reits auf diesen Umstand hingewiesen und dieses Phänomen mit einem Siedlungshiatus im Raum
zwischen Weser- und Elbemündung in Verbindung gebracht. Diese Ansicht darf durch die Sied-
lungsgrabungen in Flögeln, Kr. Wesermünde, als überholt angesehen werden, da dort der Besied-
lungsnachweis für die Spätlatenezeit und die römische Kaiserzeit bereits erbracht worden ist (P.
SCHMID, 1972, 30 f.; W.H. ZIMMERMANN, 1973, 30 ff.; 1974, 26 f.; 1975, 25 f.). Will man
nicht K. WALLER (1941/42, 246 ff.) folgen, der die Fibelformen der älteren Spätlatene-Zeit bis
um die Zeitenwende retardieren läßt, ergeben sich Interpretationsmöglichkeiten für das Fehlen der
Fibeln in der jüngeren Spätlatenezeit in der Annahme einer Forschungslücke oder in der uns als
am wahrscheinlichsten erscheinenden Arbeitshypothese, daß zu dieser Zeit der kulturelle Wandel
einsetzte, welcher in der Folgezeit als chaukische Kultur seinen archäologischen Niederschlag fand.
Dieser Frage weiter nachzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit aber sprengen. Für den hier
interessierenden Zeitraum bleibt noch allgemein festzuhalten, daß neben den für dieses Gebiet typi-
schen „Rettichgefäßen“ sich auch Formen finden, welche sich mit denen aus Schleswig-Holstein
und dem Stader Raum vergleichen lassen (Taf. 82, 4)56.
Zusammenfassend kann in relativ-chronologischer Hinsicht für das Untersuchungsgebiet von
einer Anwendungsmöglichkeit unterschiedlicher Chronologiesysteme ausgegangen werden. Für
Nordostniedersachsen sind es die Zeitstufen von G. Schwantes und O. Harck. Der Vergleich beider
Positionen hat gezeigt, daß wesentliche Unterschiede zwischen den beiden relativ-chronologischen
Systemen nicht erkennbar werden. Die Harcksche Stufe IIb muß nach dem heutigen Stand der
Forschung als nicht ausreichend begründet für den nordostniedersächsischen Raum zurückgewiesen
werden. Verfasser ist der Meinung, daß versucht werden sollte, die terminologischen Verwirrungen
durch Neugliederungen, die keine wesentlichen Erkenntnisbereicherungen darstellen, zu vermeiden.
Aus diesem Grunde wird hier trotz gewisser Bedenken an der Stufengliederung von G. Schwantes
festgehalten.
Für das nordwestniedersächsische Gebiet bis zur Oste-Wümme-Niederung muß wegen der
verblüffenden Fundparallelitäten dieses Gebiets mit dem holsteinischen Raum relativ-chronolo-
gisch mit den im rechtselbischen Gebiet erstellten Zeitstufen gearbeitet werden. Welches der zur
Verfügung stehenden Schemata für diesen Bereich Nordniedersachsens Präferenz zugesprochen
werden sollte, wird erst anhand einer größeren Anzahl gut dokumentierter Neufunde entscheidend
beantwortet werden können.
D. Die Gruppen
I. Allgemeines
Die Bearbeitung eines so großräumigen und landschaftlich vielgestaltigen Gebietes führt
zwangsläufig zu der Frage, ob im Erscheinungsbild des Fundmaterials und der Bestattungssitte
Unterschiede zu erkennen sind, die nicht allein chronologisch bedingt sind, sondern lokale, vonein-
ander abgesetzte ethnische Gruppierungen dokumentieren. Zwar ist bei einem so ausgeglichenen
Fundcharakter wie es sich für die vorrömische Eisenzeit des engeren Jastorf-Gebietes (Nordost-
und Nordwesthannover, Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Teile der Altmark) darstellt, mit
großen Divergenzen im Materialbestand nicht zu rechnen — wo Unterschiede erkennbar werden,
handelt es sich allgemein um Nuancierungen weiträumiger, relativ einheitlicher Befunde —,
trotzdem muß versucht werden, durch Feinanalysen der Forschung auch in diesem Bereich neue
Impulse zu geben.
