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Lippmann, Friedrich [Hrsg.]; Cranach, Lucas [Ill.]
Lucas Cranach: Sammlung von Nachbildungen seiner vorzüglichsten Holzschnitte und seiner Stiche — Berlin, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.21950#0096
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er in Gemeinschaft mit dem Wittenberger Bürger Ghristian
Döring ein Bnchdruckerprivilegium (die nur in einer Abschrift
erhaltene Arkunde ist ohne Datum), und schon 1ZO6 soll er
mit einem gewifsen Döring, der den Beinamen Goldschmied
führt, eine Druckerei eingerichtet haben. In dem erwähnten
Privilegium wird eine lateinische Bibel besonders erwähnt,
die Granach und Döring in sächsischen Landen m verkaufen
das ausschliesiliche Becht haben sollen, doch kennen wir keinen
Bibeldruck, der ihren Namen trüge. Die Bibelausgabe wird
also wohl nicht M stande gekommen sein. Granach hat
vielleicht eine Presse besessen, um seine Holsschnitte selbst ?u
drucken. Als er nach Wittenberg kam, war eine ständige
Druckerei dort wahrscheinlich gar nicht vorhanden. Linige
Druckwerke tragen ?war das Datum 1ZOZ und die Schlusi-
schrift „IrnpresLvra ^.IbiburZi" (Wittenberg), sie mögen aber
von einem der vielen damals herumsiehenden Gypographen
gedruckt sein. Ltändige Buchdruckereien lassen sich in Witten-
berg erst seit 1ZO9 nachweisen, wo Iohann Gruneberg als
Drucker HLer erscheint, dem weiterhin 1ZI9 Melchior Lotter,
dann Georg Bhaw und andere folgen. Grst mit dem Auf-
treten Luthers und durch die reformatorische Bewegung gewinnt
die Wittenberger Buchdruckerei Bedeutung. Gine gewöhnliche
kleine Gffisin hätte kaum Holsstöcke mit solcher Neinheit, Lchärfe
und Vollkommenheit ?u drucken vermocht, wie dies bei den
guten alten Absstgen der Holsschnitte Granachs schon aus den
Iahren 15 04 und 15O6 der F^all ist. Häufig trugen die Hol)-
schnitte eine längere in Gypendruck beigesetzte Lrläuterung Ln
Prosa oder in Beimen. Auf den erhaltenen Lxemplaren sind
diese Beischriften indes gewöhnlich nicht mehr vorhanden. Diese
guten, scharfen Drucke, die alle Linien des Holsschnittes völlig
rein, wie eine klare Feder?eichnung ^eigen, vielleicht schon ur-
sprünglich nur in geringer Iahl hergestellt, gehören heute )u
den Äeltenheiten. Ium Geil mag dies auch daher rühren, daß
Granachs Blätter früher nicht in gleichem A)ert gehalten und
daher nicht so bewahrt worden sind, als B. die Dürers.
I,eine der öffentlichen und unseres Wissens auch keine Privat-
sammlung hat eine vollständige Beihe der Holsschnitte und
Stiche Granachs in guten Lxemplaren auftuweisen, hingegen
sind die schlechten Abdrücke verhältnismäsiig häusig. Die alten
Stöcke und platten sind offenbar noch in später Ieit, vielleicht
lange nach Granachs Tod, immer wieder von neuem, aber siem-
lich sorglos abgedruckt worden.

Anser vielunternehmender Aünstler errichtet ferner, eben-
falls mit kurfürstlichem Privilegium, 152O eine Apotheke in
Wittenberg, die er durch »seinen Rmecht«, einen Bediensteten,
verwalten läsit. Bon 1559 bis nach 155O schwebt ein lang-
wieriger Pro^esi wegen waren, die zener A.necht angeblich für
die Apotheke be^ogen hatte, was Granach leugnete und dem-
gemäsi nicht be^ahlen wollte. wiederholt beschwert Granach
sich beim wittenberger Bat und beim V.urfürsten über Beein-
trächtigungen seines Apothekerprivilegs, die Lhm dadurch zuge-
fügt seien, dasi Leute in N)ittenberg B)aren verkaufen, deren
Vertrieb allein der Apotheke vorbehalten sei u. dergl. mehr.

in Wittenberg stand Granach in
?um ^weiten Mal 154O wird er
bis er dieses Amt 1544 wegen
Die drei Aurfürsten, die wäh-
ierten, Friedrich der A)eise (41525),
Veständige, der schon 1552 starb,
ren seine wohlwollenden Gönner,
ohann ^riedrich warme persönliche
'tler gehegt zu haben.

