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Luschka, Hubert von
Die Lage der Bauch-Organe des Menschen — Tübingen, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.14570#0040
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seiner Vergrößerung kann es jedoch bei nicht zu dicker Bauchwand
gelingen, das Organ unterhalb des Rippenbogens etwa in der ver-
längerten Linea parasternalis einigermaassen tastbar zu machen, jeden-
falls durch Eindrücken des Bauches auf den Grad seiner Schmerzhaftig-
keit zu prüfen.

Zum Bauchfelle verhalten sich die beiden Nieren nur insofern
gleich, als eine zu einer fibrösen Lamelle verdichtete Fortsetzung des
subperitonealen Bindegewebes sich hinter dieselben erstreckt und so
nach rückwärts das die Capsula adiposa bildende Fettlager abschliesst').
An ihrer vorderen Seite wird nur die rechte Niere, deren obere
Hälfte in eine Vertiefung des rechten Lappens der Leber eingefügt ist,

b. Die

Am Hilus der Niere beginnen die den Harn nach abwärts leiten-
den Wege bekanntlich mit eben so vielen kurzen Schläuchen — calyces
minores —, als Papillae renales vorhanden sind, welche von ihnen
umfasst werden. Sie fliessen zu zwei dickeren, längeren Röhren —
den calyces majores — zusammen, welche ihrerseits in das Nierenbecken
übergehen, das nach abwärts ohne Grenze in den im engeren Sinne
sog. Harnleiter — ureter — sich fortsetzt.

Die Ureteren besitzen beim erwachsenen Menschen im ausge-
streckten Zustande durchschnittlich eine Länge von 27 Centimeter. Ihre
Dicke verhält sich nicht durchgreifend gleich, sie sind vielmehr ohne
Ausnahme stellenweise spindelförmig ausgedehnt, so dass die durch-
schnittliche Dicke von 6 Mm., ohne pathologisch zu sein, im Maximum
auf das doppelte Maass ansteigen kann. Die beiden Harnleiter haben
bis zur oberen Beckenapertur einen nach abwärts convergirenden, da-
bei aber mehrfach gekrümmten Verlauf, indem sie sich verschiedenen
Unebenheiten anschmiegen, die ihnen zur Unterlage dienen. Ihre Lage
haben sie im retroperitonealen Zellstoffe, wo sie vom äusseren zum
inneren Rande des Psoas major über diesen Muskel herabsteigen und
sich mit den über ihnen lateralwärts verlaufenden Vasa spermatiea
interna kreuzen. Nach dem Eintritte der Ureteren in die Höhle des
kleinen Beckens, wobei sie den Anfang der Arteria iliaca externa über-
schreiten, folgen dieselben zunächst den Seitenwänden jener Höhle, so
dass Sie also unter Beschreibung einer nach aussen convexen Bogen-
linie zuerst divergiren, um schliesslich sich einander wieder zu nähern
und an den Blasenmündungen nur noch einen Abstand von höchstens
3,5 Ctm. darzubieten. Die Pars pelvina der Harnleiter rauss übrigens
nach dem Geschlechte wesentlich verschiedene räumliche Beziehungen
erfahren, weshalb gesondert betrachtet werden müssen:

«. Der Beckentheil der männlichen Harnleiter. —
Während der Ureter des Mannes noch mit der seitlichen Beckenwand
in Berührung steht, kreuzt er sich mit dem nach aussen von ihm em-
porsteigenden Lig. vesicae laterale, um jetzt gegen den Blasengrund
in die Tiefe zu dringen. Da wo der männliche Harnleiter beginnt die
Wand der Blase zu durchsetzen, erfährt er eine Kreuzung mit dem
Vas deferens, welches sich um seinen oberen Umfang herumbiegt und
so gewissermaassen auf ihm reitet.

ß. Der Beckentheil der weiblichen Harnleiter a). - Die

c. Die

Die Lage der Harnblase ist nicht geringen, vom Grade ihrer Aus-
dehnung abhängigen Schwankungen unterworfen. Im leeren, in sich
selbst zusammengezogenen Zustande, wobei die Wand der Blase eine
Dicke von 12 Min. darbietet, erscheint sie an die Innenfläche der vor-

1) Vgl. H. Luschka, Die Anatomie des menschlichen Bauches. Tübingen 1863. S. 291.

