Zum Befundbestand
Aus der jüngeren und späten Römischen Kaiserzeit sind im
Untersuchungsgebiet bislang keine Körpergrabbefunde zu
verzeichnen.
Auch aus der anschließenden Völkerwanderungs- und Mero-
wingerzeit kennen wir mit derzeit insgesamt elf dokumentier-
ten Befunden erst wenige Körperbestattungen. Es handelt sich
dabei um neun Grabbefunde eines bei BEUCHTE entdeckten
Friedhofs, um eine Nachbestattung in einem vorgeschichtli-
chen Grabhügel bei KLEIN-VAHLBERG und um ein in der
Innenstadt von SCHÖNINGEN entdecktes Grab (s. Karte 24
und Katalog III, Nr. 53, 60 und 70).
Besonders die zwischen 1955 und 1960 entdeckten Körper-
gräber von BEUCHTE haben in der Literatur immer wieder
Erwähnung gefunden, aber weder das aus ihnen geborgene
merowingerzeitliche Fundmaterial noch die Beobachtungen
zum Grabbau und zur Bestattungsitte sind bislang vollständig
vorgelegt worden. Die für eine Beurteilung der Gräber not-
wendige Ansprache und Datierung der Funde und Diskussion
der Befunde in Kap. 14 basiert daher auf der im Katalog ver-
zeichneten Zusammenstellung aller bislang in Vorberichten
veröffentlichen Angaben und Beschreibungen zum Fundplatz
von BEUCHTE770.
Die in einem Grabhügel bei KLEIN-VAHLBERG angelegte
Nachbestattung ist 1907 bei der Ausgrabung des Tumulus
durch F. Fuhse entdeckt worden. Die Ergebnisse seiner Unter-
suchung hat Fuhse bereits 1908 publiziert. Anhand der ange-
troffenen Reste von Grabbeigaben datierte er die Nachbestat-
tung in das 6. Jh. n. Chr. Das Grab ist in der jüngeren Litera-
tur widersprüchlich beurteilt worden. R. Busch, der den
Befund 1979 zuletzt ausführlicher beschrieben hat, erschloß
aus Fuhses Beschreibungen und den überlieferten sowie den
wenigen noch vorhandenen Beigabenresten die Bestattung
eines Mannes von „herausragender sozialer Stellung", die er
dem 7. Jh. zuwies771. H.-J. Häßler hingegen, der das Grab in
einer Übersichtsarbeit zur Ur- und Frühgeschichte Nieder-
sachsens verzeichnet, hat die Bestattung dem 6. oder 7. Jh.
zugewiesen und als das Grab einer Frau beschrieben, die der
„örtlichen Oberschicht" angehörte und deren Sachgut „in das
thüringische Gebiet verweist".772
Die von Fuhse aus dem Grab geborgenen Beigabenreste, zu
denen u. a. Scherben eines Keramikgefäßes und Glasperlen,
aber auch vergoldete Riemenzungen und Preßblechbeschläge
gehörten, sind zwar heute fast alle verschollen, mit Hilfe alter
Fotografien ist es aber möglich, die verlorenen Objekte weit-
gehend zu identifizieren. Wie in Kap. 15 erläutert, läßt sich mit
einer Revision der Befundbeschreibung von Fuhse, einer
erneuten Sichtung und chronologischen Einordnung der er-
haltenen und durch Abbildungen überlieferten Beigabenreste
und durch eine anthropologische Untersuchung der noch er-
haltenen Skelettfragmente zeigen, daß die im Grabhügel von
KLEIN-VAHLBERG angelegte Nachbestattung nicht das
Grab eines Mannes, sondern das einer Frau war. Auch der Zeit-
punkt der Beisetzung läßt sich präzisieren: Die Tote dürfte
deutlich vor der Mitte des 7. Jhs. in der Zeit um 600 begraben
worden sein.
