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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0100
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Auffällig erscheint bei den Gräbern in Tüchten das Fehlen von Steinpackungen, eine im
übrigen Arbeitsgebiet für die jastorfzeitlichen Bestattungen ausgeprägte Sitte. Inwieweit dieser Be-
fund für den gesamten Verdener Raum verallgemeinert werden kann, müssen neue Befunde zeigen.
K. TACKENBERG (1934, 106 ff.) vermerkt, daß der Steinschutz bei Gräbern der älteren vorrö-
mischen Eisenzeit im Nienburger Kulturbereich in der Regel fehlt. In Otersen-Wittlohe wiederum
sind die Urnen im Hügelmantel mit Steinen umstellt gewesen. Bemerkenswert ist an dieser Lokali-
tät die Umpackung einzelner Gefäße mit großen Raseneisenerzblöcken (J. HOLSTE, 1934, 17L),
Ähnliche Befunde liegen von den rechtselbischen Gräberfeldern Hamburg-Sülldorf und Neumün-
ster-Oberjörn vor. Auch den in Jevenstedt, Kr. Rendsburg-Eckernförde, Holstein, gelegentlich in
Urnen als Beigaben zugelegten Eisenschlackenstücke kommt wohl eine vergleichbare Bedeutung zu
(H. HINGST, 1974, 61 f.).
Besonders auffällig ist die große Anzahl der Knochenlager in der mittleren vorrömischen Eisen-
zeit dieses Gebietes. In Uphusen ,,Heuberg“ sind von den 23 gut dokumentierten Gräbern des
Hügels 19 Leichenbrandlager und nur 4 Urnenbestattungen (K. RADDATZ, 1955). Dieser hohe
Prozentsatz (82,5 %) an Knochenlagern findet im übrigen Arbeitsgebiet nur im Uelzener Raum eine
vergleichbare Parallele. Auf dem etwa gleichalten Urnenfeld von Klein Hesebeck, Kr. Uelzen,
sind von den 53 Gräbern 32 Leichenbrandlager (ca. 60,5%), 4 Brandgruben (7,5%) und der
Rest Urnenbestattungen (G. SCHWANTES, 1911, 155 ff.). Hierin zeichnet sich über die bei den
Metallobjekten erkennbar werdenden Beziehungen auch hinsichtlich des Bestattungsbrauchtums ein
deutlicher Bezug zwischen diesen beiden Gebieten ab. Auch die von G. Schwantes beobachteten
Brandgrubengräber haben im weiteren Nienburger Bereich sowohl in den überhügelten Brand-
gräbern als auch in den hügellosen Brandgrubengräbern ihre Entsprechung (K. TACKENBERG,
1934, 109).
Die in der Nordostniedersachsen- und Stader-Geest-Gruppe in der älteren vorrömischen
Eisenzeit vorherrschende Sitte der Grabmitgabe von kleinen Beigefäßen im Bereich der Verdener
Gruppe besteht höchstwahrscheinlich weiter. In den 29 Bestattungen aus dem Hügel von Uphusen
„Heuberg“ war 10 Gräbern je ein Beigefäß mitgegeben worden.
Zusammenfassend kann man über die sicherlich nicht ausschöpfende Betrachtung sagen, daß
die Bestattungssitte in der vorrömischen Eisenzeit im Verdener Raum uneinheitlicher als im übrigen
Untersuchungsgebiet verlaufen ist. Vor allem die Niederlegung in Hügeln und die große Anzahl der
Leichenbrandlager in der mittleren vorrömischen Eisenzeit lassen deutliche Abweichungen
erkennen 183. Beziehungen sind allenfalls zum Uelzener Raum zu knüpfen. Sie werden auch in den
Inventaren beider Fundräume deutlich. Soweit überschaubar, sind die Friedhöfe im Verdener
Gebiet von der älteren zur mittleren vorrömischen Periode z.T. kontinuierlich belegt worden. Ein
großräumiger Besiedlungsbruch oder eine Besiedlungsstörung wird nicht erkennbar.

Die Metallfunde
Kennzeichnend für den Nienburger Kulturbereich ist das Auftreten von Bronzen südlicher
Provenienz. Die Zisten von Luttum, Kr. Verden, die Bronzesitulen aus Hassel, Kr. Grafschaft
Hoya, und das Exemplar aus Luttum sowie die zahlreichen Kleinfunde wie Fibeln, Torques oder
Armringe bezeichnen einen Bereich, der anhaltende Verbindungen mit dem keltischen Kulturraum
pflegte. E. SPROCKHOFF (1959) hat sich anhand des Materials vom Pestruper Scheiterhaufen-
Hügelgräberfeld mit dieser sehr komplexen Thematik eingehender auseinander gesetzt und die hall-
statt- und latenezeitlichen Einflüsse in diesem Gebiet ausführlich dargestellt. Neben dem ungleich
größeren Anteil derartiger Funde ist es von Bedeutung, daß dieser Fundraum bereits seit der aus-
gehenden Hallstattzeit mit dem mitteleuropäischen Raum sichtbar kontaktierte, während derartige
183 Siehe hierzu auch die Ausführungen bei K. TACKENBERG (1934, 106 ff.).

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