen
Grade erreicht. Die
architektonische Aus-
gestaltung verfolgt da-
bei gleichfalls das Prin-
zip bürgerlicher Ein-
fachheit und Gemüt-
lichkeit. Besonderer
Wert wird auf die per-
spektivischen Durch-
blicke gelegt. Gern
ordnet man Wohn-und
Speisezimmer in einer
Flucht an und schafft
dadurch Zimmer, die
evtl, zu einem saalarti-
gen Raum vermittels
Schiebetüren vereinigt
werden können. Ein
Wintergarten oder eine
Loggia, in der Axe an-
gelegt, bildet einen
wohltuenden Point de
vue. Statt des früher
üblichen Salons sieht Studie
man lieber ein Musik-
zimmer oder ein Damenzimmer vor. Hieran
reiht sich das Herren- oder Rauchzimmer. Alle
diese Räume öffnen sich meist nach einer vom
Tageslicht erhellten Halle, die sich hervorragend
zum Empfangszimmer eignet. Vor dieser Halle
liegt meist eine besondere Garderobe, nebstToilette.

Zwischen das Speisezimmer und die Küche
wird zweckmäßig eine Anrichte gelegt, die
gleichzeitig als Geruchverschluß und Wirt-
schaftsflur dient. Bei kleinen Wohnungen, in
denen ein besonderer Diener nicht gehalten
wird, liegt die Küche am besten möglichst in
der Nähe des Entrees, damit das Öffnen der
Korridortür möglichst beschleunigt wird.

An der Küche selbst liegt gewöhnlich eine
Nebentreppe für Dienstboten und Lieferanten,
sowie die meist zu kleine Dienstbotenkammer.

Die Schlafzimmergruppe umfaßt je nach der
Größe der Wohnungen zwei oder mehrere
Schlafzimmer, das Bad, das Ankleidezimmer,
ferner die Kinderzimmer. Die Fenster gehen
am besten nach dem Garten hinaus. Das An-

ARCHITEKT PAUL BENDER B. D. A. DRESDEN

bringen von Loggien oder Balkons ist hier
sehr wichtig. Gute Beleuchtung und Durch-
lüftbarkeit sowie angemessene Größe sind un-
erläßliche Bedingungen für diese Räume.

Besondere Aufmerksamkeit wird heute dem
Hauptvestibül, dem Haupttreppenhause und
dem Fahrstuhl gewidmet. Während man früher
bei der Vestibülgestaltung auf kalte Monumen-
talität hinarbeitete, versucht man heute im Gegen-
teil eine warme Intimität zu erzielen. Wie bei
einem Hotel das Vestibül den Erholungs- und
Warteraum bildet, so richtet man auch bei
Wohnhäusern diesen Raum mit Sitzmöbeln,
Bildern und Kaminen ein. Neben Marmor wird
heute auch Edelholz zur Bekleidung der Wände
benutzt. Diese Paneelbekleidung setzt sich im
Treppenhaus fort.

Der Innenausbau der Wohnungen hat sich
ebenfalls immer mehr entwickelt. Die Aus-
stattung der Wohnungen geschieht nach dem
echt künstlerischen Prinzip der Materialwahl.
Im allgemeinen wird der Eindruck der Ruhe

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