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Raddatz, Klaus; Hundt, Hans-Jürgen; Zedelius, Volker
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 10): Grabfunde der römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit von Kirchweyhe und Osterholz: Kreis Grafschaft Hoya — Hildesheim: Verlag August Lax, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.63214#0040
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Haushalt des germanischen Besitzers gehabt hat und wird sie auch nicht zum Trinkgeschirr zählen
dürfen, da sie wegen ihrer stark gewellten Wandung für diesen Zweck denkbar ungeeignet ist.
4.3.09 „Flasche“
Die Reihe der ungewöhnlichen Stücke unter den römischen Metallgefäßen wird durch die
Flasche 1 von Kirchweyhe (Kat. Nr. 5; Taf. 2,2; 25,2; 26) abgeschlossen, die durch ihren reichen
Dekor und die Gold(?)blechauflagen in den begrenzenden Zierstreifen als aufwendige Arbeit von
den anderen, schlichteren Metallgefäßen abgehoben ist. Wegen der unvollständigen Erhaltung —
vom unteren Gefäßteil liegt nur der Fuß mit dem Ansatz der Wandung vor — ist nicht sicher, daß
die rekonstruierte Form mit dem. sackförmigen hängenden Bauch der ursprünglichen Kontur
entspricht, das Stück könnte etwas höher gewesen sein. Es scheint keinen Henkel besessen zu ha-
ben, jedenfalls läßt sich auf dem Rand und der mit einem Tierfries verzierten Schulter keine
Ansatzstelle für einen solchen erkennen.
Wozu die Flasche gedient hat, ist unklar. Nach dem Dekor, der ähnliche Tierfriese wie die
Hemmoorer Eimer aufweist, wird man sie — falls man die Ansicht teilt, daß die Hemmoorer Ei-
mer Bestandteil des Tafelgeschirrs bildeten — ebenfalls zum Tafelgeschirr rechnen dürfen. Daß es
sich nicht um Küchengeschirr handelt, bezeugt der ungewöhnlich reiche, an Hemmoorer Eimern
bisher nicht bekannte Dekor aus zwei Tierfriesen und der Gold(?)blechbelag auf den einfassenden
Zonen.
Die Datierung der Flasche läßt sich aus Mangel an Vergleichsstücken nicht sicher eingrenzen.
Der am Halsansatz umlaufende, mit einem Blattschuppenkranz und mit anderen Ornamenten ver-
zierte Wulst ist kein datierendes Indiz, da es sich um ein langlebiges Element handelt, das bereits
an hellenistischem Silbergeschirr zu beobachten ist (KÜTHMANN 1958, 136). Jedoch wird man
die Tierdarstellungen der beiden Friese, deren lineare Kontur und Art der Innenzeichnung völlig mit
solchen auf Hemmoorer Eimern übereinstimmt (z. B. WILLERS 1901, Taf. 7, 2; 8, 1.2), als
Hinweis auf einen Ansatz in die jüngere römische Kaiserzeit werten dürfen. Ob man das Stück der
zweiten Hälfte des 2. und der ersten Hälfte des 3. Jhs. zuweisen soll, wie es LA BAUME getan hat
(1971, 166), oder ob man einen späteren Ansatz in Betracht ziehen will, wird man bei dem gegen-
wärtigen Kenntnisstand offen lassen müssen.
4.3.10 Holzeimer mit Bronzebeschlägen
Ein singuläres Stück ist der aus Eibenholzdauben hergestellte Eimer, der auf dem Gräberfeld
von Osterholz als Leichenbrandbehälter angetroffen wurde (Kat. Nr. 4, a; Taf. 13; 37). Er zeich-
net sich durch seine ungewöhnlichen, mit Greifenköpfen verzierten Attaschen aus. Die Bedeutung
des Fundes wird durch den im Leichenbrand enthaltenen Solidus der Fausta erhöht, der als einzi-
ges Stück des Gräberfeldes einen sicheren terminus post quem abgibt (Kat. Nr. 4, b; Taf. 14, 1).
Wahrscheinlich trifft die im Allgemeinen Kreisanzeiger vom 13. Mai 1966 geäußerte Vermutung
zu, daß das Fehlen eines Teiles des Bronzebeschlages, vor allem der einen Attasche, durch die
flache Lage der Bestattung unter der Ackerschicht bedingt ist (Taf. 5, 2). Die genannten Teile sind
offenbar durch den Pflug und nicht vor der Beisetzung abgerissen worden.
Der Eimer hebt sich nicht durch die Form der Attasche, sondern auch durch die Größe aus der
Masse der aus der römischen Kaiser- und Völkerwanderungszeit bekannten Behälter ab. Mit einer
Höhe von 31 cm und einem unteren Durchmesser von fast 38 cm zählt er zu den größten bekann-
ten Stücken, deren Maße nur noch durch einige Eimer aus Norwegen übertroffen werden (SLO-
MANN 1959, 47).
'Da diese Bezeichnung bereits in die Literatur eingeführt ist (vgl. La Baume 1971, 165), wird sie hier trotz ihres geringen
Informationsgehaltes beibehalten.

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