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Luschka, Hubert von
Die Lage der Bauch-Organe des Menschen — Tübingen, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.14570#0010
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I. Die Lage der Eingeweide des Bauches im Allgemeinen.

Der Begriff von dem, was man Bauch oder Unterleib zu nennen sieh normalmässig innig theils aneinander, theils an die Innenseite seiner
pflegt, ist insofern schwankend, als man bald dem gewöhnlichen Sprach- Wandung an. Namentlich sind die in das Peritonealcavum tiefer her-
gebrauche folgt, bald durch gewisse vom Skelete vorgezeichnete Ab- einragenden Organe so dicht aneinander gepresst, dass ihre serösen
grenzungen, oder auch durch die innere Einrichtung sich leiten lässt. Flächen sich unmittelbar berühren, nirgends grössere Zwischenräume ob-
Dem Wortlaute nach ist man gewöhnt, als Bauch die weiche, mehr walten und jenes Cavum auf eine spaltenartige Enge reduzirt ist. Diese
oder weniger „vortretende Wölbung" der vorderen Rumpfwand anzu- Verhältnisse beruhen aber wesentlich auf dem sog. Horror vacui, d. h.
sehen, während eine auf die Aussenseite des Körpers sich beschränkende darauf, dass unter dem Drucke der Atmosphäre das luftleere Peritoneal-
Topographie darunter diejenige Provinz desselben versteht, welche durch cavum durch die andrängenden Eingeweide, welche dem auf die Bauch-
die einander zugekehrten Ränder des Brustkorbes und Beckens um- wand wirkenden Drucke das Gleichgewicht zu halten streben, in eine
schrieben wird. enge nur ein Minimum seröser Feuchtigkeit enthaltende Spalte verwandelt

