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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Kissinger, Rudolf: Die Metzelsupp!
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0216
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Sie weiß aus Srfahrung, öah sie nicht nur für die g-eladenen Gäste zu
richten hat, sondern auch noch für ungeladene, die so in allerlei Ver-
muinmung erscheinen, ihre Spässe machen und vor allem solange beson-
ders die doch reichlich mit Arbeit bedachten Mädchen foppen und auf-
halten, bis ihr Wunsch ist. Dann sahren sie zu ihren Kameraden ab,
mit denen sie sich das Ervberte gut schmecken lassen, voll Vehagen, dah
die Haussrau, schon um Ruhe in der Küche zu bekommen, das Verschsn
beachtet hat:

Jch hwb gehört, ihr habt geschlacht
Vlnd habt so, fette Wurst gemacht.

Gebt mir esne, nicht so, kleine,

Sondern zwei für eine kleine!

Draußen rasselt die Kaffeemühle. Die geblümten Tassen werden auf-
gestellt. Verge von Streuselkuchen werden nun aufgetragen. Dald dampft
die Kafseekanne aus dem Lisch. Nun haben endlich auch die Weibsleute
Zeit. Vergnügt sitzt alles um dsn großen Tisch herum und, was nicht
möglich erscheint, wird wahr gemacht. Auch die Kuchenstücke von achtens-
werter Länge verschwinden, bis dann einsr nach dem andern die Ober-
tasse umlegt. Oetzt aber ist's wirklich genug. Das Plaudern setzt ein.
Dabei ist der Metzger auch der Spaßmacher. Er kommt in der Gegend
herum. Er weiß zu erzählen, und er erzählt. Mit einem Male aber
heißt's: „Ietzt wird gesungen!" Die altenLieder werden laut: „Schatz.mein
Schatz, reise nicht so weit von hier", oder „Die Reise nach (Zütland, die
sällt mir so schwer". Als dann noch so eins nach dem andern angestimmt
ist, da blickt die alte Aachbarin auf die Schwarzwälderuhr. Der kleine
Zeiger ist weit sortgeschritten. Dald wird der Aachtwächter die mitter-
nächtige Stunde pfeifen oder rufen. Ss ist Zeit. Die Frauen gehen.
Sie sind „rechtschafsen" müde. Anter der Schürze aber trägt jede noch
ein „Töpfchen" mit Wurstsuppe und ein Schüsselchen mit Fleisch und Wurft.
Anders tut es heute die Hausfrau nicht. Die Männer absr bleiben beim
Kartenspiel noch eine Weile zusammen. Morgen eilt ja in dieser Winter-
zeit die Arbeit nicht, und hinter der Lürs stehen noch ein paar Flaschen.

Am andern Morgen wird aufgeräumt, der Segen aufgehängt und
eingelackt. An manchen Orten macht auch der Hausvater hsimlich von
dem vorhandenen Blute drei Kreuze an die Stalltür. Er weiß zwar nicht
recht, warum er es tut, aber sein Dater hat es auch schon so gemacht.
Dann holt er aus dem Derschlag ein passendes Kistchen und schickt seiner
Aeltesten, die drin in der Stadt, um etwas zu lernen, in Stellung ist,
schmunzelnd ein paar Würste zum Dersuchen. Was mag das der Gret
und auch dem Herrn Oberamtmann schmecken!

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