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Langner, Johannes [Bearb.]; Feininger, Lyonel [Ill.]
Lyonel Feininger - Segelschiffe — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 76: Stuttgart: Reclam, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.65783#0037
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lung. In ihr gipfelte die Anerkennung des Meisters in
Deutschland — ein Jahr, bevor die Nationalsozialisten
zur Macht kamen und der Entwicklung der Kunst in
Deutschland ein jähes Ende bereiteten. 1932 wurde das
Bauhaus geschlossen und Feininger kehrte nach Berlin
zurück. 1937, im Jahr der Ausstellung „Entartete
Kunst“, auf der auch Feiningers Bilder hingen, entschloß
sich der Künstler, der in Deutschland tief verwurzelt
war und es immer als seine eigentliche geistige Heimat
betrachtet hat, trotzdem aber amerikanischer Staatsbür-
ger geblieben war, zur Rückkehr nach New York. Unge-
brochen bewältigte er in Amerika, wo er noch so gut wie
unbekannt war, die harte Aufgabe, sich von neuem eine
materielle Existenz und einen geistigen Lebenskreis zu
schaffen. 1944 veranstaltete das Museum of Modern Art
in New York die erste große Feininger-Ausstellung in
Amerika. Bis zuletzt ungebeugt arbeitend, ist Feininger
84jährig am 13. Januar 1956 in New York gestorben.
Obgleich Feininger älter ist als die Bahnbrecher der
Malerei unseres Jahrhunderts, baut er bereits, spät zum
freien künstlerischen Schaffen kommend, auf ihren Er-
rungenschaften auf. Die Linien- und Flächenkunst des
Jugendstils, die Farbe des Fauvismus, die strengen Ana-
lysen der Darstellungsmittel des Kubismus, die sensitive
Erregtheit des Futurismus und die seelische Leidenschaft
des Expressionismus findet er bereits vor. Diese Voraus-
setzungen hat Feininger zu einem sehr persönlichen Stil
verarbeitet und weitergeführt. In den Themen wie in
den Mitteln schränkt er sich ein, um zur Verfeinerung,
Vertiefung und Vergeistigung zu gelangen. Im Kreise
der Bauhaus-Maler ist er nächst Kandinsky, Klee und
Schlemmer die bedeutendste künstlerische Persönlichkeit,
ihren kühnen Flug in die Abstraktion, den Traum und
das Kalkül durch eine der Anschauung zugewandte, be-
hutsam geläuterte Poesie ergänzend. Feiningers Marinen
haben eine Tradition, die von den Holländern des 17.
Jahrhunderts über die Romantik, die englischen Maler
des frühen 19. Jahrhunderts, Turner und die französi-
schen Impressionisten bis zu Seurat reicht, schöpferisch in
unser Jahrhundert fortgeführt.

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