Vorwort
Der erste Teil dieses Kataloges beschreibt in seinen Nummern 1 bis 74 das Gemälde-Kabinett des
Herrn S. Simson, Düsseldorf, eine Sammlung intimer Malereien, hauptsächlich der älteren Düssel-
dorfer Schule, deren allmähliches Zusammentragen die geschäftsfreien Mußestunden von vierzig Jahren
ausfüllte.
Wenn der Besitz von Kunstwerken eine täglich wiederkehrende stille Freude ist, so ist das Auf-
spüren, das erste Bekanntwerden, der Erwerb eines Kunstwerkes ein Rausch, eine Beglückung, ein starkes
seelisches Erlebnis, von ungleich größerer Befriedigung für den künstlerisch empfindenden, kunstbedürf-
tigen Menschen, als das spätere abgeklärte Verhältnis des Besitzens.
Herr Simson, noch ein Sammler alter Observanz, trennt sich von seinen Lieblingen der letzten 40 Jahre
nur, um von neuem zu sammeln, um Entdecker- und Erwerber-Freuden von neuem zu genießen.
Wer diese 74 Bilder betrachtet, hat sehr bald den Eindruck eines straff geschlossenen Ganzen, ge
schaffen von einer stark betonten sammlerischen Eigenwilligkeit und unbeirrbaren Zielsicherheit. Diese
Düsseldorfer und sonstigen Bilder zeigen ihre Schöpfer nicht im lauten Getriebe des Marktes, sondern
gewissermaßen an den Schalttagen ihres künstlerischen Schaffens. Nicht ihre blendenden Hauptwerke
liebte der Sammler, der als alter Düsseldorfer mit fast allen Malern, deren Bilder er kaufte, persönlich
bekannt war, sondern die köstlichen Blüten künstlerischer Einsamkeit und Selbstbesinnung, die für den
feineren Genießer ungleich mehr Reiz haben als das marktgängige „Hauptwerk“.
Wenn man die Simsonschen Bilder unter diesem Gesichtswinkel würdigt, wird man den Geschmack
und den Sammler-Scharfblick bewundern, der diese ganz unprätentiösen Werke als das am meisten
Eigenartige der betr. Maler erkannte und für sich sicherte.
Eine romantische Eifellandschaft von subtilem Stimmungsreiz (No. 38) zeigt den Altmeister C. F. Lessing
als weitabgewandten Träumer; wie ein verwunschenes Märchenschloß steht diese Burg vor blaugrauen
Eifelbergen. — In nahem künstlerischen Verwandtschaftsverhältnis zu Lessing steht die „Felsenlandschaft
mit Wasserfall“ von Carl Hübner (No. 26). Sie dokumentiert das entschieden starke landschaftliche Können
dieses Meisters, den man gemeinhin nur als Anekdotenmaler von überholter Tendenz zu beurteilen geneigt
ist, während man darüber seine Landschaftsmalerei Lessingscher Schule, wie sie unser Bild vermittelt,
vergißt. —■ Ein Bild romantisch gesehenen Mittelalters, mit Ritterburg, Waldkapelle, ritterlichem Brautzug
ist das Werk von Caspar Scheuren (No. 55), das die ganze Wesensart des Meisters offenbart. — Ganz
besonders gut ist Carl Hilgers durch zwei Bilder vertreten, die diesen Spätromantiker von zwei verschie-
denen Seiten beleuchten. Da ist einmal „der alte Hammer“ (No. 24), ein packendes Nachtstück von spuk-
hafter Wirkung, und zweitens das ganz im Altmeisterlichen verankerte „Kastell im Winter“ (No. 25), von
prächtig ausgeglichener Tonschönheit und subtiler Durchführung. — Aus verwandter Kunstgesinnung heraus
entstanden, wenn auch dem Berliner Malerkreis zugehörig, ist das trefflich komponierte Bildchen von
Constantin Cretius „Italienisches Winzerfest“ (No. 10). — Der „Strand“ von Gregor von Bochmann
(No. 4) ist von einer so feinen malerischen Kultur und von so erlesener Qualität, wie sie auch bei Bochmann
nicht zur Alltäglichkeit gehört. — Der Wilhelm Schreuer von 1904 „Predigt in der Kirche von Werden“
(No. 59), eine warm beleuchtete Farbensymphonie mit treffsicher gesetzten Akzenten in ungemein leben-
diger Komposition, kann, aus der besten Zeit dieses urwüchsigen Malergenies stammend, unbedingt zu
seinen glücklichsten Arbeiten gezählt werden. —■ Ein älteres Bild von Arthur Kampf ist das Restaurant-
Interieur (No. 34), eine sehr delikat gemalte Impression Düsseldorfer Bürger-Milieus der achtziger Jahre
(datiert 1886).