56 So beispielsweise bei P. SCHMID (1957, Taf. 16, 1,8,9; 17, 1,2a,4).
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zwischen Weser- und Elbemündung in Verbindung gebracht. Diese Ansicht darf durch die Sied-
lungsgrabungen in Flögeln, Kr. Wesermünde, als überholt angesehen werden, da dort der Besied-
lungsnachweis für die Spätlatenezeit und die römische Kaiserzeit bereits erbracht worden ist (P.
SCHMID, 1972, 30 f.; W.H. ZIMMERMANN, 1973, 30 ff.; 1974, 26 f.; 1975, 25 f.). Will man
nicht K. WALLER (1941/42, 246 ff.) folgen, der die Fibelformen der älteren Spätlatene-Zeit bis
um die Zeitenwende retardieren läßt, ergeben sich Interpretationsmöglichkeiten für das Fehlen der
Fibeln in der jüngeren Spätlatenezeit in der Annahme einer Forschungslücke oder in der uns als
am wahrscheinlichsten erscheinenden Arbeitshypothese, daß zu dieser Zeit der kulturelle Wandel
einsetzte, welcher in der Folgezeit als chaukische Kultur seinen archäologischen Niederschlag fand.
Dieser Frage weiter nachzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit aber sprengen. Für den hier
interessierenden Zeitraum bleibt noch allgemein festzuhalten, daß neben den für dieses Gebiet typi-
schen „Rettichgefäßen“ sich auch Formen finden, welche sich mit denen aus Schleswig-Holstein
und dem Stader Raum vergleichen lassen (Taf. 82, 4)56.
Zusammenfassend kann in relativ-chronologischer Hinsicht für das Untersuchungsgebiet von
einer Anwendungsmöglichkeit unterschiedlicher Chronologiesysteme ausgegangen werden. Für
Nordostniedersachsen sind es die Zeitstufen von G. Schwantes und O. Harck. Der Vergleich beider
Positionen hat gezeigt, daß wesentliche Unterschiede zwischen den beiden relativ-chronologischen
Systemen nicht erkennbar werden. Die Harcksche Stufe IIb muß nach dem heutigen Stand der
Forschung als nicht ausreichend begründet für den nordostniedersächsischen Raum zurückgewiesen
werden. Verfasser ist der Meinung, daß versucht werden sollte, die terminologischen Verwirrungen
durch Neugliederungen, die keine wesentlichen Erkenntnisbereicherungen darstellen, zu vermeiden.
Aus diesem Grunde wird hier trotz gewisser Bedenken an der Stufengliederung von G. Schwantes
festgehalten.
Für das nordwestniedersächsische Gebiet bis zur Oste-Wümme-Niederung muß wegen der
verblüffenden Fundparallelitäten dieses Gebiets mit dem holsteinischen Raum relativ-chronolo-
gisch mit den im rechtselbischen Gebiet erstellten Zeitstufen gearbeitet werden. Welches der zur
Verfügung stehenden Schemata für diesen Bereich Nordniedersachsens Präferenz zugesprochen
werden sollte, wird erst anhand einer größeren Anzahl gut dokumentierter Neufunde entscheidend
beantwortet werden können.
D. Die Gruppen
I. Allgemeines
Die Bearbeitung eines so großräumigen und landschaftlich vielgestaltigen Gebietes führt
zwangsläufig zu der Frage, ob im Erscheinungsbild des Fundmaterials und der Bestattungssitte
Unterschiede zu erkennen sind, die nicht allein chronologisch bedingt sind, sondern lokale, vonein-
ander abgesetzte ethnische Gruppierungen dokumentieren. Zwar ist bei einem so ausgeglichenen
Fundcharakter wie es sich für die vorrömische Eisenzeit des engeren Jastorf-Gebietes (Nordost-
und Nordwesthannover, Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Teile der Altmark) darstellt, mit
großen Divergenzen im Materialbestand nicht zu rechnen — wo Unterschiede erkennbar werden,
handelt es sich allgemein um Nuancierungen weiträumiger, relativ einheitlicher Befunde —,
trotzdem muß versucht werden, durch Feinanalysen der Forschung auch in diesem Bereich neue
Impulse zu geben.
56 So beispielsweise bei P. SCHMID (1957, Taf. 16, 1,8,9; 17, 1,2a,4).
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