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Cosack, Erhard; Caselitz, Peter; Zippel, Dietrich [Bearb.]; Kullig, Claus-Günther [Bearb.]; König, Veronica [Bearb.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 26): Neue bronze- und eisenzeitliche Gräberfelder aus dem Regierungsbezirk Hannover — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.68708#0174
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9. Abschließende Bemerkungen
Eine Untersuchung der Eisenzeit, die auch das Gebiet des heutigen Regierungsbezirks Hannover in
sich einbezieht, liegt bis jetzt nicht vor. So hat Tackenberg (1934, 1) in seiner Studie zur Kultur
der frühen Eisenzeit in Mittel- und Westhannover die Mittelgebirgszone aus thematischen Gründen
zum großen Teil ausgeklammert und seine südliche Bearbeitungsgrenze auf die Linie Braun-
schweig, Hannover, Minden und Osnabrück gelegt. Nortmann (1983, 3) behandelt in seiner Unter-
suchung zur vorrömischen Eisenzeit nur das Gebiet zwischen unterer Weser und Ems, wobei er
noch den Landkreis Diepholz und den im heutigen Nienburg gelegenen Teil des Altkreises Graf-
schaft Hoya einbezieht. Tuitjer (1987, 2) greift aus dem archäologischen Fundbestand wiederum
nur die Nienburger Gruppe heraus, die er schwerpunktmäßig auf ihre Kontakte zum Hallstattkreis
untersucht. Sein Arbeitsgebiet erstreckt sich somit von der unteren Ems über die Weser bis in das
Braunschweiger Land und ist damit dem von Tackenberg gleichzusetzen. Darüber hinaus liegen
für das Gebiet des Regierungsbezirkes Hannover nur noch diverse kleinere Fundberichte bzw. Ma-
terialstudien (z. B. Bohnsack 1973) vor.
Zur allgemeinen Quellenlage weist nun Tuitjer (1987, 74) darauf hin, daß die Vorrömische Eisen-
zeit diejenige Epoche ist, die quantitativ am besten im Arbeitsgebiet vertreten ist, wobei im Landes-
museum Hannover über die Hälfte und im Museum Nienburg drei Viertel des Bestandes diesem
Zeitraum zugeordnet werden müßten. Auf die Deutung dieses Phänomens geht Tuitjer allerdings
nicht ein, so daß dazu einige Anmerkungen zu machen sind. Auf den ersten Blick könnte man
durchaus meinen, daß sich hinter den großen jungbronze-/eisenzeitlichen Fundmengen ein rascher
Bevölkerungsanstieg verbirgt, der dann auch ganz folgerichtig zu einem erhöhten Aufkommen an
archäologischer Hinterlassenschaft geführt hat. Dabei wird der Eindruck zunächst insofern ver-
stärkt, als ein erheblicher Anteil des vorliegenden Quellenmaterials Gräbern zugewiesen werden
muß. Diese Vermutung erweist sich aber schnell als unzutreffend, wenn man die die Jüngere Bron-
ze-/Eisenzeit einschließenden Zeitabschnitte mit in die Betrachtung einbezieht. Aus ihnen liegen
nämlich so wenige Bestattungen vor, daß damit noch nicht einmal der Ansatz für einen Bevölke-
rungsvergleich zu gewinnen ist. Die Gründe für diese quantitative Kopflastigkeit können sich damit
eigentlich nur aus dem archäologischen Quellenmaterial selbst ergeben. In der Tat ist dies auch der
Fall, wenn man bedenkt, daß im Neolithikum und in der Älteren Bronzezeit allgemein Körpergrä-
ber und während der Kaiserzeit offensichtlich überwiegend Scheiterhaufengräber mit Knochenla-
gern im Arbeitsgebiet üblich gewesen sind (Schroller 1933. Erdniss 1938. Schroller 1938. Sor-
sum, Ldkr. Hildesheim, in Vorbereitung, vgl. Abb. 1, Nr. 10).
Beide Bestattungsarten entziehen sich aber weitgehend der archäologischen Feldforschung, da sie
schwer auffindbar sind. So geben sich Körpergräber vielfach nur noch durch Beigaben zu erken-
nen, wobei die Grabgruben - zumindest in den Geestgebieten - oft in den gewachsenen Boden auf-
gegangen und dann bestenfalls schemenhaft wahrgenommen werden können. Dagegen sind die
kaiserzeitlichen Scheiterhaufengräber, sofern sie auf Äckern liegen, inzwischen wohl weitestgehend
ein Opfer des landwirtschaftlichen Maschineneinsatzes geworden. So ist es bezeichnend, daß in der
langjährigen Tätigkeit des Verfassers in der Denkmalpflege nur ein einziges spätlatene-/kaiserzeitli-
ches Brandgräberfeld aufgedeckt werden konnte. Dieses hat sich in der Nähe der Ortschaft Sor-
sum, Stadt Hildesheim (Abb. 1, Nr. 10) im Zuge der archäologischen Baubegleitung der Schnell-
bahntrasse von Hannover nach Würzburg gefunden. Seine Erhaltung verdankt es einzig der Über-
lagerung durch ein mächtigeres Kolluvium.
Ganz anders verhält es sich nun bei den jungbronze-/eisenzeitlichen Bestattungen. Hier dominiert
das Urnengrab, das mit seinem Tongefäß und den weiß kalzinierten widerstandsfähigen Leichen-
brand auch unschwer von Laien als Grabanlage erkannt werden kann und der Denkmalpflege ge-
meldet wird. Damit erklärt sich letztlich auch der auffällig große Anteil von jungbronze-/eisenzeitli-
chen Bestattungen im archäologischen Quellenmaterial. Die Auffindbarkeit solcher Grabanlagen
ist allerdings in einem ganz erheblichen Maße von der Bodenart abhängig. Dies wird auch bei der

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