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Man hat Eggenfelden in Niederbayern ohne
tieferen Grund als seine Heimat und den
ersten Ort seiner Tätigkeit annehmen wollen.11
Viel mehr darf jedoch Landshut als sein wahr-
scheinlicher Geburtsort oder doch wenigstens
Aufenthaltsort seiner Familie angesehen wer-
den. Der Name Leinberger oder Lemberger
kommt im Landshut des 15. und 16. Jahr-
hunderts öfters vor. So wird 1438-1441 ein
herzoglicher Kastner Albrecht Lenberger in
Landshut bezeugt.12 Im Steuerbuch der Stadt
Landshut kommt 1549 ein ohne Beruf an-
geführter Matheus Leinberger, der im „Kra-
mergäßl“ (neben der St.Martinskirche) wohnte,
vor,13 ebenso die Kinder des Wolf Lenberger als
Hausbesitzer, die auch am 31. Mai 1554 als
Erben des Wolfgang Lenberger auf geführt
werden.14 Dieser Wolfgang Lenberger, dessen
Beruf leider nicht genannt wird, hatte am
St. Martinstag (11. November) 1520 das Bür-
gerrecht in Landshut erworben.15 „Dem Len-
berger“ (ohne Vornamen) wird im Jahre 1540
ein Scheffel Korn auf Befehl Herzog Lud-
wigs X. für eine ungenannte Dienstleistung an-
gewiesen.16 Diese genannten Persönlichkeiten
können Verwandte des Künstlers sein. Ma-
theus und Wolfgang kämen etwa als Brüder
in Betracht. Zu einer ziemlichen Sicherheit
steigert sich erst das Verwandtschaftsverhält-
nis bei Georg Lemberger, dem Maler und Gra-
phiker, auf den schon Habich hingewiesen hat.17
Über ihn hat Ludwig Grote weitgehende Auf-
klärung gebracht.18 Danach war er vor 1500
und zwar zu Landshut geboren; ihm wird
zweimal urkundlich seine Abkunft „ex Lants-
huth“ bezeugt, bei der Bürgerrechtserwerbung
in Leipzig 1523 und noch einmal später im
Jahre 1537. Um 1517 wird er als Maler in
Naumburg faßbar, zur selben Zeit, als Bischof
Philipp von Freising, ein Pfalzgraf bei Rhein,
Administrator von Naumburg wird. Deshalb

ist es wohl nicht zu kühn anzunehmen, daß
der Bischof ihn von Landshut nach Naum-
burg berufen hat. 1520 siedelte er nach Leipzig
über, wo er 1523 Bürger wurde. Er schloß sich
der neuen Lehre an, heiratete, wurde aber bald
darauf mehrfach belangt, weil er seine Frau
mißhandelte. Er führte ein ungeregeltes Le-
ben, machte Schulden und starb nach 1539
vermutlich in Magdeburg. Als Maler und Gra-
phiker steht er unter dem Einfluß Grünewalds,
Altdorfers, Hubers und ist von Mantegna-
stichen beeindruckt. Sein Epitaph für den
bischöflichen Kanzler Dr. Heinrich Schmid-
burg J19 1520 hat auffallende Beziehungen
zu Altdorfer, weist aber, ebenso wie einige
seiner Holzschnitte und Buchillustrationen
vor allem auf stärkste Beeindruckung durch
die plastische Figurenwelt Hans Leinbergers
hin. Aus all diesen Kriterien darf man
wohl den Schluß ziehen, daß Georg Lem-
berger im engsten Verhältnis zu Hans Lein-
berger und seiner künstlerischenUmwelt stand.
Ich persönlich neige, ohne es bis zum letzten
beweisen zu können, der Ansicht zu, daß Georg
Lemberger ein jüngerer Bruder von Hans war,
etwa um 1490 geboren war und bei Hans
Leinberger und wohl Albrecht Altdorfer seine
Ausbildung resp. seine künstlerische Richtung
erhielt. Wenn aber Georg Lemberger, wie es
urkundlich beglaubigt ist, aus Landshut
stammte, so besitzen wir ein indirektes Kri-
terium dafür, daß auch Hans Leinberger einer
eingesessenen Landshuter Familie entsprossen
sein dürfte. Außer den oben angeführten Na-
mensträgern in Landshut ist einige Zeit nach
dem Tode von Hans nach Angaben von Sig-
hart, die wir nicht nachprüfen können, noch
im Jahre 1591 ein späterer Hans Leinberger
(ein Enkel ?) als Bildschnitzer tätig, von dem
Sighart bei Professor Sepp in München eine
große Gruppe „Allerheiligen“ gesehen haben

11 Habich, a. a. O. — Nach ihm Feulner, Moosburger Altar, S. 3, Sp. 2.
12 A. Schmid, a. a. O., S. 712.
13 Schmid i. Landshuter Zeitung. — Felix Mader, Kunstdenkmäler Bayerns, Stadt Landshut, S. 306, Anm.
14 Schmidt, Bayerland, a. a. O., S. 712.
15 Stadtarchiv Landshut, Bürgerrechtsbuch. — Vgl. a. Knöpfler, a. a. O.
16 Schmid, Landshuter Zeitung, a. a. O.
17 Habich, S. 117, Anm. 2 u. 134. - Vgl. a. Buchheit-Lill, S. 15 f.
18 Ludwig Grote, Georg Lemberger, Leipzig 1933.
19 Vgl. Grote, a. a. O., S. 42 f. — Buchner, Altdorferkatalog, Nr. 581.

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