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Kruse, Karl Bernhard; Brandorff, Helmut
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 27): Der Hildesheimer Dom: von der Kaiserkapelle und den Karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung 1945 : Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel 1988 bis 1999 — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 2000

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69498#0063
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Zu den jüngsten Eingriffen zählt das Ausheben der großen Grube (Bef.-Nr. 27) und das Wiederverfül-
len mit Bauschutt und Erde. In dem Bauschutt fand sich der schon beschriebene Gipsestrich, auffallend
viele Backsteinbruchstücke aus dem 16. bis 19. Jahrhundert und Keramikscherben vom 16. bis zum 20.
Jahrhundert. Da sich in der Verfüllung (Bef.-Nr. 10) auch Reste von Streckmetall, ein Bierflaschenver-
schluß aus Porzellan und Elektrokabelreste befanden (Abb. 36.3), muß der Fußboden in der Zeit nach
dem Kriege an dieser Stelle geöffnet und auch wieder verschlossen worden sein. Dies wird auch insofern
belegt, als sich eine Steinzeugscherbe aus der Grube mit einer Steinzeugscherbe aus der Baugrube (Bef.-
Nr. 23) zusammenkleben ließ. Ob hier im Kriege etwas versteckt war, konnte keiner der heute an der
Schule Beschäftigten mehr sagen. In die jüngste Zeit nach dem Kriege gehört auch eine Betonausbesse-
rung (Bef.-Nr. 17) in Fußbodenhöhe in der West- und Südmauer. Die Backsteinausflickungen im unte-
ren Bereich der Zugangsmauern (Bef.-Nr. 21), die das Kernmauerwerk (Bef.-Nr. 4) begradigt haben,
könnten ebenfalls zu einer Reparaturmaßnahme des 20. Jahrhunderts gehören.

2.6 Hi 18/98 Josephinum Schulhof Befundvorstellung
Im Jahr 1988 sollte auf dem kleinen Domhof in Hildesheim, der z. Zt. als Pausenhof des Gymnasiums
Josephinum (Abb. 39.1) genutzt wird, eine vom Sturm umgestürzte Linde durch eine neue ersetzt wer-
den. Da hierzu ein nicht zu unterschätzender Bodeneingriff notwendig war, bestand die Möglichkeit,
zusammen mit der Klasse lOe des Gymnasiums und ihrem Geschichtslehrer, Herrn Memmert, sowie
sechs Studenten der Universität Hannover, die ein praktisches Seminar im Rahmen ihrer Architekten-
ausbildung machen wollten, im Frühsommer eine dreiwöchige Notgrabung durchzuführen. Qualifizierte
Grabungsmitarbeiter wie auf der Grabung im Leunishof im Jahre 1992 standen wegen fehlender Finan-
zierungsmittel leider nicht zur Verfügung. Danken möchte ich in diesem Zusammenhang den Hildes-
heimer Baufirmen Kubera und Cord Ahrens, die mit der kostenlosen Überlassung von Baumaschinen,
Grabungsüberdachung und -absperrung einschließlich des Wiederverfüllens der Grabung diese Unter-
suchung erst ermöglicht haben.
Der im Pflasterbelag des Schulhofes ca. 6,0 x 3,0 m große Abschnitt liegt 3,0 m westlich der Verlänge-
rung der westlichen Querschiffmauer des Domes und der sich anschließenden Westmauer der Sakristei
sowie ca. 36,0 m südlich der heutigen Südseitenschiffmauer der gotischen Kapellenanbauten (Bei-
lage 1, 6). Die Oberkante des Pflasterbelages beim Grabungsschnitt liegt bei ca. +84,18 m ÜNN. Die ca.
18 m2 große Fläche konnte jedoch nicht vollständig bis in den gewachsenen Boden abgetieft werden, da
er wegen der vielen angeschnittenen Gruben nur an wenigen Stellen in 1,40 m Tiefe auf seiner unge-
störten Höhe von +8 2,78m ÜNN angetroffen wurde. Um auf eine aufwendige Aussteifung verzichten zu
können, mußten mehrere Profilvorsprünge eingehalten werden, die die Ausgrabungsfläche in der Tiefe
jeweils merklich verkleinerten (Abb. 40). Der tiefste Punkt der Grabung lag 3,20 m unter der Hof-
pflasterung am Boden der Ausbruchgrube (Bef.-Nr. 31) bei +80,98m ÜNN und wurde erst nach Gra-
bungsabschluß kurz vor dem Verfüllen in einem kleinen Suchgraben erfaßt (Abb. 38). Ein vollständiges
Ausheben der Verfüllung dieser Ausbruchgrube war weder zeitlich noch aus Gründen der Standsicher-
heit der Profilwände möglich.
Da kein ausgebildetes oder angelerntes Grabungspersonal zur Verfügung stand und die freiwillig im
Rahmen des Geschichtsprojektes arbeitenden Schüler nur am Nachmittag zur Verfügung standen, wurde
der Grabungsablauf so organisiert, daß die Architekturstudenten jeweils am Vormittag die Bereiche
dokumentierten, die von den Schülern am Nachmittag zuvor freigelegt worden waren. Zwei Architek-
turstudenten blieben jeweils eine Woche lang auf der Grabung, während die 25 Schüler der Klasse lOe
sich in fünf Gruppen aufgeteilt hatten, die am jeweils gleichen Wochentag dreimal die Freilegungsarbei-
ten in der Fläche durchführten. Soweit es bei diesen schwierigen Bedingungen überhaupt möglich war,
wurde nach dem Abtragen der obersten Auffüllungen mit Hilfe eines Baggers in natürlichen Schichten
gegraben und alle Funde getrennt geborgen.

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