I.
Bruchstück einer Handschrift von Otfrieds
Evangelium.
^^achstehendes Stück ist uns, nebst mehren Beikrögen
dec Act, aus dem Nachlaß des um die Altdeutsche Li»
terakuc vielfach verdienten sel. K i n ö e cli n g, durch des,
sen Sohn, den Hrn. Prediger Kinderli'ng in Templin,
zugekommen. Es sind einige Pergamentblätter, auf
deren ungemeiner Breite je zwei von öen kurzen Reim«
versen in Einer Zeile stehen. Zwei Zeilen gehören im-
mer zusammen, indem die vordere mik einem großen
gemalten Anfangsbuchslaben vorspringt, und die hin-
tere, ohne öiesen, eingerückt ist. Diese, auch in öer
Wiener und Vatikanischen Handschrift, wie in dem
Wolfenbütteler Bruchstück sichtbare Schreibark drückt
öeutlich öie ursprüngliche Abtheilung deS Gedichtes in
vierzeiligen, sich öurch zwei Reime verschränkenden Stro-
phen auS, welche sonst auch schon aus der fast durch-
gängigen VoUendnng deS SinneS in jeden solchen vier
Versen, und entschieden auS den bekannten, nicht öurch
die Anfangsbuchstaben der Verse, sonöern der Strophen
gebilöeten Zueignungs-Akrostichen hervorgeht. Jn sol-
chen Strophen, zwar mit Theilung der Zeilen durch
den ReimverS, wie bei FlaeiuS und Schilter, ist hier
demnach öer Lext hergestellt. In der Urschrift steht
fost regelmäßig zwischen dcn beiden Versen jeder Zeile,
II. Bandes rs Stück. A