Die nicht sowohl für den Bau der Wandung des Bauches, als viel- wird. Diese Anordnung hört durch den mit der Oeffnung der Bauchhöhle
mehr für den Situs viscerum abdominalium maassgebende Bestimmung stattfindenden Eintritt der Luft plötzlich auf, wobei an der Leiche in
dehnt den Begriff von Bauch viel weiter aus, indem sie sowohl vom gleicher Art, wie beim lebenden Menschen eine Tympanitis peritonei er-
morphologischen, als auch vom praktisch-ärztlichen Gesichtspunkte aus zeugt wird. Dies hat Veränderungen zur Folge, welche sowohl die
das Verbreitungsgebiet des Peritoneum für entscheidend hält. Nach Lagerung als auch die Form der in der Bauchhöhle enthaltenen Organe
dieser, dem inneren Wesen des Bauches am meisten entsprechenden betreffen können. Es weichen die einander entsprechenden serösen
Auffassung erscheint es als characteristische Eigenthümlichkeit desselben, Flächen auseinander, so dass weite Spalten entstehen, die Organe den
dass er mit einer grossen, vom parietalen Bauchfelle umschlossenen Höhle Aenderungen der Stellung des Cadavers folgen und nur noch durch ihre
versehen ist, deren Wand eines schützenden Skeletes grösstentheils ent- dehnbaren Bänder gehalten werden. Durch jene auf dem Horror vacui
behrt. Diese Wandung hat sehr überwiegend eine Muskulatur zur Grund- beruhende Einrichtung wird aber nicht Mos die Gesetzmässigkeit des
läge, welche einen concentrischen Druck auszuüben im Stande ist. Die gegenseitigen Lagerungsverhältnisses der Eingeweide gesichert, sondern
weichen Substrate der Wandung gestatten nämlich den meist hohlen auch der active Einfluss der Bauchwand auf dieselben in zweckentspre-
Baucheingeweiden nicht allein die für ihre Funktion erforderlichen wech- chender Weise fortgeleitet und vertheilt. Dieser Einfluss kommt nä-
selnden Grade der Ausdehnung, sondern sie vermögen auch hinwiederum mentlich durch die Wirkung der Bauchpresse zur Geltung und macht
an der Austreibung ihres Inhaltes aktiven Antheil zu nehmen. Die vor- sich unter Anderem auch bei der inspiratorischen Exacerbation des Ent-
herrschende Weichheit der Wandung des Bauches befähigt denselben, sich zündungs-Schmerzes der Bauchorgane bemerklich, welche eben dadurch
den verschiedenen Stellungen des Körpers leicht anzupassen, wobei sie zu Stande kommt, dass sich die inspiratorische Locomotion des Zwerch-
jedoch bemerkenswerthe Aenderungen der Form und der Consistenz er- feiles nach abwärts fortpflanzt. Daraus mag man zugleich entnehmen,
leidet. Bei der Streckung des Rumpfes sowohl in aufrechter Position, wie sehr während des Lebens die Dimensionen des Bauchraumes unter
als auch in der horizontalen Rückenlage wird die vordere Bauchwand dem Einflüsse der Muskulatur vorübergehende Aenderungen erfahren
angespannt. Sie wird dagegen möglichst relaxirt, wenn bei der Rücken- können. Diese Factoren hören aber auch im Momente des Tods noch
läge mit mässig erhöhtem und unterstütztem Kopfe die unteren Glieder nicht völlig auf, ihre Wirkung zu entfalten. Nach den von Josef Ha-
im Knie- und Hüftgelenke gebeugt werden. Bei dieser Körperhaltung mernik !) gemachten Erfahrungen verkleinern sich Brustkorb und Unter-
ist die Bauchwand für gewöhnlich so weich und compressibel, dass intra- leib noch einige Stunden nach erfolgtem Tode continuirlich, so dass in
abdominale Geschwülste jetzt am besten auf ihren Sitz, ihr Volumen und demselben Maasse der Stand des Diaphragma höher wird,
ihre Consistenz geprüft und Hernien reponirt werden können. Mitunter Insofern sich das Cavum abdominis nach oben in den Brustkorb,
wird aber auch selbst in dieser Stellung eine genaue Untersuchung da- nach unten in das Becken fortsetzt, hat man an dem Bauche, wenn für
durch vereitelt, dass jede Berührung des Unterleibes, besonders wenn den weiteren Begriff desselben das Peritoneum entscheidend sein soll, einen
dieselbe schmerzhaft ist, Contractionen der Bauchmuskeln hervorruft. ihm eigenthümlichen Bezirk und zwei Provinzen zu unterscheiden, welche

Die in dem Räume des Bauches enthaltenen Eingeweide schmiegen ihm und jenen Abtheilungen des Körpers gemeinschaftlich sind.

A. Die Eegio abdominalis propria.

Der eigenthümliche Bezirk des Bauches ist äusserlich von seiner Schenkel natürlich abgegrenzt. Obwohl bei der Rundung der Leibesform

Nachbarschaft und zwar nach oben durch den Rand der unteren Apertur die verschiedenen Seiten dieser grossen Körperprovinz unmerklich in

des Brustkorbes, nach abwärts durch die Kämme des Darmbeines von einander übergehen, pflegt man sie doch als. ebenso viele Wände des

dem Becken, durch die Leistenfurchen vom vorderen Umfange der Ober- Bauches im engeren Sinne aufzuführen.

a. Die vordere Gegend des eigentlichen Bauches.

Dieselbe ist nach oben durch den Ausschnitt des Brustkorbes, nach eben noch sichtbaren Punkte des Rippenbogens gezogen denkt. Durch

unten durch jenen des Beckens gleichsam eingerahmt, während nach zwei transversale Linien, welche die Enden jener vertiealen verbinden,

beiden Seiten hin keine natürliche Abgrenzung obwaltet. Sie muss hier wird die vordere Bauchwand in drei übereinander liegende Provinzen

künstlich durch eine Linie ausgedrückt werden, welche man sich jeder- abgetheilt, welche man als Epigastrium, als Regio umbilicalis und als

seits vom oberen Darmbeinstaehel zum untersten, in der Frontal-Ansicht Hypogastrium zu bezeichnen pflegt.

1) Das Herz und seine Bewegung. Prag 1858.
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