Das Körpergrab aus der Innenstadt von SCHÖNINGEN (70)
wurde in der von Süden auf den Marktplatz führenden Salz-
straße entdeckt (s. Karte 18). In Kap. 16.1 wird kurz seine zu
akzeptierende Datierung in das 5./6. Jh. und die kul-
turhistorische Beurteilung dieses Grabfundes nach B. Schmidt
referiert. Der Fundort des Grabes in der Schöninger Salz-
straße liegt in unmittelbarer Nähe spätkaiser- oder frühvöl-
kerwanderungszeitlicher Brandbestattungen (Brandbestat-
tungsplatz Nr. 28a, s. Katalog I und Kap. 2.3), die im Bereich
des Marktplatzes entdeckt worden sind. Am nördlichen Rand
des Marktes und damit in etwa 100-120 m Entfernung von der
Körperbestattung in der Salzstraße wurden 33 weitere Kör-
pergräber beobachtet (s. Karte 18)™. Diese Bestattungen, die
in Kap. 16.2 beschrieben werden, gehören zu einem Horizont
von Grabfunden des frühen Mittelalters aus dem Untersu-
chungsgebiet, die dem 8. oder 9. Jh. zugewiesen werden kön-
nen. Zahlreiche weitere Körpergräber dieser Zeitstellung sind
aus den in Katalog III unter der Nr. 50-52, 54-59, 61-69 und
71-74 verzeichneten Bestattungsplätzen bekannt (s. Karte
24). Zu diesen Bestattungen hat zuletzt J. Kleemann ausführ-
lich Stellung genommen774. Im Fall der Friedhöfe von
ATZUM (51) BRAUNSCHWEIG, GRONAU, HOHNSLE-
BEN, NETTLINGEN (61), NEU-BÜDDENSTEDT, OTH-
FRESEN (65), REMLINGEN, RÖSSING, SARSTEDT,
SCHÖPPENSTEDT, WERLABURGDORF und WOLT-
WIESCHE kann den Beurteilungen von Kleemann unein-
geschränkt gefolgt werden. Sie werden in Kap. 17.6 referiert.
Der zusammenfassenden Beschreibung der Befunde von
ANDERTEN (s. Kap. 17.1), HOLLE (s. Kap. 17.2), CLAU-
EN (s. Kap. 17.3), OFFLEBEN (s. Kap. 17.4) und QUERUM
(66) (s. Kap. 17.5) muß etwas mehr Platz eingeräumt werden,
da auf diesen Friedhöfen neben Körperbestattungen des
8. oder 9. Jhs. vermutlich auch ältere Körpergräber und Brand-
gräber nachweisbar sind oder weil, wie im Fall der Friedhöfe
von OFFLEBEN und CLAUEN, die von Kleemann ver-
zeichneten Beobachtungen zu ergänzen waren.
In Kap. 17.7 werden weitere bei BEIERSTEDT, HEDEPER,
OHRUM und WATZUM entdeckte Körpergrabfunde be-
schrieben, die bislang unpubliziert geblieben waren (s. Kata-
log III, Nr. 52,57, 64 und 72 sowie Karte 24). Sie können den
in Kap. 17.1 bis 17.6 behandelten Grabfunden in chro-
nologischer Hinsicht und bezüglich der geübten Bestat-
tungsitte zur Seite gestellt werden.
77° Die Grabungsdokumentation und die Funde selbst waren mir nicht
zugänglich; s. Katalog III, BEUCHTE, Anm. 11.
771 BUSCH 1976,42 ff.
772 HÄSSLER 1991, 317; 534f.
773 Gräberfeldplan bei RÖTTING 1983, Abb. 12.
774 KLEEMANN 1991; KLEEMANN 1992.
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Aus der jüngeren und späten Römischen Kaiserzeit sind im
Untersuchungsgebiet bislang keine Körpergrabbefunde zu
verzeichnen.
Auch aus der anschließenden Völkerwanderungs- und Mero-
wingerzeit kennen wir mit derzeit insgesamt elf dokumentier-
ten Befunden erst wenige Körperbestattungen. Es handelt sich
dabei um neun Grabbefunde eines bei BEUCHTE entdeckten
Friedhofs, um eine Nachbestattung in einem vorgeschichtli-
chen Grabhügel bei KLEIN-VAHLBERG und um ein in der
Innenstadt von SCHÖNINGEN entdecktes Grab (s. Karte 24
und Katalog III, Nr. 53, 60 und 70).
Besonders die zwischen 1955 und 1960 entdeckten Körper-
gräber von BEUCHTE haben in der Literatur immer wieder
Erwähnung gefunden, aber weder das aus ihnen geborgene
merowingerzeitliche Fundmaterial noch die Beobachtungen
zum Grabbau und zur Bestattungsitte sind bislang vollständig
vorgelegt worden. Die für eine Beurteilung der Gräber not-
wendige Ansprache und Datierung der Funde und Diskussion
der Befunde in Kap. 14 basiert daher auf der im Katalog ver-
zeichneten Zusammenstellung aller bislang in Vorberichten
veröffentlichen Angaben und Beschreibungen zum Fundplatz
von BEUCHTE770.
