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Lessing, Gotthold Ephraim
Hamburgische Dramaturgie (Band 2) — [Bern], 1786

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https://doi.org/10.11588/diglit.49896#0079
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gehört ihm; und wem sie gehört, der hat sie unstreitig
auch brauchen wollen.
Doch nichts scheinet den Esser unwidersprechlicher zu
verdammen/ als was nun erfolgt. Cosme hat, bey an-
brechendem Tage / mir dem bewußten Briefe nach Schott-
land abgehen wollen/ und rst angeyalten worden. Se.'.ne
Reise sieht einer Flucht fehr ähnlich , und eine solche
Flucht laßt verinuthen/ daß er an dem Verbrechen seines
Herrn Antheil könne gehabt haben. Er wird also vor den
Kanzler gebracht, und die Königin befiehlt / rhn in ihrer
Gegenwart zu verhören. Den Ton / in welchem sich Cosme
rechtfertiget, kann man leicht errathen. Er weiß von
nichts; und als er sagen soll / wo er hingewollt, laßt er sich
um die Wahrheit nicht lange nöthigen. Er zeigt den
Brief/ den ihm sein Graf, an einen andern Grafen nach
Schottland zu überbringen befohlen: und inan wech, was
dieser Brief enthält. Er wird gelesen, und Cosnre erstaunt
nicht wenig, als er hört, wohin cs damit abgesehen gewe-
sen. Aber noch mehr erstaunt er über den Schluß dessel-
ben / worinn der Ueberbringer em Vertrauter heißt, durch
den Roberro seine Antwort sicher bestellen könne. "Was
höre ich? ruft Cosme. Ich ein Vertrauter ? Bey diesem
und jenem l ich bin kein Vertrauter; ich bin niemals
einer gewesen, und ich will auch in meinem Leben keiner
seyn.-Habe ich wohl das Ansehen zu einem Vertrau-
ten ? Ich möchte doch wissen, was mein Herr an mir ge-
funden hatte, um mich dafür zu nehmen. Ich, ein Ver-
trauter, ich, dem das geringste Geheimniß zur Last wird?
Ich weiß, zum Lxempel, daß Bianca und mein Herrein-
ander lieben , und daß sie heimlich mit einander verheyrw-
thet sind: es hat mir schon lange das Herz abdrücken wol-
len; und nun will ich es nur sagen, damit sie hübsch se-
hen , meine Herrenwas für ein Vertrauter ich bin.
 
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