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Kruse, Karl Bernhard; Brandorff, Helmut
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 27): Der Hildesheimer Dom: von der Kaiserkapelle und den Karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung 1945 : Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel 1988 bis 1999 — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 2000

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69498#0066
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Ziegelbruchstück, Hüttenlehm und eine kleine, sehr dünne Glasscherbe geborgen werden. Diese weni-
gen Funde zeigen nur an, daß im 9. und 10. Jahrhundert in unmittelbarer Umgebung Baumaßnahmen
durchgeführt worden sind, da auch einige, kleine Kalkstein- und Dachschieferbruchstücke geborgen wer-
den konnten.
Als erste Baumaßnahme konnte in diesem Grabungsabschnitt eine tiefe Grube festgestellt werden, deren
Ostgrenze parallel zum Querhaus des Domes geradlinig von Nord nach Süd verläuft. Diese Grube wurde
von der Oberkante des humosen Bodens (Bef.-Nr. 33) 0,85 m senkrecht abgetieft, um dann ca. 0,25 m
nach innen an der Grenze zum gewachsenen, gelben Lehm vorzuspringen (Abb. 39.3). Im Lehm ist die
Grube dann noch einmal ca. 1,0 m tief, im unteren Bereich wieder senkrecht abgetieft. Auf der West-
seite ist nur der untere Bereich der Grubenwand 0,50 m senkrecht stehend erhalten. Darüber ist der
Grubenrand in die Grube gedrückt worden, wobei der Lehm einen Riß bekam, der von oben mit locke-
rem, feinem Mörtel verfällt ist (Abb. 40.3). In der Fläche konnte daher eine von Norden nach Süden
sich verbreiternde Grube dokumentiert werden, deren östlicher Rand gerade und deren westlicher Rand
in einer Kurve verlief. An der schmalen Stelle war die Grube an der Sohle ca. 1,20 m breit, an der brei-
testen Stelle im Südprofil ca. 1,90 m. Unter der Voraussetzung, daß der westliche Grubenrand als Kreis-
segment angelegt worden ist, wie es die Grabungsdokumentation zeigt, kann man den Mittelpunkt und
den Kreisdurchmesser zeichnerisch ermitteln (Abb. 37). Der so rekonstruierte Kreis hat einen Durch-
messer von ca. 6,30 m. Verlängert man die ergrabene Ostkante auf beiden Seiten, ergibt sich mit der
rechtwinkligen Antragung des kleinsten Querschnittes des Fundamentes von ca. 1,30 m in der Verlän-
gerung des Mittelpunktes eine Fundamentgrube für eine Apsis, die außen ein Rechteck von 9,00 x
4,50 m, innen einen Halbkreis mit dem Radius von 3,20 m bildet (Abb. 113). In der Fundamentgrube
war kein einziger Stein mehr enthalten; sie war mit einer unteren, sehr stark verdichteten, dunklen
Schicht (Bef.-Nr. 29) und einer oberen, etwas helleren Schicht mit sehr viel Bauschutt (Bef.-Nr. 27) ver-
fällt. Aus den Verfüllschichten konnten Keramikscherben der Warengruppen 4 bis 8 (vgl. Beitrag Both,
Kap. 5.1), eine frühe, glasierte Scherbe mit Rollstempeldekor, ein Bruchstück eines Bernwardziegels
(vgl. Kap. 5.6) sowie Baumaterialreste wie Kalksteine, roter Dachschiefer, fester, weißer Mörtel und
Putzreste mit roter Bemalung geborgen werden. Dem gefundenen Bruchstück eines Bernwardziegels
zufolge kann die Verfüllung frühestens zur Amtszeit Bischof Bernwards von 993 bis 1022 in den Boden
gekommen sein.

Phase 2
Nach dem Verfüllen der älteren Grube (Bef.-Nr. 31) wurde durch die Verfüllungen (Bef.-Nr. 27, 29)
und von der natürlichen, humosen Oberfläche (Bef.-Nr. 35) im Westen eine zweite Grube ca. 1,00 m
tief ausgehoben. Diese ca. 1,00 m breite Grube (Bef.-Nr. 24, 26) muß etwas längere Zeit offen gestan-
den haben, denn es hat sich der braune Oberboden in die Grube eingeschwemmt (Bef.-Nr. 34). Auf der
eingeschwemmten, braunen Erde lag ein ca. 0,10 m starkes Band aus feinem, stark mörtelhaltigem Bau-
schutt, das eventuell noch der Rest der ehemaligen Fundamentmauer sein könnte oder erst nach dem
Abbruch bei der Verfüllung hierher kam. Funde gab es in dieser dünnen Schicht nicht. Zu dem nicht
mehr vorhanden Gebäude, das ehemals auf dem ausgebrochenen Fundament gestanden hat, gehört mit
großer Wahrscheinlichkeit der Bauhorizont (Bef.-Nr. 21) aus reinem gelben Lehm. Ein stratigraphischer
Beweis ist nicht vorhanden, da er nicht bis an die Ausbruchgrube heranzieht. In dieser Schicht (Bef.-
Nr. 21) lag Keramik der Warengruppen 4, 5, 7 und 8. In den Bauhorizont eingedrückt oder ihn unmit-
telbar überlagernd sitzt eine flache Grube mit Holzkohle (Bef.-Nr. 22), die von flachen Steinen (Bef.-
Nr. 20) eingefaßt ist, doch konnten auch im gelben Lehm des Bauhorizontes ähnliche Steine festgestellt
werden. Am westlichen Rand der Ausbruchgrube lag noch die Stickung für einen Mörtelestrich, der im
Profil auf dem humosen Boden (Bef.-Nr. 35) aufsaß, jedoch noch leicht auf die Verfüllung (Bef.-Nr. 24,
26) Übergriff. Da das Westprofil aus statischen Gründen leider nicht weiter zurückverlegt werden konn-
te, war die Untersuchung des weiteren Aufbaus und der Größe des Estrichunterbaus (Abb. 40.2) nicht
möglich.

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