Als 1969 der Himmelsweg und die Straße am Diekhof aufgegraben und dabei das alte Friedhofsgelände
berührt wurde, fanden sich an seiner Westseite überhaupt keine Grabspuren. Ein deutlicher Absatz zeigte,
daß das Gelände schon beim Bau des Himmelsweges abgegraben worden war. Merkwürdigerweise fanden
sich auch im Anschnitt der Böschung keine Gräber. Vermutlich lag hier unmittelbar westlich des Turms
der alte Haupteingang und ein nicht belegter Vorplatz. An der Nordseite konnten nur einzelne Gebeine
aus offensichtlich gestörten Gräbern in den oberen Bodenschichten beobachtet werden, die umgerechnet
etwa 1 m unter der ursprünglich letzten Friedhofsoberfläche gelegen haben dürften. Die erste Belegung
mit Gräbern im frühen und hohen Mittelalter erfaßte, wenn dieser kleine Anschnitt aussagefähig ist, zu-
mindest im Norden noch nicht den äußersten Rand des jüngeren Friedhofs. Die alten Grenzen des Fried-
hofsplatzes und Spuren der für das 18. Jh. belegten Planken mit ,,Stegeln” undTor(vgl. Kap. 14.6.2) lie-
ßen sich durch Grabungen an der Süd- und Ostseite mit Sicherheit noch gewinnen.
Rechnet man von der 510 m2 großen Grabungsfläche den Kirchengrund und den anschließenden Vorplatz
bzw. Turm ab, so ergibt sich, daß für jedes Grab außerhalb der Kirche im Durchschnitt 1,8 m2 in An-
spruch genommen worden sind. Da dieser Wert auch für den übrigen Friedhof gelten könnte, lassen sich
bei annähernd gleichartiger Belegungsdichte für die älteste von Mitte des 9. Jhs. an (wahrscheinlicher erst
vom 10./11. Jh. dichter) bis Anfang des 13. Jhs. belegten Anlage etwa 2050 Gräber errechnen. Da der
Friedhof vermutlich seit Ende des 10. Jhs. der einzige Friedhof aller Siedlungen auf dem „Tot” war, darf
bei allem Vorbehalt und Berücksichtigung nicht kalkulierter Fehlerquellen eine Ermittlung der gleichzei-
tig lebenden Bevölkerung versucht werden. Bei einer allgemein vorausgesetzten mittleren Lebenserwar-
tung von etwa 33 Jahren, der Belegungsdauer von gut 300 Jahren und 2050 errechneten Gräbern (sowie ei-
nem Zuschlag von 10 % für nicht feststellbare Gräber von kleinen Kindern) ergibt sich als Mittelwert für
die Gesamtdauer des angenommenen Belegungszeitraums, daß etwa 250 Menschen gleichzeitig im To-
stedter Raum gelebt haben könnten. Diese Zahl erscheint niedrig, ist aber denkbar. Rechnet man einmal
nur versuchsweise mit drei Dörfern mit je drei Höfen, zwei Siedlungen mit je zwei Hofstellen und vier ein-
zelnen Höfen, so kommt man wieder bei angenommen 15 Angehörigen eines Hofes — vom Kleinkind bis
zum Altenteiler, einschließlich Mägde, Knechte und Schäfer — auf etwa 250 Einwohner (Kap. 3.8; 15).
Sieht man von einheitlich großen Hofstellen ab und rechnet nur mit einem oder zwei Großhöfen mit
25—30 Leuten und sonst mit kleineren, z. B. Haushalten von sieben Mitgliedern, erhält man mehr Hof-
stellen. Einige Dörfer waren etwas größer, und es gab zusätzlich einige einstellige Höfe, aber die Gesamt-
zahl bleibt unter der für das 17. Jh. bekannten oder für das 16. Jh. erschließbaren Anzahl der Hofstellen.
Das wiederum dürfte den Tatsachen entsprechen, da alle aus jüngerer Zeit bekannten Halbhöfe und na-
türlich auch die noch jüngeren Kötner- und Brinksitzer und Anbauerstellen abzurechnen sind. Nur die
großen Vollhöfe in den Dörfern sowie evtl, einige größere einstellige Höfe dürften der älteren Siedlungs-
schicht angehören. Genauere Aufschlüsse über die früh- und hochmittelalterliche Besiedlung des ,,Tots”
ließen sich durch gezielte archäologische Forschungen gewinnen. Eine ähnliche Auswertung, aber unter
besseren Vorausetzungen, da der ganze Friedhof des 8. —10. Jhs. bei Ketzendorf freigelegt werden konn-
te, legte inzwischen C. AHRENS vor (1978a, 330 f.; 1978b, 108 f.). Allgemeine Angaben und Hinweise zu
Bevölkerungsstatistiken nach Friedhofsbelegungen u. a. sind den Untersuchungen von SCHWIDETZKY
(1971; 1976; 1978) und RÖSING (1978) zu entnehmen.
