Zungengürtelhaken kombiniert vor. So in Luttum und Tüchten, beide Kr. Verden (Taf. 78, 2; 79,
2), oder in Steinfeld, Kr. Bremervörde. Letzteres Grab barg noch eine leider nur unvollständig
erhaltene Bombenkopfnadel (Taf. 75, 8). Auch die Kombination dieser Ohrringe mit einer Schei-
benkopfnadel aus Tüchten186 entspricht der mehrmals belegten Zusammensetzung solcher
Ensembles mit bronzenen Segelohrringen aus Nordostniedersachsen. Besonders die angesprochenen
Funde verdeutlichen auch die zeitliche Stellung der eisernen Segelohrringe. K. TACKENBERG
(1934, 43) datiert sie von der Stufe Jastorf a bis in die Stufe von Ripdorf. Bei dem von ihm als
ripdorfzeitlich angesprochenen Gefäß aus Tüchten handelt es sich aber offensichtlich noch um ein
Exemplar der Stufe Jastorf b (H. GUMMEL, 1925b, Taf. 3, 14). In diesen Horizont verweisen
auch die Gefäße der oben angeführten Gräber aus Tüchten, Luttum und Steinfeld (Taf. 75, 8; 78,
1,2), so daß sich eine Datierung des Gros der eisernen — wie auch der bronzenen Segelohrringe —
in die Stufe Jastorf b empfiehlt.
Keiner der eisernen Ohrringe wurde bisher in einem Gefäß vom Nienburger oder Harpstedter
Typ gefunden. Dies mag bei der geringen Anzahl der geschlossenen Funde auf einem Zufall
beruhen. Möglich ist aber auch eine bevölkerungsstrukturell bedingte Situation, die darauf zurück-
geführt werden könnte, daß dieses Gebiet eine Kontaktzone zwischen zwei größeren Gruppen
darstellt.
Außer den Segelohrringen, die wohl am deutlichsten die Beziehungen, aber auch die Eigenstän-
digkeit dieser Gruppe gegenüber Nordosthannover aufzeigen, sind weitere Metallobjekte der
älteren vorrömischen Eisenzeit bekannt, die in beiden Fundräumen vertreten sind187.
Die in Tüchten, Bierden und Nienburg gefundenen Scheibenkopfnadeln entsprechen dem in der
Nordostniedersachsen-Gruppe gängigen Typ (Karte 5). Während Bombennadeln zu fehlen
scheinen, sind die übrigen Nadeltypen, wie Öhr-, Rollen- und Ringkopfnadeln (D. SCHÜNE-
MANN, 1967a, 37, Abb. 8, 3,7), oder die Kropfnadeln mit kleinem, horizontalem Scheibenkopf,
mit geripptem Schaft oder kleinem kegelförmigem Kopf — wenn auch nicht sehr zahlreich —
durchaus bekannt. Rasiermesser treten demgegenüber zurück. Zwar sind trapezförmige Formen
aus dem weiteren Nienburger Kulturkreis keine Seltenheit (K. TACKENBERG, 1934, Taf. 1)
(Abb. 2), die jastorfzeitlichen halbmondförmigen Messer sind aber bislang noch nicht gefunden
worden. Eventuell ist das in Etelsen gefundene, stark korrodierte Messer diesem Typ zuzuordnen
(D. SCHÜNEMANN, 1966 a, 103, Abb. 7, 18d). Pinzetten hingegen sind mehrmals belegtes. Für
die verschiedenen Zungengürtelhakenformen gibt es gleichfalls gute Parallelen, so daß allgemein
für die ältere vorrömische Eisenzeit gesagt werden kann, daß die für die Jastorf-Stufen a und b
wesentlichen Metallformen im Verdener Raum bekannt sind. Auch die breitrippigen Wendeiringe
fehlen nicht, wie ein kleines Bruchstück aus einem Grab bei Otersen-Wittlohe zeigt189.
