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Häßler, Hans-Jürgen; Rösing, Friedrich Wilhelm
Zur inneren Gliederung und Verbreitung der Vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet (Teil 1): Mit e. Beitr. von F. W. Rösing über Die Leichenbrände der eisenzeitlichen Gräberfelder von Bargstedt I, Harsefeld und Issendorf III (Kreis Stade) — Hildesheim: Verlag August Lax, 1977

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.65516#0042
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Voraussetzung für eine Gruppenanalyse ist in methodologischer Hinsicht ein ausgeglichener
Quellenstand. Wie oben ausgeführt wurde (s. S. 3 ff.), ist diese Grundvoraussetzung für das Arbeits-
gebiet nur bedingt gegeben. Besonders in Nordwestniedersachsen sind diesbezüglich die Lücken
noch beachtlich. Ein damit verbundenes Problem ist das einer quantitativen Ausgeglichenheit der
zu vergleichenden Formen und Befunde. Für zahlreiche Typen führt eine geographisch-kartogra-
phische Analyse in Ermangelung an auswertbaren Funden zu keinen aussagefähigen Verbreitungs-
bildern. Ferner sind nicht alle Typen gruppenspezifisch. Eine Kartierung der Ringkopfnadeln z.B
erscheint im heutigen Stadium der Forschung sinnlos, da ihre Verbreitung zu weiträumig ist.
Wesentlich erschwert werden Kartierungen besonders bei den Eisennadeln auch dadurch, daß diese
durch Rost nicht mehr erkennbar sind oder öfter nach Gefühl restaurierte und rekonstruierte
Kopfprofilierungen aufweisen. Hierin liegt eine nicht zu unterschätzende Fehlerquelle, die trotz
redlichen Bemühens nicht restlos auszuräumen ist. Auf die kartographische Darstellung möglicher-
weise derart deformierter Nadeln wurde darum verzichtet57.
Ein weiterer, erschwerender Sachverhalt bei einer Gruppenanalyse ist die genaue zeitliche Paral-
lelisierung des Fundmaterials verschiedener Fundräume sowie die Frage, ob kurzfristige Störungen
— so Okkupationen — nach baldmöglicher Anpassung der fiktiven Eindringlinge an die vorgefun-
dene Tracht und an die Bestattungssitte überhaupt zu erkennen sind. Da eine derartig detaillierte
Fragestellung nach so kurzfristigen Prozessen im Regelfall nicht zu beantworten sein dürfte, wird
in dieser Arbeit versucht, die Klärung dieser Frage den drei Hauptabschnitten (ältere, mittlere,
jüngere) der vorrömischen Eisenzeit folgend durchzuführen.
Für dieses Vorhaben stehen für die betreffende Periode fast ausschließlich die materiellen
Kulturüberlieferungen zur Auswertung zur Verfügung, die sich in der vorrömischen Eisenzeit im
südlichen Niederelbegebiet hauptsächlich auf die Grabfunde beschränken. Innerhalb dieses Gräber-
feldmaterials, dem als weitere konservierte kulturhistorische Dokumente die Grabformen zugestellt
werden können, sind es vorzugsweise die Tonware, die Schmuckgegenstände und Metallgeräte.
Regional begrenzte Übereinstimmungen bzw. Unterschiede beispielsweise bei der Verbreitung von
Stilmerkmalen der Keramik, bei Schmuckgegenständen und Geräten oder bei den Grabformen be-
rechtigen zu der Annahme, daß deren räumliche Begrenzung den Siedlungs- oder Einflußbereich
einer, respektive mehrerer ethnischer Gruppen widerspiegelt. Nicht auszuschließen ist aber auch,
daß innerhalb einer nach dem archäologischen Fundgut homogen erscheinenden Population unter-
schiedliche Gruppierungen vorliegen, die sich in der materiellen Kultur nicht erkennbar niederge-
schlagen haben. Andererseits können Differenzierungen im Fundbestand auch auf regional
bedingte Reflexe im Verhaltensbild — so auf Grund unterschiedlicher ökologisch-ökonomischer
Abhängigkeit — einer ansonsten in sich geschlossenen Einheit zurückzuführen sein. Wesentlich er-
scheint dem Verfasser daher für eine Deutung der Differenzierung im Fundgut zweier Gebiete im
Sinne eigenständiger Gruppierungen die Summe der unterscheidbaren Kulturmerkmale zu sein.
Unterschiede bei der Kartierung einzelner Objektarkten mögen den Absatzradius einzelner Werk-
stätten innerhalb eines ethnisch geschlossenen Verbandes darstellen und somit auf diese Fragestel-
lung einen falschen Einfluß nehmen.
Diese Vorsicht ist nicht nur bei den Metallgeräten geboten, sondern ist auch für die Grabkera-
mik angezeigt. Letztere, in der Regel Haushalts wäre und somit funktional und auch formal an die
ökologischen Grundlagen der betreffenden Landschaft gebunden, ist häufig stilkundlichen Analy-
sen unterzogen und für die Abgrenzung von Kulturgruppen verwendet worden58. Da Tonware
wegen ihrer Zerbrechlichkeit und auf Grund der relativ einfachen, bald erlernbaren Fertigungs-
weise vorzugsweise vor Ort von Töpfern modelliert worden sein dürfte, drängt sich die Frage auf,
51 Hierbei handelt es sich in erster Linie um Eisennadeln mit kleinen Kopfprofilierungen wie z.B. Kegel-, Kugel-, Linsen-
oder Doppelkegelkopfnadeln.
58 So bei W.D. ASMUS, 1939a, 199 ff.

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