Auch ein Andreas Achenbach ist in Simsons Sammlung, ein Seebiid kleineren Ausmaßes (No. 1), freilich
kein Bravourstück, aber ein Werkchen, das die ganze zauberhafte Wassermalerei Achenbachs überzeugend
offenbart. —- Wenn man von Christian Kröner redet, so denkt man an dramatisch gestellte Hochwildbilder.
Nun, hier ist ein Kröner (No. 35), der nur Landschaft sein will, eine duftig zarte Sommerstimmung in licht
stehendem Jungwald, bildmäßig so vollkommen, daß man Krönersche Hirsche und Rehe gar nicht vermißt.
— Das Kanalbild von Andreas Dirks (No. 14) gehört mit zu den eindrucksamsten Arbeiten dieses Malers,
in seiner Farbenskala geschmackvoll gedämpfter Übergänge und in seiner trefflich geschlossenen Bild-
wirkung. — Ein „Strand“ von Eugen Dücker (No. 15) ergötzt das Auge durch seine harmonisch ausge-
glichene Farbigkeit.
Carl Jutz senior war ein Hühner- und Entenmaler, der in seinen Bravourstücken das Landschaftliche
als Kulisse behandelt. Daß er in seinen intimeren, nicht für die landläufigen Jufz-Räufer bestimmten Bildern
Der erste Teil dieses Kataloges beschreibt in seinen Nummern 1 bis 74 das Gemälde-Kabinett des
Herrn S. Simson, Düsseldorf, eine Sammlung intimer Malereien, hauptsächlich der älteren Düssel-
dorfer Schule, deren allmähliches Zusammentragen die geschäftsfreien Mußestunden von vierzig Jahren
ausfüllte.
Wenn der Besitz von Kunstwerken eine täglich wiederkehrende stille Freude ist, so ist das Auf-
spüren, das erste Bekanntwerden, der Erwerb eines Kunstwerkes ein Rausch, eine Beglückung, ein starkes
seelisches Erlebnis, von ungleich größerer Befriedigung für den künstlerisch empfindenden, kunstbedürf-
tigen Menschen, als das spätere abgeklärte Verhältnis des Besitzens.
Herr Simson, noch ein Sammler alter Observanz, trennt sich von seinen Lieblingen der letzten 40 Jahre
nur, um von neuem zu sammeln, um Entdecker- und Erwerber-Freuden von neuem zu genießen.
Wer diese 74 Bilder betrachtet, hat sehr bald den Eindruck eines straff geschlossenen Ganzen, ge
schaffen von einer stark betonten sammlerischen Eigenwilligkeit und unbeirrbaren Zielsicherheit. Diese
Düsseldorfer und sonstigen Bilder zeigen ihre Schöpfer nicht im lauten Getriebe des Marktes, sondern
gewissermaßen an den Schalttagen ihres künstlerischen Schaffens. Nicht ihre blendenden Hauptwerke
liebte der Sammler, der als alter Düsseldorfer mit fast allen Malern, deren Bilder er kaufte, persönlich
bekannt war, sondern die köstlichen Blüten künstlerischer Einsamkeit und Selbstbesinnung, die für den
feineren Genießer ungleich mehr Reiz haben als das marktgängige „Hauptwerk“.
