Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
274

DER MEISTER DES HEILIGEN WOLFGANG

er in der Weigelschen Sammlung fand1 und hält es für ein unbedeu-
tendes Blatt vom Ende des XV. Jahrhunderts. Er hat dabei übersehen,
daß der Holzschnitt unten rechts die Jahreszahl 1516 trägt2 und daß er
im wesentlichen eine gegenseitige Kopie nach dem heiligen Benedikt
Israhels van Meckenem (Geisberg 264.) ist.

Es sei noch erwähnt, daß mir 1899 ein Abdruck des heiligen
Benedikt in der Höhle (Nr. 2) aus Kloster Nonnberg bei Salzburg
zuging, das ja nicht allzuweit von Mondsee entfernt liegt. Man kann
also den Meister des heiligen Wolfgang, den ich nach der unter den
Kupferstichen des XV. Jahrhunderts selteneren Heiligengestalt (Nr. 3)
benannt habe, mit ziemlicher Sicherheit nach Mondsee im oberöster-
reichischen Salzkammergut lokalisieren.

Sein Stil ist ein sehr altertümlicher3 und erinnert, besonders bei dem
Cruzifixus, noch ganz an den Typus der Miniaturen vom Anfang des
XV. Jahrhunderts. Man muß indes in Betracht ziehen, daß sich dieser
Stil in den Mauern eines weltentlegenen Klosters länger erhalten konnte
als in den Städten. Einen Zusammenhang mit dem Meister der Spiel-
karten vermag ich nicht wahrzunehmen, obwohl Wilhelm Schmidt4
den Benedikt für die rohe Kopie nach einem verlorenen Original
dieses Künstlers hält. Der Faltenwurf der Gewänder ist weichflüssig
und nach unten ausladend, die Zeichnung dürftig und manieriert. Man
vergleiche namentlich die formlosen, großen Füße des Gekreuzigten
(Nr. 1), bei denen die Zehen fast bis zum Nagelloch herauf geführt sind.
Dennoch versucht der Stecher eine naturalistische Wiedergabe des
nackten Körpers, an dem der Brustkorb und die Achselhöhlen wie

1 Vergl. P. I. p. 23. Es ist der jetzt in Berlin befindliche Abdruck.

2 Vergl. W. u. Z. 230. — Schreiber (I. p. VII.) erwähnt die Mondseeer Holzschnitte
summarisch und sagt, daß sie von einem Mönch herrührten, der bald BA, bald FBA
signiert und eine Anzahl von Blättern ganz im Stil des XV. Jahrhunderts hergestellt
habe, die aber von 1513—1520 datiert seien. Mir sind nur die beiden Benedikt-Dar-
stellungen von 1516 und 1520 bekannt, die eben Kopien nach Kupferstichen des
XV. Jahrhunderts sind. Schreiber gibt auch (Bd. II. p. 32 Note*) nur die Jahreszahlen
1516-1520 an.

3 Renouvier charakterisiert ihn bei Erwähnung des heiligen Benedikt in seiner
treffenden Weise (p. 112. Nr. 5): „La piece est traitee dans le plumetis le plus elementaire
avec des arbres faits en eponge et des figures de la mine la plus piteuse.“

4 Rep. X. (1887) p. 129.
 
Annotationen