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Deutschland <Deutsches Reich> / Reichs-Limeskommission [Hrsg.]
Limesblatt: Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission — 7.1898-1902

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Nr. 32 (25. Juli 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8938#0040
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— 887 —

Dass Commodus auf dieser Inschrift
•von 181 noch der Vorname Lucius gege-
ben ist, den er bereits gegen Ende des
vorigen Jahres mit Marcus vertauscht
hatte, beruht auf Unkenntnis der Verfas-
sers, ebenso wie die Beilegung der Bei-
namen Armeniacus und Parthicus, die dem
Marcus und dem Lucius Verus zukamen,
nicht aber Commodus. Auch die Inschrift des
Regensburger Lagers (Corp. III n. 119G5)
Tom J. 179/180 enthält Fehler des Con-
eipienten, wie Mommsen nachgewiesen hat.
Da in unserer Inschrift die Worte 'impe-
rator', 'Caesar' und 'pater' nicht ausge-
schrieben sind, so ist nicht unmittelbar
ersichtlich, ob für die Namen und Titel
des Kaisers der Ablativ oder der Dativ
anzunehmen ist. Ich habe in der Um-
schrift den Ablativ gesetzt, der korrekt
ist und auch sonst bei solcher Zusammen-
stellung des Kaisers und Statthalters vor-
kommt (vgl. meine Nachweise Westd.
Zeitschr. III S. 253). Nicht undenkbar
wäre aber, dass der Concipient den Dativ
gemeint hat; aber im Folgenden wäre dann
besser siib Ccriale gesetzt worden. —
Irregulär ist auch die Schreibung Luc.
statt L. oder Lucio. — Die tribunicia
potestas VI geht vom 10. Dezember 180
bis zum 9. Dez. 181, das Consulat ist das
des J. 181; die Inschrift gehört also in
die Zeit vom 1. Januar bis 9. Dezember
181. Der Statthalter ßaetiens „Spicius"
Cerialis ist sonst unbekannt; Spicio steht
deutlich auf dem Steine, aber es ist nicht
unmöglich, dass der Name SuJp>icius lau-
tete und die vom Steinmetzen vergessenen
Buchstaben ul vielleicht von dem Miniator
nachgetragen worden waren. Die oben er-
wähnte Inschrift des I'egensburger Lagers
nennt den M. llelvius Clemens Dextrianus
als Statthalter; danach muss Cerialis von
Commodus bald nach des Marcus Tode
an dessen Stelle gesetzt worden sein. Nach
Winkelmanns Entdeckung ist auf der Bau-
inschrift des Kastells von Pfünz (Corp. III
li. 11933) höchst wahrscheinlich derselbe
Cerialis genannt, wie sich auch mir nach
Besichtigung des Steines mit Winkelmann
ergeben hat. In der 6. Zeile sind vor
ALE noch die drei Hasten erhalten, die
zu den Buchstaben E1U passen, vor diesen

bis zum Bruche ist noch Platz für einen
Buchstaben, der aber ganz zerstört ist.
Diese Inschrift gehört nach dem „cos. 1111"
in die Zeit von 183—185. — Das Böh-
minger Kastell hat zwei Thore, die je von
zwei Türmen flankiert werden. Es liegt
gewiss am nächsten eben auf diese Bauten
die Worte der Inschrift „porlas cum turri-
bus quattuor" zu beziehen. Da das Kastell
noch mehr Türme besitzt, so lässt sich ver-
muten, dass die übrigen erst später zur
Verstärkung aufgeführt worden sind oder
aber noch eine andere Bauinschrift ange-
bracht war, die diese Türme betraf. Mit
„vallum" kann meines Erachtens nicht der
innerhalb der Mauer für den Wehrgang
angeschüttete Erdwall, sondern nur die Um-
fassung des Kastelles, sei es ein Erdwall
oder, wie in diesem Falle, eine Stein-
mauer gemeint sein. Ob die von Winkel-
mann bei seinen sorgfältigen Ausgrabungen
unter der Mauer und den Türmen festge-
stellten Erscheinungen dazu nötigen, diese
Identifizierung aufzugeben, entzieht sich
vorläufig, ehe die Publikation im Limes-
werk vorliegt, der Beurteilung, und ich
muss mich hier darauf beschränken, auf
Ilettners Bemerkungen in seinem Berichte
im Archäol. Anzeiger 1899 S. 89, sowie auf
die mir soeben zugehende Veröffentlichung
von Winkelmann (im 'Sammelblatt des
Historischen Vereins Eichstätt' 13 S. 104
—106, nebst einem Plane des Kastells) zu
verweisen. Jedenfalls bietet diese erste aus-
führliche Bauinschrift eines Limeskastells,
die wir gefunden haben, einen neuen Be-
weis dafür, dass unter Commodus wie in
Obergermanien (z. B. in Osterburken) so
auch Kaetien für den Grenzschutz Bedeu-
tendes geleistet worden ist. Auch verdient
wohl gelegentlich der Entdeckung dieses
Kastells, die Winkelmann verdankt wird,
daran erinnert zu werden, wie weit es ge-
lungen ist, unsere Kenntnis des raetischen
Limes zu fördern. Noch vor etwa zehn Jahren
bezweifelte man überhaupt, dass längs der
raetischen Mauer in solcher Nähe, wie
an dem (.(bergermanischen Grenzwalle,
Kastelle angelegt gewesen wären. Jetzt
kennen wir bereits eine stattliche Keihe
solcher Anlagen. Zangemeister.

Limesblatt.

Verantwortliche Redakteure F. Uettuer und 0. von Sarwey.
 
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