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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Verkaufskatalog der Kunstsammlung Joh. Vahldiek - Eutin: Antiquitäten, Gemälde alter und neuer Meister, Kupferstiche ; [die Versteigerung findet statt am Montag, dem 30. Oktober 1916] — [Berlin], Nr. 1763a.[1916]

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https://doi.org/10.11588/diglit.16627#0009
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Dramatik bietet. Bokelmann's Einfluß ist wohl noch in den koloristisch bedeu-
tenden Innenraumsbildern (No. 111 und No. 121), in den „Apfelpflückern"
(No. 97) und anderen figürlichen Sachen (No. 94, 96, 106—107a, 116, 122,
144, 147, 148, 150, 152) zu spüren. Schon 1865 hatte Vahldiek den Reiz der
Freilichtmalerei für sich entdeckt (No. 95). No. 173, ein schlichter Naturaus-
schnitt, trägt das bemerkenswert frühe Datum 1878. Die große Mehrzahl
seiner kleinen Gemälde, die durch ihre Naturnähe manchen überraschen dürften,
wird nicht viel später entstanden sein. Diese Holsteinischen Herbst- und
Sommerlandschaften konnte nur Einer malen, der dem schönen Ländchen
— auch unter den Antiquitäten weisen etliche Provenienzen auf Holstein:
No. 12, 15, 16, 35 — kein Fremder war. Es ist Heimatkunst aus einer Zeit,
die den Begriff kaum kannte.

Merkwürdig mag es erscheinen, daß Vahldiek im Holsteinischen Kunst-
leben seiner Zeit keine Rolle gespielt hat. (Die Erklärung hierfür liegt darin,
daß er ein reicher Sonderling war; er hat nur einmal in seinem Leben ein
von ihm stammendes Bild verkauft.) Noch eigenartiger aber ist die Ironie
des Schicksals, die den Maler sich selbst vergessen ließ, so sehr, daß alle
die gezeigten Bilder — die nichtausgestellten Arbeiten des Alters sind von
anderer Art — in seinem Atelier buchstäblich erst ausgegraben werden mußten.
Einige Worte von der Bedeutung der Unbekannten für ein freies und nicht
passives Mäcenatentum, die Klopstock in der denkwürdigen Vorrede zu seinem
gerade heute wieder das nationale Interesse heischenden Bardiet von „Hermanns
Schlacht" (No. 1 unseres Katalogs) ausgesprochen hat, möchten fast in dem
vorliegenden Falle Anwendung finden.

Eutin wurde Vahldieks zweite Heimat. Hier baute er sich zwischen hohen
Eichen, deren Wuchs im Reiche seinesgleichen sucht, die Werkstatt. Hier
widmete er sich der Rosenzucht und der Obstkultur. Und diesen mit Fach-
wissen bepackten Steckenpferden entspricht es, daß das Lieblingsstück seiner
Sammlung, das er erst in letzter Zeit unter Dreingabe vieler wertvoller alter
Bilder erworben hatte, die Ceres mit dem Früchtekranz werden mußte (No. 66),
eine von Max Rooses als eigenhändig anerkannte zweite Redaktion des
berühmten Petersburger Rubens.

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