In der mittleren vorrömischen Eisenzeit nimmt das Fundgut im Kreise Verden quantitativ ab.
’Von der großen Fülle der Fibeln vom Frühlatene-Schema, die K. TACKENBERG (1934, Taf. 6)
136 Tüchten, Kr. Verden (Aller), Urne 20. Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Inv.-Nr. 23860.
187 An den eisernen Segelohrringen wird die Problematik der Existenz der Verdener Gruppe besonders deutlich. Das auf
diesen Raum beschränkte Vorkommen dieser Objektgruppe könnte ohne Widerspruch auch mit dem Verhandlungsge-
biet einer auf dieses Material spezialisierten Werkstatt oder eines Wanderhandwerks in Verbindung gesehen werden.
Wir hätten in diesem Falle kein Indiz für eine eigenständige Gruppe 'vor uns, sondernmur einen Teil der Nordwestnie-
dersachsen-Gruppe, von der sich nur eine Objektart durch die Verschiedenheit des Werkstoffes unterscheiden würde.
Angesichts der erkennbaren Unterschiede in der Bestattungssitte besonders in der älteren vorrömischen Eisenzeit und
auf Grund der reichen Importfunde meinen wir eine Besonderheit dieses Raumes gegenüber den sehr ähnlichen Kul-
turäußerungen in der Nordostniedersachsen-Gruppe zu erkennen. Neufunde werden diesen Ansatz eines Tages falsi-
bzw. verifizieren können.
188 s0 in Verden, Kr. Verden (Aller), Urnenfriedhof an der Pestalozzi-Schule (Fundverbleib Museum Verden). In einem
Hügel bei Dauelsen, Kr. Verden (Aller), lag eine weitere Pinzette in einer Nienburger Tasse (Fundverbleib Museum
Verden, Inv.-Nr. V. 1243a,b). Freundlicher Hinweis von D. Schünemann, Verden.
189 Otersen-Wittlohe, Bruchstück eines breitrippigen Wendeiringes. Einzelfund. Fundverbleib Museum Verden Inv.-
Nr. V. 913.
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2), oder in Steinfeld, Kr. Bremervörde. Letzteres Grab barg noch eine leider nur unvollständig
erhaltene Bombenkopfnadel (Taf. 75, 8). Auch die Kombination dieser Ohrringe mit einer Schei-
benkopfnadel aus Tüchten186 entspricht der mehrmals belegten Zusammensetzung solcher
Ensembles mit bronzenen Segelohrringen aus Nordostniedersachsen. Besonders die angesprochenen
Funde verdeutlichen auch die zeitliche Stellung der eisernen Segelohrringe. K. TACKENBERG
(1934, 43) datiert sie von der Stufe Jastorf a bis in die Stufe von Ripdorf. Bei dem von ihm als
ripdorfzeitlich angesprochenen Gefäß aus Tüchten handelt es sich aber offensichtlich noch um ein
Exemplar der Stufe Jastorf b (H. GUMMEL, 1925b, Taf. 3, 14). In diesen Horizont verweisen
auch die Gefäße der oben angeführten Gräber aus Tüchten, Luttum und Steinfeld (Taf. 75, 8; 78,
1,2), so daß sich eine Datierung des Gros der eisernen — wie auch der bronzenen Segelohrringe —
in die Stufe Jastorf b empfiehlt.
Keiner der eisernen Ohrringe wurde bisher in einem Gefäß vom Nienburger oder Harpstedter
Typ gefunden. Dies mag bei der geringen Anzahl der geschlossenen Funde auf einem Zufall
beruhen. Möglich ist aber auch eine bevölkerungsstrukturell bedingte Situation, die darauf zurück-
geführt werden könnte, daß dieses Gebiet eine Kontaktzone zwischen zwei größeren Gruppen
darstellt.
Außer den Segelohrringen, die wohl am deutlichsten die Beziehungen, aber auch die Eigenstän-
digkeit dieser Gruppe gegenüber Nordosthannover aufzeigen, sind weitere Metallobjekte der
älteren vorrömischen Eisenzeit bekannt, die in beiden Fundräumen vertreten sind187.