Wenn man die Simsonschen Bilder unter diesem Gesichtswinkel würdigt, wird man den Geschmack
und den Sammler-Scharfblick bewundern, der diese ganz unprätentiösen Werke als das am meisten
Eigenartige der betr. Maler erkannte und für sich sicherte.
Eine romantische Eifellandschaft von subtilem Stimmungsreiz (No. 38) zeigt den Altmeister C. F. Lessing
als weitabgewandten Träumer; wie ein verwunschenes Märchenschloß steht diese Burg vor blaugrauen
Eifelbergen. — In nahem künstlerischen Verwandtschaftsverhältnis zu Lessing steht die „Felsenlandschaft
mit Wasserfall“ von Carl Hübner (No. 26). Sie dokumentiert das entschieden starke landschaftliche Können
dieses Meisters, den man gemeinhin nur als Anekdotenmaler von überholter Tendenz zu beurteilen geneigt
ist, während man darüber seine Landschaftsmalerei Lessingscher Schule, wie sie unser Bild vermittelt,
vergißt. —■ Ein Bild romantisch gesehenen Mittelalters, mit Ritterburg, Waldkapelle, ritterlichem Brautzug
ist das Werk von Caspar Scheuren (No. 55), das die ganze Wesensart des Meisters offenbart. — Ganz
besonders gut ist Carl Hilgers durch zwei Bilder vertreten, die diesen Spätromantiker von zwei verschie-
denen Seiten beleuchten. Da ist einmal „der alte Hammer“ (No. 24), ein packendes Nachtstück von spuk-
hafter Wirkung, und zweitens das ganz im Altmeisterlichen verankerte „Kastell im Winter“ (No. 25), von
prächtig ausgeglichener Tonschönheit und subtiler Durchführung. — Aus verwandter Kunstgesinnung heraus
entstanden, wenn auch dem Berliner Malerkreis zugehörig, ist das trefflich komponierte Bildchen von
Constantin Cretius „Italienisches Winzerfest“ (No. 10). — Der „Strand“ von Gregor von Bochmann
(No. 4) ist von einer so feinen malerischen Kultur und von so erlesener Qualität, wie sie auch bei Bochmann
nicht zur Alltäglichkeit gehört. — Der Wilhelm Schreuer von 1904 „Predigt in der Kirche von Werden“
(No. 59), eine warm beleuchtete Farbensymphonie mit treffsicher gesetzten Akzenten in ungemein leben-
diger Komposition, kann, aus der besten Zeit dieses urwüchsigen Malergenies stammend, unbedingt zu
seinen glücklichsten Arbeiten gezählt werden. —■ Ein älteres Bild von Arthur Kampf ist das Restaurant-
Interieur (No. 34), eine sehr delikat gemalte Impression Düsseldorfer Bürger-Milieus der achtziger Jahre
(datiert 1886).
Auch ein Andreas Achenbach ist in Simsons Sammlung, ein Seebiid kleineren Ausmaßes (No. 1), freilich
kein Bravourstück, aber ein Werkchen, das die ganze zauberhafte Wassermalerei Achenbachs überzeugend
offenbart. —- Wenn man von Christian Kröner redet, so denkt man an dramatisch gestellte Hochwildbilder.
Nun, hier ist ein Kröner (No. 35), der nur Landschaft sein will, eine duftig zarte Sommerstimmung in licht
stehendem Jungwald, bildmäßig so vollkommen, daß man Krönersche Hirsche und Rehe gar nicht vermißt.
— Das Kanalbild von Andreas Dirks (No. 14) gehört mit zu den eindrucksamsten Arbeiten dieses Malers,
in seiner Farbenskala geschmackvoll gedämpfter Übergänge und in seiner trefflich geschlossenen Bild-
wirkung. — Ein „Strand“ von Eugen Dücker (No. 15) ergötzt das Auge durch seine harmonisch ausge-
glichene Farbigkeit.
Carl Jutz senior war ein Hühner- und Entenmaler, der in seinen Bravourstücken das Landschaftliche
als Kulisse behandelt. Daß er in seinen intimeren, nicht für die landläufigen Jufz-Räufer bestimmten Bildern