Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heine, Hans-Wilhelm
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 28): Die ur- und frühgeschichtlichen Burgwälle im Regierungsbezirk Hannover — 2000

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.68709#0155
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lauf, der nur wenig oberhalb sö der Wallanlage aus dem
Untergrund herausquillt. Außer im W ist der Ringwall
von allen Seiten zugänglich, nimmt jedoch gegenüber der
Nord- und Ostseite eine leicht erhöhte Stellung ein. An
der Ostseite des großen Bacheinschnittes führt rampen-
artig ein alter Weg in den w Grabenzug.
Kern der Anlage ist ein ungleichmäßig gut erhaltener
Ringwall, dessen Höhe kaum 1,5 m überschreitet und be-
sonders im O Spuren späteren Steinraubes zeigt. Der
Durchmesser des Ovals beträgt 60 bis 65 m bei einem
Flächeninhalt von 0,31 ha. Vor der erhöhten, ca. 3,5 m
breiten Berme verläuft ein Spitzgraben von 6 bis 8 m
Breite und bis zu 3 m Tiefe. Im N und NO sind vier, im SO
eine weitere Erdbrücken vorhanden. Nach älterer Plan-
aufnahme (R. Weiss 1893) waren zwei der Erdbrücken
im 19. Jahrhundert noch nicht vorhanden. Der ringförmi-
ge Grabenzug im NW ist durch den rampenartigen Auf-
gang gestört. Teile des Grabens sind bei Anlage des Weg-
es zum Steinbruch s des Ringwalles zerstört worden. Zum
Steinbruch s der Befestigung gehört eine grabenartige
Vertiefung, die im SO vom Ringgraben abgeht. Entgegen
der Vermutung von Weiß ist keine Vorburg auszumachen.
Das Innere der Anlage, besonders im O, ist offensichtlich
durch neuzeitliche Aufwühlungen und einen das ö Drit-
tel abschneidenden Wall gestört.
Grabungen, Funde: Ausgrabungen nahm Sanitätsrat Dr.
Reinhard Weiss aus Bückeburg 1893 vor. Dabei traf er im
Wall ein Mauerwerk an, dessen Stärke mit 1,77 m im N
und 1,68 m an anderen Stellen angegeben wird. Im SO
war die Mauer mit 1,2 m Höhe am besten erhalten, wo-
bei Fundamentierungen bis zu 1,2 m unter dem gewach-
senen Boden festgestellt wurden. Das Mauerwerk war in
Zweischalentechnik aufgeführt. Für die Fronten wurden
behauene Bruchsandsteine verwendet, über deren Größe
nichts bekannt ist. Eine regelmäßige Schichtung war nur
an den Außenseiten zu erkennen gewesen. Als Bindemit-
tel diente ein mit Kalk angereicherter Lehm. Tordurch-
lässe ließen sich im N und S feststellen, jedoch keine
näheren Aufschlüsse über den Oberbau bzw. den Ver-
schluss der Tore selbst. Im N war die Torlücke ca. 8,5 m
und im S 7 m breit. Ca. 9 m w des Nordtores wurden Res-
te eines halbrunden aus der Ringmauer ragenden Baues
mit 1,2 m Radius freigelegt. Der in den gewachsenen Bo-
den eingetiefte Spitzgraben war auf der Sohle mit Stein-
platten befestigt. Funde: Vorhängeschloss mit röhrenarti-
gem Schlosskasten und Dorn vom Rande der Umwal-
lung. Verbleib: unbekannt.
Historische Bezüge: Das Heisterschlößchen liegt in der
Nähe des Hellweges und könnte somit als Wegekontrol-
le gedient haben. Andererseits dürfte ein Bezug als
Fluchtburg zu einer frühen adelig bestimmten Grund-
herrschaft bestanden haben. Die Vermutung von F. En-
gel, dass es sich beim Heisterschlößchen um die Burg der
vor 1124 genannten Herren von Riepen, den späteren
Grafen von Roden handelt, ließe sich nur durch datie-
rende Funde aus planmäßigen Grabungen erhärten.
Schon Weiss (danach Dobbertin) wies auf die Möglich-
keit hin, dass es sich um die 1395 von den Herzögen Hein-
rich und Bernhard von Braunschweig-Lüneburg gegen
die Grafen von Schaumburg errichtete Burg „ Fredenow“