5.2 Die jüngeren Gräber in- und außerhalb der Kirche {Abb. 14)
5.2.1 Vorbemerkung
Auf die sehr einheitlichen mittelalterlichen Särge folgen verschiedene Sargtypen, die, soweit sich erkennen
ließ, den sonst auch in Norddeutschland üblichen Formen gleichen. Bei einer Untersuchung von Fürsten-
särgen des 17. Jhs. und 18. Jhs. aus Zinn, Blei und Kupfer in Celle, Hamburg-Harburg, Lauenburg und
88
berührt wurde, fanden sich an seiner Westseite überhaupt keine Grabspuren. Ein deutlicher Absatz zeigte,
daß das Gelände schon beim Bau des Himmelsweges abgegraben worden war. Merkwürdigerweise fanden
sich auch im Anschnitt der Böschung keine Gräber. Vermutlich lag hier unmittelbar westlich des Turms
der alte Haupteingang und ein nicht belegter Vorplatz. An der Nordseite konnten nur einzelne Gebeine
aus offensichtlich gestörten Gräbern in den oberen Bodenschichten beobachtet werden, die umgerechnet
etwa 1 m unter der ursprünglich letzten Friedhofsoberfläche gelegen haben dürften. Die erste Belegung
mit Gräbern im frühen und hohen Mittelalter erfaßte, wenn dieser kleine Anschnitt aussagefähig ist, zu-
mindest im Norden noch nicht den äußersten Rand des jüngeren Friedhofs. Die alten Grenzen des Fried-
hofsplatzes und Spuren der für das 18. Jh. belegten Planken mit ,,Stegeln” undTor(vgl. Kap. 14.6.2) lie-
ßen sich durch Grabungen an der Süd- und Ostseite mit Sicherheit noch gewinnen.
Rechnet man von der 510 m2 großen Grabungsfläche den Kirchengrund und den anschließenden Vorplatz
bzw. Turm ab, so ergibt sich, daß für jedes Grab außerhalb der Kirche im Durchschnitt 1,8 m2 in An-
spruch genommen worden sind. Da dieser Wert auch für den übrigen Friedhof gelten könnte, lassen sich
bei annähernd gleichartiger Belegungsdichte für die älteste von Mitte des 9. Jhs. an (wahrscheinlicher erst
vom 10./11. Jh. dichter) bis Anfang des 13. Jhs. belegten Anlage etwa 2050 Gräber errechnen. Da der
Friedhof vermutlich seit Ende des 10. Jhs. der einzige Friedhof aller Siedlungen auf dem „Tot” war, darf
bei allem Vorbehalt und Berücksichtigung nicht kalkulierter Fehlerquellen eine Ermittlung der gleichzei-
tig lebenden Bevölkerung versucht werden. Bei einer allgemein vorausgesetzten mittleren Lebenserwar-
tung von etwa 33 Jahren, der Belegungsdauer von gut 300 Jahren und 2050 errechneten Gräbern (sowie ei-
nem Zuschlag von 10 % für nicht feststellbare Gräber von kleinen Kindern) ergibt sich als Mittelwert für
die Gesamtdauer des angenommenen Belegungszeitraums, daß etwa 250 Menschen gleichzeitig im To-
stedter Raum gelebt haben könnten. Diese Zahl erscheint niedrig, ist aber denkbar. Rechnet man einmal
nur versuchsweise mit drei Dörfern mit je drei Höfen, zwei Siedlungen mit je zwei Hofstellen und vier ein-
zelnen Höfen, so kommt man wieder bei angenommen 15 Angehörigen eines Hofes — vom Kleinkind bis
zum Altenteiler, einschließlich Mägde, Knechte und Schäfer — auf etwa 250 Einwohner (Kap. 3.8; 15).
Sieht man von einheitlich großen Hofstellen ab und rechnet nur mit einem oder zwei Großhöfen mit
25—30 Leuten und sonst mit kleineren, z. B. Haushalten von sieben Mitgliedern, erhält man mehr Hof-
stellen. Einige Dörfer waren etwas größer, und es gab zusätzlich einige einstellige Höfe, aber die Gesamt-
zahl bleibt unter der für das 17. Jh. bekannten oder für das 16. Jh. erschließbaren Anzahl der Hofstellen.
Das wiederum dürfte den Tatsachen entsprechen, da alle aus jüngerer Zeit bekannten Halbhöfe und na-
türlich auch die noch jüngeren Kötner- und Brinksitzer und Anbauerstellen abzurechnen sind. Nur die
großen Vollhöfe in den Dörfern sowie evtl, einige größere einstellige Höfe dürften der älteren Siedlungs-
schicht angehören. Genauere Aufschlüsse über die früh- und hochmittelalterliche Besiedlung des ,,Tots”
ließen sich durch gezielte archäologische Forschungen gewinnen. Eine ähnliche Auswertung, aber unter
besseren Vorausetzungen, da der ganze Friedhof des 8. —10. Jhs. bei Ketzendorf freigelegt werden konn-
te, legte inzwischen C. AHRENS vor (1978a, 330 f.; 1978b, 108 f.). Allgemeine Angaben und Hinweise zu
Bevölkerungsstatistiken nach Friedhofsbelegungen u. a. sind den Untersuchungen von SCHWIDETZKY
(1971; 1976; 1978) und RÖSING (1978) zu entnehmen.
5.2 Die jüngeren Gräber in- und außerhalb der Kirche {Abb. 14)
5.2.1 Vorbemerkung
Auf die sehr einheitlichen mittelalterlichen Särge folgen verschiedene Sargtypen, die, soweit sich erkennen
ließ, den sonst auch in Norddeutschland üblichen Formen gleichen. Bei einer Untersuchung von Fürsten-
särgen des 17. Jhs. und 18. Jhs. aus Zinn, Blei und Kupfer in Celle, Hamburg-Harburg, Lauenburg und
88