2) Vgl. H. Luschka, Topographie der Harnleiter des Weibes. Archiv für Gynäkologie
Bd. III. Heft 3.

vom Bauchfelle fast in ihrer ganzen Länge unmittelbar überzogen,
während dies an der linken Niere höchstens nur an der unteren Hälfte
geschieht, indem die obere Abtheilung vom Ende des Pankreas be-
deckt ist. An beiden Nieren aber haftet das Peritoneum so lose, dass
es mit Leichtigkeit von der vorderen Fläche dieser Organe abgestreift
werden kann. Daraus begreift man die Möglichkeit einer extraperi-
tonealen Nephrotomie, während nach den Erfahrungen von Simon
beim Hunde die Niere fast in ihrem ganzen Umfange vom Peritoneum
umhüllt ist, weshalb denn auch bei diesem Geschöpfe die Exstirpation
seiner Niere nicht ohne gleichzeitige Wegnahme des ganzen Bauchfell-
überzuges derselben ausgeführt werden kann.

Harnleiter.

Topographie der weiblichen Ureteren gewinnt dadurch ein viel grösseres
praktisches Interesse, als die der männlichen, dass sie bei Anomalieen
des Uterus und der Scheide in Mitleidenschaft gezogen werden, nament-
lich zur Entstehung von Harnleiter- Scheiden- und Gebärmutterfisteln
Veranlassung geben, ausserdem bei Retroflexionen des Uterus eine
Knickung erfahren können. Durch eine den gynäkologischen Bedürf-
nissen entgegenkommende Arbeit haben A.Freund und L. Joseph3)
die Topographie der weiblichen Ureteren in mehrfacher Hinsicht ge-
fördert, indem von ihnen nicht blos alt hergebrachte Irrthümer zurück-
gewiesen, sondern auch neue Gesichtspunkte aufgedeckt wurden. Die von
mehreren Autoren vorgetragene Ansicht, dass nämlich die Harnleiter
des Weibes in den Plicae Douglasii verlaufen und längs den Seiten des
Rectum herabsteigen, lässt sich unter keinen Umständen bestätigen.
Vielmehr findet man, dass die Ureteren nahe vor der Stelle beginnen
der lateralen Beckenwand zu folgen, wo das vordere Blatt des Lig.
uteri latum anfängt sich von ihr abzuheben, so dass sie also anfangs
unter dem parietalen Bauchfelle des Beckens liegen. Nur allmälig ent-
fernen sie sich von den Seitenwänden des Beckens, um in sehr flach
S-föriniger Krümmung in dem von Bauchfell freien Gebiet des Uterus
und der Scheide medianwärts herabzusteigen. In der Gegend des
inneren Muttermundes ist der Harnleiter, welcher hier durch ein
Venenconvolut hindurchzieht, durchschnittlich l1^ Centimeter von der
Wand des Uterus entfernt, so dass also hier nur durch eine fort-
schreitende Verschwärung der irgend wie infiltrirten Zwischenlagerung
die Communication beider Organe eintreten kann. Aus dem mehr und
mehr nach abwärts convergirenden Verlaufe des Harnleiters wird es
ohne weiteres klar, dass er sich schliesslich mit dem supravaginalen
Theil des Cervix kreuzen und mit ihm, sowie mit der Scheide in nähere,
theilweise durch Venengeflechte bewerkstelligte Berührung kommen muss.
In der Regel ist es ein 3*/2 Ctm. langes Stück des Harnleiters, was
mit der vorderen Wand der Vagina verlöthet ist und schliesslich zwi-
schen diese und den Grund der Blase zu liegen kommt. Nach kurzem,
schrägem Verlaufe durch die Wand des Blasengrundes findet die Aus-
mündung der Ureteren, 2,4 Ctm. nach abwärts vom höchsten Punkte
des Scheidengewölbes in einer gegenseitigen Entfernung statt, welche
bei ausgedehnter Blase 21/» Ctm. beträgt.

Harnblase.

deren Wand des kleinen Beckens grösstenteils gleichsam angepresst,
so dass sie als rundlicher, die obere Apertur desselben nicht über-
schreitender Vorsprung in seine Höhle hereinragt. Wie die leere Blase
die schräg nach rückwärts abfallende Richtung der inneren Fläche des

3) Berliner klinische Wochenschrift 1869. Nr. 47.
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