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Cosack, Erhard; Caselitz, Peter; Zippel, Dietrich [Bearb.]; Kullig, Claus-Günther [Bearb.]; König, Veronica [Bearb.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 26): Neue bronze- und eisenzeitliche Gräberfelder aus dem Regierungsbezirk Hannover — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.68708#0015
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geländes erheblich minimieren. Wägt man nun die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander
ab, dann läßt sich die Feststellung treffen, daß der wesentlichste Teil des Gräberfeldes wohl mit der
vorliegenden Untersuchung erfaßt worden ist. Dabei muß allerdings noch ein gewisser Substanz-
verlust durch die eisen- und neuzeitlichen Eingrabungen berücksichtigt werden. Bei der recht
weiträumigen Befundverteilung in der Grabungsfläche kann dieser aber nicht sehr groß gewesen
sein.
Insgesamt sind 40 Bestattungskomplexe geborgen bzw. untersucht worden (Abb. 5-9). Überwie-
gend handelt es sich um Urnengräber. Nur in 4 Fällen liegen Knochenlager vor (Abb. 4,1.11.13.24).
Die Toten sind offensichtlich nicht unmittelbar an der Beisetzungsstelle verbrannt worden. Dafür
spricht, daß die Grabgruben sich kaum oder nur undeutlich im gewachsenen Boden abhoben und
daher auch nicht mit den Scheiterhaufenrückständen verfüllt worden sind. Die Bestattungen fan-
den sich alle ohne Abdeckung im Boden. Nur in zwei Fällen lagen Scherben in den Urnen (Abb.
4,5.18), die nach ihrem Profil einer Deckschale zugeordnet werden müßten und durch den Erd-
druck in den Bereich der Gefäßmündung geraten sein können. Als außerordentlich dürftig muß der
Beigabenanteil eingestuft werden. Lediglich dreimal liegen Beigefäße in den Urnen (Abb.
4,21.32.38). Ein weiteres Mal fand sich ein Beigefäß und eine bronzene Nadel in einem Knochenla-
ger (Abb. 4,13). Wohl auch noch als Beigabe zu bewerten ist ein kleiner Bronzering, der sich an der
Außenwandung einer Urne (Abb. 4,18) befand. Alle Beigaben sind unversehrt und können daher
erst im Zuge der Beisetzung in die Gräber gelangt sein. Vereinzelt in den Bestattungen angetroffene
sekundär gebrannte Scherben (Abb. 4,13.27.29.33) können nur aus dem Scheiterhaufen stammen
und sind wohl eher unbeabsichtigt mit in die Bestattungen geraten. Sie deuten aber auch an, daß
Beigaben auf den Scheiterhaufen gegeben wurden.
Die in den Gräbern aufgefundenen Gegenstände vermitteln uns daher nur ein gänzlich unzurei-
chendes Bild von dem tatsächlichen Sachverhalt. Einige besonders hohe Leichenbrandgewichte
(Abb. 4,4-5.38) weisen mit ihren über 2000 Gramm auf gleichzeitig erfolgte Doppelbestattungen
(Abb. 4,20-21.27-28) hin, wobei die LTrnen jeweils in einer auffallend engen Position zueinander
angetroffen worden sind. Bei der zuerst genannten Gruppe orientierte sich die schwach erkenn-
bare Grabgrube nach der jeweiligen Kontur der Urnen. Dies macht eine gewisse zeitlich versetzte
Beisetzung wahrscheinlich. Gleichzeitig ergibt sich hieraus ein deutlicher Hinweis auf eine ur-
sprüngliche Kennzeichnung der Gräber. Der relativ große Abstand der Bestattungen zueinander
macht eine Überhügelung der Gräber am wahrscheinlichsten. Dieser Verdacht wird auch durch
die hier in Sarstedt ganz überraschend aufgetretenen Bestattungen mit den sie umgebenden
Schlüssellochgräben bestätigt (Abb. 4,32.38-39; 10b), die soweit nachweisbar alle mit Hügeln
versehen worden sind. Solche Bestattungsanlagen sind vorrangig in Nordwestdeutschland, den
angrenzenden Niederlanden sowie im Ems-Hunte-Lippe Gebiet verbreitet (Friederichs 1992,
Abb. 4). Das Gräberfeld Sarstedt ist gegenwärtig die südöstlichste Fundstelle dieser auffälligen
Erscheinung. Wie diese westliche Komponente kulturhistorisch zu interpretieren ist, läßt sich mit
dem vorliegenden Material nicht erschließen. Friederichs (1992, 110) sind gegenwärtig ca. 400
solcher Anlagen von 60 Fundplätzen bekannt, die er in die Jüngere Bronzezeit stellt. Diese Auf-
fassung hat sich auch durch die Arbeit von Verlinde (1987, 197) bestätigt. Weitere Hinweise zur
Datierung des Gräberfeldes Sarstedt ergeben sich aus dem archäologischen Fundstoff. So weist
die Keramik mit ihren überwiegend doppelkonischen Gefäßformen gleichfalls auf die Jüngere
Bronzezeit. Zu der im Knochenlager Kat.Nr. 13 aufgefundenen Bronzenadel mit profiliertem
Hals und breitem Kopf (Abb. 10c) findet sich eine exakte Parallele in dem reichen Brandgrab von
Winzlar, Ldkr. Nienburg, wenngleich diese aus Gold gefertigt ist (Voss 1972, 95). Die Bestattung
war in einem ungewöhnlich großen bronzenen Hängebecken deponiert, dessen Mündung von ei-
ner breiten Terrine verschlossen war. (Voss 1972, 85). Diese Form tritt auch mehrfach in Sarstedt
in Erscheinung. Voss (1972, 89) setzt den Fundkomplex wegen der Größe sowie der fortgeschrit-
tenen Entwicklung des Hängebeckens spät an und datiert ihn in die Stufe Hallstatt C 2. Dies
muß nicht unbedingt richtig sein, da er bei diesem Einzelstück vorrangig typologische Gesichts-

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