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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 3.1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.8805#0262
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Josef Maria Frank: Die Sensation von Berlin W

Der Pariser „Schneiderkönig“ Poiret ist in Berlin eingetroffen.

Was ist hier los —?

Was tut sich bloß —?

Was rennt die Haute-Volee?
Auto bei Auto. Schupotruppe.
Schwerkapital mit Luxuspuppe.
Koppstand im Negligö.

Ein Gaul gestürzt? Ein Mord passiert?
Ob „Will’m“ als Komiker debütiert?

Ist hier die Börse hinverlegt?

Weshalb, warum so aufgeregt?

Hat’s was mit Politike?

Im Gegentum —

Im Wandel der Zeiten

Das Symbol

Tante Amalie sammelt seit
Jahren alle Stoffrest-
chen, deren sie habhaft
werden kann. Sie
schneidet sie in lau-
ter kleine Qua-
drate und näht
diese sorgfäl-
tig mit der
Hand zu-
sammen,
rot und
weiß
und
grün
und
schwarz
und blau
und gelb in
buntem Durch-
einander. Wir
haben unö lange
den Kopf darüber
zerbrochen, was das
Ganze einmal werden
soll. Jetzt aber ist es
uns klar: Tante Amalie
arbeitet an der neuen
Kompromißreichsflagge,
mit der man das deutsche
Volk beglücken will. ptm.

Zeichnungen oon Karl Halts

1886

„Ich geniere mich so, mein Rock ist so
schrecklich kurz/“

Luthers Schwanenlied

Schwarz-Weiß-Rot, Schwarz-Weiß-Rot,
Leuchtest mir zum müden Tod!

Weil ich einen Schrieb geschrieben,

Ging mein Posten in die Rüben, —

Ach, die Rosen welken all!

Schwarz-Rot-Gold! Schwarz-Rot-Gold!
Ei, das Hab' ich nicht gewollt.

Bei der Farbenumgestaltung,

Auf der Linken schlappe Haltung
Zählt' ich mit Gewohnheitsrecht.

wir warten stumm
in schnieker Schale stieke
auf Poiret — ach Gott, wie süß!
Da ist er, mit den Mannequins —
der Schneider aus Paris!

Mit Mannequins
zwecks Reingewinns
in Anbetracht der Franken . . .
Zweihundert Kostüme. Le dernier cri!

Zu jedem ein Parfüm! Von ihm, dem Genie
Das will er hier entranken.

Per Modeschau. Per Aufschluchzschrei.

Per Reklame-Probe-Schenkerei.

Das imponiert den WW-Mä’chen!

S’il vous plalt — Parfüm pour Combination!
Was soll da Politike —???

Was kümmert das
die „first dass“ —!

In schnieker Schale stieke
feiert sie — ach Gott, wie süß —
als war' es Will’m, den Poiret,
den Schneider aus Paris!

1926

Deutsch

Zu Ranalt in
Tirol am Fuße
der Stubaier
Bergriesen ist ein
Gasthaus. Dort
liegt einFremdenbuch
mit Fragen in drei
Sprachen. Name...
Wohnort... Woher?...
Ihr wißt schon. — In die
letzte Fragenspalte „Wo-
hin?" hat ein Holländer
eingetragen: Naar Inns-
bruck ... Dazu schrieb
ein schwarz-weiß-roter
Heldenjüngling:
„Schwein!
Schreib deutsch
im deutschen
Land!"

„Ich geniere mich so, mein
Rock ist so schrecklich lang!"

Stresemann, Stresemann!

Dies hast du mir angetan,

Fürs verhängnisvolle Streben
Mir die Schnapsidee gegeben,

Und dann warft du mäuöchenkufch.

Darum still, darum still!

Füg' ich mich, wie Gott es will.
Schwarz-Weiß-Rot bleibt meine Seele,
Schwarz-Rot-Gold auf alle Fälle
Zahlet mir die Höchstpension. stachu«.

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