Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (Band 4, Textbd.): [Die Anonymen, 2] — Wien, 1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34185#0181
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER MEISTER DER BOCCACCIO-BILDER

167

Meisters legt, nach der es kopiert ist.* Die Köpfe mit gut gezeichneten
Ohren, wuistigen Lippen, stark betonten Nasen und in Ringein herab-
fiießendem Haar sind baid zu groß, baid zu kiein, die Hände kurz-
ßngerig und die Beine piump und dick. Die nur auf der Verkiärung
Christi (Nr. 1) vorkommenden Nimben sind einfach scheibenförmig
und nicht sehr groß, beijacobus, der den Kopf in DreivierteiproHi
nach ünks wendet, dementsprechend verkürzt, bei dem in Proßi
gesehenen Petrus aber nicht und bei dem vorn knieenden, vom Rücken
sichtbaren Johannes naiverweise ganz fortgeiassen, damit der über
den Kopf erhobene ünke Arm und die Hand nicht davon verdeckt
werde. Oft ist mit Giück der Versuch gemacht, seeiische Vorgänge im
Ausdruck der Gesichter wiederzugeben, so das Erstaunen im Gefoige
König Sauis beim Anbiick des Getöteten (Nr. 4), das Jammern der am
Weg sitzenden Armut und die stoize Seibstgefäüigkeit der vorüber-
gehenden Fortuna oder die befriedigte Miene der Armut, die auf die
überwundene Glücksgöttin einschiägt (Nr. 5). Daneben ßnden sich
dann wieder wunderiiche Verschiedenheiten in den Größenverhäit-
nissen der Figuren. Die auf dem Giück knieende Armut ist nur etwa
haib so groß wie die Fortuna, Marcus Maniius (Nr. 6) und König Sapor
(Nr. 9) sind viei zu groß gegen die übrigen Personen der Darsteiiung.
Tracht und Bewaffnung zeigen niederiändische Eiemente vermischt
mit orientaiisierenden und romanisierenden Turbanen und Heimen,
die nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern der Phantasie des
Künstiers. Wir ßnden vieifach schon geschiitzte Wämser in Verbindung
mit Resten von Zaddeiwerk, hohe Schaftstiefei und der Fußform ange-
paßte Beiniinge ohne Schnäbeh Die zahireichen Krieger führen außer
dem Spieß das Stangenschwert, die sogenannte Giäve, die auf aiien
niederiändischen Stichen die Steüe der Heimbarte vertritt. Fortuna, die
ais modisch gekieideteDame erscheint, trägt den das Haar verdeckenden
burgundischen Hennin. Die Gewänder sind niemais gemustert.
Die Zeichnung der Tiere verrät gute Naturbeobachtung. Die Pferde
sind etwas steifbeinig und kurzhaisig mit breiten Mäuiern und kurzen
Ohren, zwischen denen die Mähne über die Stirn herabfäiit.

^ Vergl. meine Ausführungen hierüber im Jahrbuch a. a. O. p. 132.
 
Annotationen