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DIE HOLZSCHNEIDEKUNST

Von dem »Reißer«, Zeichner, wurde das Bild auf die Holzplatte gezeichnet,
»gerissen« und vom Formenschneider mit dem Messer herausgeschnitten. Die
gezeidmete schwarze Linie blieb erhaben stehen, und alle weißen Flächen
wurden vertieft. Oft waren auch Schneider und Reißer eine Person. Bekannt
ist eine Arbeit des Ulmer Briefschneiders Dünkmuth vom Jahre 1475, auch
die eines Münchner Meisters von 1482, ein ganz in Holz geschnittener Beichtbrief.
Anfang des 16. Jahrhunderts nahm die Holzschneidekunst einen bedeutenden
Aufschwung. Wahre Meisterwerke wurden geschaffen. Männer wie A. Dürer,
Burgkmaier, H. Holbein, Lukas, Kranach, waren in Deutschland die Schöpfer
derselben. In den Niederlanden Lukas von Leiden,- aber auch in Frankreich
und Italien wurden prachtvolle Arbeiten geliefert.
Leider kam der Holzschnitt durch den 30 jährigen Krieg in Deutschland
vollständig in Verfall. Nur in Frankreich konnte sich die Holzschneidekunst,
und zwar in Verbindung mit dem Kupferstich, erhalten.
Erst zu Ende des 18. Jahrhunderts, Anfang des 19. lebte der Holzschnitt
wieder auf, und eine neue Blütezeit begann. Hauptsächlich war es der Eng-
länder Thomas Bewick, der einen vollständigen Aufschwung herbeiführte. Seine
Arbeiten waren auch schon entgegen allen bisherigen Holzschnitten, nicht auf
Langholz, sondern auf Hirnholz geschnitten. Die Arbeiten gestalteten sich da-
durch vielseitiger und auch druckfähiger,
An Stelle des Messers trat der Grabstichel des Kupferstechers.
In Deutschland waren es Unger, Gubitz, Unzelmann, Vogel, Kretschmar,
Bürkner, die mit bahnbrechenden Arbeiten hervortraten. Fast alle bedeuten^
den Maler zeichneten auf Holz und dadurch entstanden eine große Zahl der
wertvollsten Kunstblätter.
So nahm denn der Holzschnitt, als die vornehmste Reproduktionskunst,
eine hervorragende Stellung als Vermittler zwischen Volk, Kunst und Wissen^
schäft ein.
Immer mehr und mit dem größten Eifer waren seine Jünger bemüht, die
höchste Vollkommenheit zu erreichen.
Als in den 70 er Jahren Deutschland seinen wirtschaftlichen Aufschwung
nahm, trat auch der bis dahin nicht gepflegte technische Holzschnitt auf. Die
Handwerkszeuge wurden weiter verbessert. Aus der Linienmaschine der Litho-
graphen wurde eine Tonschneidemaschine für den Holzschnitt geschaffen.
Die Arbeiten, die noch im Anfang eine gröbere Linienführung zeigten,
wurden verfeinert und die wirkungsvollen Arbeiten, die heute durch Mühe
und Ausdauer erreicht wurden, legen ein beredtes Zeugnis ab für die außer-
ordentliche Verwendbarkeit des Holzschnittes,
Das Komitee für die Ausstellung des technischen Holzschnittes auf der
»Bugra« in Leipzig schätzt es sich zur besonderen Ehre, mit den Erzeugnissen
der technischen Holzschneidekunst, weit zurückgreifend in die Vergangenheit
bis zur vollendetsten Arbeit der Gegenwart, dem Interessenten aufwarten zu
können. Das Komitee ist bestrebt, für diesen Zweck eine historisch=belehrende
Ausstellung zu schaffen.

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