Als Granach 15O4 nach Wittenberg kam, war er schon
verheiratet mit Barbara Brengbier, der Gochter eines Gothaer
Bürgers. Seiner Lhe entsprossen vier Töchter und zwei Söhne,
Iohann Lucas, angeblich geboren 15O5, und Lucas, geboren
1515. Beide Söhne erhielten eine künstlerische Ausbildung,
der züngere wird Gehilfe seines Vaters und später ein selb-
ständiger, die Gradition der Fnmilie fortsetzender Maler. Io-
hann Lucas scheint ^ur gelehrten Laufbahn bestimmt gewesen
zu sein, ist aber daneben auch ein Stück Imnstler oder wenig-
stens Dilettant. Dieser älteste Sohn starb plötzlich auf einer
Reise in Italien, wahrscheinlich in Bologna am 9. Gktober
1556. Den betrübten Lltern spendet Luther bei einem Be-
such, den er ihnen am 1. Dezember 1556 macht, Grost und
Iuspruch und der Professor der lateinischen Sprache zu Witten-
berg Iohann Stiegel feiert in einem langathmigen lateinischen
Gedicht die Eigenschaften, und Ln überschwenglicher Weise
die künstlerische Bedeutung des Verstorbenen. Lin Skizzen-
buch von der Hand Iohann Lucas Granachs, das sich noch
im ursprünglichen (Zustand in grünem Pergament gebunden
mit dem alten Lilberstift daran erhalten hat, und das das
V.estner-Museum in Hannover bewahrt, giebt uns eine Vor-
stellung von seinen Leistungen. Das dünne Illeinquarto -Heft
enthält ein buntes Allerlei, etwas unsicher gezeichnete kleine
Landschaftski))en, Ansichten Giroler Berge und Schlösser, An-
gaben von Megdistanzen, namentlich aus Süddeutschland und
Girol, Innenansichten von Airchen, ein Gurnierspiel u. a., und
ist offenbar ein (Zeichenbuch, das Iohann Lucas auf seiner
R.eise nach Italien mit sich führte. Auf dem ersten Blatt findet
sich ein Wappenschild mit der gesiügelten Schlange, dem (Zeichen
und Wappen Granachs, dabei der Name Hanns Granach, dies
indes eine spätere Iuthat. Dasi wir aber hier wirklich Zeich-
nungen Iohann Granachs vor uns haben, beweist das Blatt,
das wir hier nachbilden, das seinen vollen Namen trägt und
ihn wahrscheinlich selbst beim weinglas sitzend darstellt. Die
übrige Beischrift mag wohl irgend eine uns nicht mehr recht
verständliche scherchafte Anspielung enthalten. Gben liest man:
»Hans maller von Granach«, auf dem Ärmel des an einem
Tisch sihenden Mannes steht »nar« (Narr), unten: »det liegen
Abbs (Affen) we als steindragers wur oft maniger maler sein
mauel ^uehaben«. Auf einem anderen Blatt sehen wir in
siüchtiger Ieichnung die N)ahr?eichen von Bologna, die beiden
schiefen Türme, den Garisenda und Asinelli. Line fremde, späte
Hand hat dann noch eine An^ahl Trachtenbilder, männliche
und weibliche Figuren auf die bis dahin leer gebliebenen Blätter
hinzugefügt. N)enn wir Iohann Granachs Runst aus diesen
Ski^en beurteilen dürfen, war er nicht mehr als ein mittel-
mäsiiger Dilettant, keineswegs aber der angehende Meister,
als welchen ihn Stiegel lobpreift.

Hast nichts erfahren wir von dem N)esen und Gharakter
von Granachs Srau Barbara. Sie starb Mölf Iahre vor
ihm, 1541. Auch zur Lrkenntnis der intimeren Seiten seiner
eigenen Persönlichkeit Granachs fehlen uns die Behelfe. Lr hat
keine Auszeichnungen oder schriftliche Äußerungen. wie Dürer, wir
wissen nur, daß Granach von tiefer religiöser Lmpfindung erfüllt
und der treueste Anhänger der Reformation von Lhrem ersten Be-
ginn an war. Mit Luther verbinden ihn die Bande wärmster
Freundschaft, deren hervorragendstes Ieugnis der bekannte Brief
ist, den der Reformator von der Wartburg aus unter dem
Datum Sonntag nach Gantate (28. April) 1521 an Granach
richtet, Ln welchem er die Norgänge in N)orms kurz er^ählt
und seine ungebeugte Hoffnung auf die Iukunft ausdrückt.
Granach ist )Zeuge bei der Berlobung Luthers und bei der
 
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