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Kruse, Karl Bernhard; Brandorff, Helmut
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 27): Der Hildesheimer Dom: von der Kaiserkapelle und den Karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung 1945 : Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel 1988 bis 1999 — Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung, 2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69498#0358
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Arten der Tauschierung:
Tauschieren bedeutet im allgemeinen das (mechanische) Einlegen (Einarbeiten) von Edelmetall (-legie-
rungen) (meist Gold-, Silber-, Kupfer- oder Messingdrähte, -streifen oder -bleche) in oder auf Eisen-,
Kupfer- oder Bronzearbeiten:
1. Folientauschierung (Plattierung): Gold- oder Silberbleche werden mit den Kanten in Nuten oder flächig in vor-
geritzte/gepunzte Flächen eingedrückt, aufpoliert, genietet, gelötet oder geklebt.
2. Ornamenttauschierung (Plattierung): Eintreiben von vorgefertigten Platten in Ornamentgruben.
3. Relieftauschierung (Plattierung, Bandierung): Einbringen von vorgefertigten Metallornamenten oder Bändern, die
oft nach dem Einsetzen die endgültige Form erhielten.
4. Blechstreifentauschierung (Faden-, Flächen-, Flechtband-, Gitter-, Kreuz-, Linien-, Streifen- oder Wabentau-
schierung): bei frühmittelalterlichen Tauschierungen in Mitteleuropa ein tordierter und danach gerollter Streifen,
im wikingerzeitlichen Nordeuropa zwei miteinander verdrehte bichrome Streifen (Messing, Kupfer oder Silber)
eines dünnen Bleches, welches in vorgefertigte Nuten eingebracht wird.
5. Drahttauschierung: Geschmiedeter oder gezogener Draht wird in vorbehandelte Flächen eingetrieben oder aufge-
schlagen.
6. Schmelztauschierung (Löttauschierung): Einbringen von Metallspänen in Ornamente des Trägermaterials und
anschließendes Einbrennen oder -löten der Späne. Hierbei kann überschüssiges Lot ebenfalls Zierzwecke erfüllen.
7. Eingußtauschierung (Überfangguß, Aufguß): Metalle, Legierungen oder auch Erze/Erzgemische werden in vor-
geformte Vertiefungen eingegossen, und
8. Niellotauschierung: das Schwarzfärben (Niellieren, nigellum [lat.]) mit Hilfe einer schwarzen Mischung aus Silber,
Kupfer, Blei und Schwefel. Nach dem Einschmelzen und Polieren entsteht ein schwarzer Farbkontrast.
Welche der aufgezeigten Tauschiertechniken zutrifft, ist im Einzelfall zu prüfen und nicht immer ist eine
direkte Zuordnung möglich, da Mischformen auftreten können.
Beim Eüldesheimer Riemenverteiler, dessen Grundkörper, wie erwähnt, aus Eisen besteht, wurden Sil-
ber- und Kupferstreifen eingearbeitet, indem in dem Eisenkörper Vertiefungen eingebracht wurden, in
denen dann die Edelmetalle eingearbeitet worden sind. Bei dem Hildesheimer Fundstück handelt es sich
um eine Draht- oder Blechstreifentauschierung.
Abb. 5 zeigt diese Arbeitstechnik schematisch. Diese Technik erreichte zur Merowingerzeit, vor allem
im 5. bis 7. Jh. n. Chr., ihre Hochblüte (Menghin 1994). Die Abbildungen 6 und 7 verdeutlichen die
Blechstreifen- und Draht-Tauschierung des Hildesheimer Riemenverteilers. Selbst die Eindrück- bzw.
Schlagspuren des Einarbeitens des Edelmetalls sind noch erkennbar (Abb. 10). In Abb. 11 wird eine
zeichnerische Rekonstruktion des Hildesheimer Riemenverteilers vorgestellt.
Experimentelles und Methodisches
Um Riemenverteilerkörper und -niet gleichzeitig zu erfassen und um einen möglichst geringen Eingriff
in das Fundstück vorzunehmen, wurde der Riemenverteiler auf der Rückseite im Bereich eines der
beiden noch vorhandenen Eisenniete, manuell mit Schleifpapier verschiedener Körnung vorsichtig
und kleinflächig angeschliffen und poliert, um das Originalmetall freizulegen. Die Reste der Schleif-
und Polierpasten wurden gründlich mit deionisiertem Wasser und letztlich mit Alkohol entfernt, um
einer evtl, späteren Korrosion vorzubeugen. Da Bereiche der Edelmetalleinlagen auf der Schauseite mit
einem Schutzüberzug aus Perlitol 1260 versehen sind und kein Anschliff auf der Oberseite vorgenom-
men werden konnte, sind für die Analyse im REM Bereiche ohne erkennbaren Überzug ausgewählt wor-
den.
Proben, die mit Hilfe der Analyseneinrichtungen im REM analysiert werden sollen, müssen leitfähig sein
oder einen leitfähigen, fest anhaftenden Überzug erhalten. Da die Beschichtung mit einem leitfähigem
Überzug bei dem vorliegendem Fundstück nicht möglich ist, wurde der Messingkopf trotz der durch die
Messung hervorgerufenen Aufladungen aufgrund des Perlitol 1260-Überzuges, analysiert. Deswegen
sind die Daten als Richtwerte anzusehen, sie werden aber bezüglich der Hauptelemente durch eine Kon-
trollmessung von Herrn H. Fendel, Hannover gestützt.
Ein wesentlicher Teil der Untersuchungen erfolgte mikroskopisch auf der originalen (restaurierten) Vor-
derseite und an der angeschliffenen Stelle auf der Rückseite des Fundstücks. Die Ermittlung der analy-

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