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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0101
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Kommunikationen für das Uelzener Gebiet erst mit der mittleren vorrömischen Eisenzeit — und
dann in bedeutend abgeschwächter Form — am Fundgut erkennbar werden.
In den letzten Jahren ist der Nachweis der besonderen Beziehungen des Nienburger Raumes
zum Gebiet der Latdne-Kultur durch weitere, für das norddeutsche Flachland herausragende Funde
gestützt worden. Erwähnt seien hier die wahrscheinlich mittellatdnezeitliche Bronzescheibe von
Stedebergen (H. OLDENBURG, D. SCHÜNEMANN, 1969), deren Herkunftsgebiet W. Kimmig
im östlichen Mitteleuropa sieht (W. KIMMIG, 1970/71), oder das Bronzegerät ungeklärter Funk-
tion aus Dörverden (W.H. ZIMMERMANN, 1969). Erwähnenswert ist ferner ein frühlatenezeit-
licher Dreiknotenarmring aus Morsum, Kr. Verden (D. SCHÜNEMANN, 1972, 59, Abb. 9,
V. 946).
Es ist verständlich, wenn durch diese hochwertigen Importstücke — Metallgeräte und Bronze-
eimer — seit Tackenbergs Aufarbeitung die zahlreichen Kleingeräte dieses Gebietes etwas in den
Hintergrund der Betrachtung getreten sind. Ihnen soll im folgenden etwas mehr Raum gegeben
werden, da ihre Fertigung in einheimischen Werkstätten zu vermuten ist, und sie somit — anders
als die sicherlich wertvollen Bronzen — jedermann leichter zugänglich waren als jene, was wieder-
um einen breiteren Niederschlag der Typen impliziert. Die von D. Schünemann durchgeführte Auf-
arbeitung des eisenzeitlichen Fundbestandes des Kreises Verden, auf die sich Verfasser hier weit-
gehend stützt, verdeutlicht, daß es in diesem Kreis und darüber hinaus eine größere Anzahl von
Funden gibt, die sich an das Formengut gewisser Fundbezirke des Untersuchungsgebietes anschlie-
ßen lassen. So sind es vor allen anderen wieder die Segelohrringe, welche trotz ihres sicherlich
geringen materiellen Wertes für die Herausarbeitung von Gruppierungen im Bereich der Jastorf-
Zivilisation überhaupt einen übergeordneten Faktor darstellen. Wahrscheinlich liegt dies an der
leichteren Zugänglichkeit dieser Objekte für möglichst viele Mitglieder der Bevölkerung. Es mag
die besondere Stellung des Nienburg-Verdener Raumes unterstreichen, daß die Segelohrringe
dieses Gebietes nun nicht nur aus Bronze, sondern mehrheitlich aus Eisen gefertigt sind. Gemäß
der gröberen Materialstruktur sind sie nicht segelförmig gebläht, sondern meist von trapezför-
miger, schwach gewölbter Gestalt. Vereinzelt sind sie rillenverziert (Taf. 78, lc), was an die bron-
zenen Exemplare hauptsächlich im Uelzener Gebiet 184 und in der Altmark erinnert (P. KUPKA,
1911, Taf. VII, 81, 82). Eine weitere Abweichung besteht darin, daß dem Ohrring statt einer
blauen Glasperle häufiger eine Knochenperle aufgezogen worden ist 185. wie die Verbreitung dieser
Objekte zeigt, kommen die eisernen Segelohrringe schwerpunktmäßig im Gebiet um Verden und
Nienburg mit stärkerer Ausstrahlung in das nördlich anschließende Umland vor (Karte 4). Die
Stücke aus Wenzendorf, Kr. Harburg, und Cordingen, Kr. Fallingbostel, dürften dem eigentlichen
Verbreitungsgebiet dieser Objekte als nicht mehr zugehörig angesehen werden. Auffällig ist die
größere Anzahl von Exemplaren aus den Kreisen Bremervörde und Osterholz. Diese Kreise tendie-
ren ja in der älteren vorrömischen Eisenzeit deutlich zu Nordostniedersachsen. Daß die Verbrei-
tungsgrenzen aber fließend sind, bezeugen andererseits die vereinzelt auftretenden bronzenen
Segelohrringe im Verdener Gebiet. Die Abgrenzung der drei ältereisenzeitlichen Gruppen im Unter-
suchungsgebiet mit Hilfe der Segelohrringe wird durch solche Überschneidungen aber nicht getrübt
(Karte 4).
Die sich bereits in der Bronzezeit abzeichnenden engen Beziehungen zwischen dem Verdener
Raum und Nordostniedersachsen werden auch an den wenigen Kombinationen ältereisenzeitlicher
Beigaben wieder ersichtlich. Neben den zahlreichen Beispielen, wo Segelohrringe mit Kropfnadeln
zusammenlagen (J. DEICHMÜLLER, 1970, 260, Abb. 1), kommen sie gelegentlich auch mit
184 G. SCHWANTES (1911, 112, Abb. 106). Weitere strichverzierte Segelohrringe aus Bronze liegen aus Bohlsen, Rassau,
Uelzen (alle Kr. Uelzen), Rebenstorf, Schnega und Billerbeck (alle Kr. Lüchow-Dannenberg) sowie aus Nahrendorf,
Kr. Lüneburg, und Moorkathe, Kr. Fallingbostel, vor. Diese Angaben berufen sich z.T. auf Auskünfte von O.
Harck, Kiel.
185 Beispielsweise auf dem Exemplar aus Osterholz-Scharmbeck (hier Taf. 68, 4).

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