handeln könnte, die zwischen Rodenberg und Stadthagen
zu suchen ist. Weiss erhob aber wegen der Bauweise
schon selber Bedenken gegen eine Spätdatierung. Der
Name der Burg sowie die beschriebene Lage (oberhalb
der Kerpsaue) lassen auf eine Niederungs- oder Niede-
rungsrandlage, vermutlich in der Gegend Horsten - Rie-
pen - Algesdorf im Bereich der B 65 (Hellweg) an der
Rodenberger Aue (Kerpsaue/Kaspau), schließen. Der
Bauart nach zu urteilen (so schon Weiss und Schuch-
hardt), gehört das Heisterschlößchen in das 9. bis 11. Jh.,
m. E. eher an das Ende dieses Zeitraumes.
Literatur: H. de Lerbeke, Chronicon Comitium Schaum-
burgensium. Ed. H. Meibomus. Frankfurt 1620, 44; 82. -
A. v. Oppermann, C. Schuchhardt, Atlas vorgeschicht-
licher Befestigungen in Niedersachsen. Hannover
1887-1916, 2; 9 f.; 86 f.; Bl. 59 B. - (R. Weiss), Das Hü-
nenschloß bei Bekedorf. Beilage zu Nr. 267 der Schaum-
burg-Lippischen Landeszeitung vom 12. November.
Bückeburg 1893.- R. Weiss, Das Hünenschloß am Heis-
terberg oberhalb Bekedorf. Bückeburg 1893. - K. Parisi-
us, Das ehemalige Amt Lauenau. Springe 21951, 8; 27 f.
Skizze 4. - H. Dobbertin, Zur Herkunft der Grafen von
Roden. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschich-
te 35,1963,195 mit Anm. 46. - F. Engel, Der Streit um die
Herkunft der Grafen von Roden aus Schaumburg.
Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 15(3), 1964,
89-95. - R. v. Uslar, Studien zu frühgeschichtlichen Be-
festigungen zwischen Nordsee und Alpen. Beihefte der
Bonner Jahrbücher 11. Köln, Graz 1964,109. - K. Wei-
demann, Frühmittelalterliche Befestigungen zwischen
Weser und Leine. Führer zu vor- und frühgschichtlichen
Denkmälern 4. Mainz 1966,48 f.;58.-H. Dobbertin, Der
Grenzverlauf auf dem Deister bei der Heisterburg und
Wirkesburg. Nachrichten aus Niedersachsens Urge-
schichte 38,1969, 90. - Handbuch der Historischen Stät-
ten, 2. Niedersachsen und Bremen. Stuttgart 41976, 38. -
H.-W. Heine, Das Heisterschlößchen bei Beckedorf, Kr.
Schaumburg. Nachrichten aus Niedersachsens Urge-
schichte 48, 1979, 245-253. - H.-W. Heine, Das Heis-
terschlößchen bei Beckedorf. Führer zu vor-und früh-
geschichtlichen Denkmälern 49. Mainz 1981, 156-158. -
H.-W. Heine, Der Ringwall ,Heisterschlößchen’ bei
Beckedorf. Schaumburger Heimat (Rinteln) 12, 1981,
55-58. - H.-W. Heine, Ringwall und Burg zwischen Mit-
telweser und Leine. Chateau Gaillard 11, 1982. Caen
1983,141; 150 Abb. 2. - H.-W. Heine, Ringwall und Burg
im mittleren Niedersachsen. Burgen und Schlösser
24,1983/1, 27-38, hier 30 f. Abb. - H.-W. Heine, Ur- und
frühgeschichtliche sowie mittelalterliche Wehranlagen.
In: Historisch-Landeskundliche Exkursionskarte für Nie-
dersachsen. Maßstab 1:50 000. Blatt Stadthagen. Erläute-
rungsheft. Veröffentlichungen des Instituts für Histori-
sche Landesforschung der Universität Göttingen 2,9. Hil-
desheim 1985, 54-56. - F.-W. Wulf, Archäologische
Denkmale im Landkreis Schaumburg. Berichte zur
Denkmalpflege in Niedersachsen 7(3), 1987, 92-95, hier
92. - F.-W. Wulf, Zur Inventarisation archäologischer
Baudenkmale im Landkreis Schaumburg. Schaumburg-
Lippische Mitteilungen 28,1988,19-34, hier 22. - H. Dob-
bertin, Rodener Grafenrechte im Wesergebiet. Heimat-
blätter Hessisch Oldendorf (Rinteln) 3,1988,32-46, hier
38; 41. - H. A. Lauer, Archäologische Wanderungen in

151
 
Annotationen