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DIE DEUTSCHE INDUSTRIE PHOTOGRAPHISCHER BEDARFSARTIKEL

Glaswerk hat — es ist fast überflüssig, davon zu reden, so bekannt ist die
Tatsache — das Werk des leider zu früh verstorbenen Fraunhofer bewußt,
mit Ausdauer und unter erheblichem Kostenaufwand fortgesetzt. Es hat nicht
nur Glassorten von bisher nicht gekanntem Verhältnis des Brechungs- und
Farbenzerstreuungsvermögens auf wissenschaftlich-synthetisdhem Wege er-
schmolzen, es hat auch in dieser Technik den anderen ausländischen, bisher
den Markt beherrschenden Glasschmelzereien den Weg zu neuer Arbeit, zu
neuen Produkten gewiesen. Was die Einfuhr optischen Glases anbetrifft, so
ist Deutschland trotz eines gewissen Bezuges vom Auslande der Welt gegen-
über der Gebende und nicht der Empfangende.
Erst verhältnismäßig spät in die Geschichte der Optik tritt das photogra-
phische Objektiv ein. Keine Anekdote meldet uns hier von merkwürdigen
Zwischenfällen und dergleichen. Nur streng wissenschaftliche zielbewußte Arbeit,
wiederum größtenteils von Deutschen geleistet, hat uns das photographische
Objektiv geschenkt, Ganz andere Probleme als die Astronomie oder der Mikro-
kosmos stellte die Photographie der Optik. Hier werden nicht nur Strahlen,
die in verhältnismäßig kleinem Winkel zur optischen Achse des Instrumentes
verlaufen, zur Hervorbringung eines Bildes verwandt, hier müssen stark schief
verlaufende Strahlenbündel zur optischen Arbeit, zur Erzielung eines guten
Bildes mit herangezogen werden. Dazu reichten die kleinen Fernrohrobjektive,
mit denen Daguerre zuerst arbeitete, natürlich nicht aus. Petzval, ein Deutsch^
Ungar, fand zuerst den Weg zur Herstellung besserer Objektive. Voigtländer
setzte das rechnerisch erzielte Resultat Petzvals zuerst in die Praxis um. Von
C. P. Goerz aber wurde das Aplanatprinzip zuerst anastigmatisch ausgebeutet
und der erste Doppelanastigmat auf den Markt gebracht.
Neben den sozusagen historischen Konstruktionen sind für die Zwecke des
täglichen Lebens eine Anzahl Typen von Objektiven entstanden, die einen
lebendigen Beweis nicht nur für die Leistungsfähigkeit unserer Optik, sondern
auch dafür bieten, daß Deutschland auf diesem Felde in der Welt vorangeht.
Eine Industrie, die ihren Ursprung weder in Bodensdiätzen noch in Roh-
Produkten hat, kann nur dann einen derartigen Aufschwung nehmen, wenn
sie mehr, weit mehr als das Ursprungsland versorgt. Wir leben also in
optischer Beziehung wesentlich vom Export, und zwar letzten Endes vom
Export an wissenschaftlicher Erkenntnis. Nun, wissenschaftliche Erkenntnis
wird aber durch die deutsche Handelspolitik nicht aufgezählt und auf Ein-
und Ausfuhr kontrolliert, wohl aber können wir, mittelbar natürlich, aus den
Erzeugnissen und Früchten dieser unserer Erkenntnis auf den Wert schließen,
den sie für das Ausland hat.
In der Chemie kam der allgemeine Fortschritt auch der jüngsten chemisch-
wissenschaftlichen Kunst, der Photographie, zugute. Tatsächlich haben alle die
großen, auf dem Weltmärkte die führende Rolle einnehmenden Firmen der
chemischen Industrie Deutschlands die Herstellung photochemischer Präparate
in ihren Geschäftsbereich gezogen, und da sie im Gegensatz zu den Erfindern
in den ersten fünfzig Jahren der Photographie mit dem ausgedehntesten

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