Die in Tüchten, Bierden und Nienburg gefundenen Scheibenkopfnadeln entsprechen dem in der
Nordostniedersachsen-Gruppe gängigen Typ (Karte 5). Während Bombennadeln zu fehlen
scheinen, sind die übrigen Nadeltypen, wie Öhr-, Rollen- und Ringkopfnadeln (D. SCHÜNE-
MANN, 1967a, 37, Abb. 8, 3,7), oder die Kropfnadeln mit kleinem, horizontalem Scheibenkopf,
mit geripptem Schaft oder kleinem kegelförmigem Kopf — wenn auch nicht sehr zahlreich —
durchaus bekannt. Rasiermesser treten demgegenüber zurück. Zwar sind trapezförmige Formen
aus dem weiteren Nienburger Kulturkreis keine Seltenheit (K. TACKENBERG, 1934, Taf. 1)
(Abb. 2), die jastorfzeitlichen halbmondförmigen Messer sind aber bislang noch nicht gefunden
worden. Eventuell ist das in Etelsen gefundene, stark korrodierte Messer diesem Typ zuzuordnen
(D. SCHÜNEMANN, 1966 a, 103, Abb. 7, 18d). Pinzetten hingegen sind mehrmals belegtes. Für
die verschiedenen Zungengürtelhakenformen gibt es gleichfalls gute Parallelen, so daß allgemein
für die ältere vorrömische Eisenzeit gesagt werden kann, daß die für die Jastorf-Stufen a und b
wesentlichen Metallformen im Verdener Raum bekannt sind. Auch die breitrippigen Wendeiringe
fehlen nicht, wie ein kleines Bruchstück aus einem Grab bei Otersen-Wittlohe zeigt189.
In der mittleren vorrömischen Eisenzeit nimmt das Fundgut im Kreise Verden quantitativ ab.
’Von der großen Fülle der Fibeln vom Frühlatene-Schema, die K. TACKENBERG (1934, Taf. 6)
136 Tüchten, Kr. Verden (Aller), Urne 20. Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Inv.-Nr. 23860.
187 An den eisernen Segelohrringen wird die Problematik der Existenz der Verdener Gruppe besonders deutlich. Das auf
diesen Raum beschränkte Vorkommen dieser Objektgruppe könnte ohne Widerspruch auch mit dem Verhandlungsge-
biet einer auf dieses Material spezialisierten Werkstatt oder eines Wanderhandwerks in Verbindung gesehen werden.
Wir hätten in diesem Falle kein Indiz für eine eigenständige Gruppe 'vor uns, sondernmur einen Teil der Nordwestnie-
dersachsen-Gruppe, von der sich nur eine Objektart durch die Verschiedenheit des Werkstoffes unterscheiden würde.
Angesichts der erkennbaren Unterschiede in der Bestattungssitte besonders in der älteren vorrömischen Eisenzeit und
auf Grund der reichen Importfunde meinen wir eine Besonderheit dieses Raumes gegenüber den sehr ähnlichen Kul-
turäußerungen in der Nordostniedersachsen-Gruppe zu erkennen. Neufunde werden diesen Ansatz eines Tages falsi-
bzw. verifizieren können.
188 s0 in Verden, Kr. Verden (Aller), Urnenfriedhof an der Pestalozzi-Schule (Fundverbleib Museum Verden). In einem
Hügel bei Dauelsen, Kr. Verden (Aller), lag eine weitere Pinzette in einer Nienburger Tasse (Fundverbleib Museum
Verden, Inv.-Nr. V. 1243a,b). Freundlicher Hinweis von D. Schünemann, Verden.
189 Otersen-Wittlohe, Bruchstück eines breitrippigen Wendeiringes. Einzelfund. Fundverbleib Museum Verden Inv.-
Nr. V. 913.
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