Die in einem Grabhügel bei KLEIN-VAHLBERG angelegte
Nachbestattung ist 1907 bei der Ausgrabung des Tumulus
durch F. Fuhse entdeckt worden. Die Ergebnisse seiner Unter-
suchung hat Fuhse bereits 1908 publiziert. Anhand der ange-
troffenen Reste von Grabbeigaben datierte er die Nachbestat-
tung in das 6. Jh. n. Chr. Das Grab ist in der jüngeren Litera-
tur widersprüchlich beurteilt worden. R. Busch, der den
Befund 1979 zuletzt ausführlicher beschrieben hat, erschloß
aus Fuhses Beschreibungen und den überlieferten sowie den
wenigen noch vorhandenen Beigabenresten die Bestattung
eines Mannes von „herausragender sozialer Stellung", die er
dem 7. Jh. zuwies771. H.-J. Häßler hingegen, der das Grab in
einer Übersichtsarbeit zur Ur- und Frühgeschichte Nieder-
sachsens verzeichnet, hat die Bestattung dem 6. oder 7. Jh.
zugewiesen und als das Grab einer Frau beschrieben, die der
„örtlichen Oberschicht" angehörte und deren Sachgut „in das
thüringische Gebiet verweist".772
Die von Fuhse aus dem Grab geborgenen Beigabenreste, zu
denen u. a. Scherben eines Keramikgefäßes und Glasperlen,
aber auch vergoldete Riemenzungen und Preßblechbeschläge
gehörten, sind zwar heute fast alle verschollen, mit Hilfe alter
Fotografien ist es aber möglich, die verlorenen Objekte weit-
gehend zu identifizieren. Wie in Kap. 15 erläutert, läßt sich mit
einer Revision der Befundbeschreibung von Fuhse, einer
erneuten Sichtung und chronologischen Einordnung der er-
haltenen und durch Abbildungen überlieferten Beigabenreste
und durch eine anthropologische Untersuchung der noch er-
haltenen Skelettfragmente zeigen, daß die im Grabhügel von
KLEIN-VAHLBERG angelegte Nachbestattung nicht das
Grab eines Mannes, sondern das einer Frau war. Auch der Zeit-
punkt der Beisetzung läßt sich präzisieren: Die Tote dürfte
deutlich vor der Mitte des 7. Jhs. in der Zeit um 600 begraben
worden sein.
Das Körpergrab aus der Innenstadt von SCHÖNINGEN (70)
wurde in der von Süden auf den Marktplatz führenden Salz-
straße entdeckt (s. Karte 18). In Kap. 16.1 wird kurz seine zu
akzeptierende Datierung in das 5./6. Jh. und die kul-
turhistorische Beurteilung dieses Grabfundes nach B. Schmidt
referiert. Der Fundort des Grabes in der Schöninger Salz-
straße liegt in unmittelbarer Nähe spätkaiser- oder frühvöl-
kerwanderungszeitlicher Brandbestattungen (Brandbestat-
tungsplatz Nr. 28a, s. Katalog I und Kap. 2.3), die im Bereich
des Marktplatzes entdeckt worden sind. Am nördlichen Rand
des Marktes und damit in etwa 100-120 m Entfernung von der
Körperbestattung in der Salzstraße wurden 33 weitere Kör-
pergräber beobachtet (s. Karte 18)™. Diese Bestattungen, die
in Kap. 16.2 beschrieben werden, gehören zu einem Horizont
von Grabfunden des frühen Mittelalters aus dem Untersu-
chungsgebiet, die dem 8. oder 9. Jh. zugewiesen werden kön-
nen. Zahlreiche weitere Körpergräber dieser Zeitstellung sind
aus den in Katalog III unter der Nr. 50-52, 54-59, 61-69 und
71-74 verzeichneten Bestattungsplätzen bekannt (s. Karte
24). Zu diesen Bestattungen hat zuletzt J. Kleemann ausführ-
lich Stellung genommen774. Im Fall der Friedhöfe von
ATZUM (51) BRAUNSCHWEIG, GRONAU, HOHNSLE-
BEN, NETTLINGEN (61), NEU-BÜDDENSTEDT, OTH-
FRESEN (65), REMLINGEN, RÖSSING, SARSTEDT,
SCHÖPPENSTEDT, WERLABURGDORF und WOLT-
WIESCHE kann den Beurteilungen von Kleemann unein-
geschränkt gefolgt werden. Sie werden in Kap. 17.6 referiert.
Der zusammenfassenden Beschreibung der Befunde von
ANDERTEN (s. Kap. 17.1), HOLLE (s. Kap. 17.2), CLAU-
EN (s. Kap. 17.3), OFFLEBEN (s. Kap. 17.4) und QUERUM
(66) (s. Kap. 17.5) muß etwas mehr Platz eingeräumt werden,
da auf diesen Friedhöfen neben Körperbestattungen des
8. oder 9. Jhs. vermutlich auch ältere Körpergräber und Brand-
gräber nachweisbar sind oder weil, wie im Fall der Friedhöfe
von OFFLEBEN und CLAUEN, die von Kleemann ver-
zeichneten Beobachtungen zu ergänzen waren.
In Kap. 17.7 werden weitere bei BEIERSTEDT, HEDEPER,
OHRUM und WATZUM entdeckte Körpergrabfunde be-
schrieben, die bislang unpubliziert geblieben waren (s. Kata-
log III, Nr. 52,57, 64 und 72 sowie Karte 24). Sie können den
in Kap. 17.1 bis 17.6 behandelten Grabfunden in chro-
nologischer Hinsicht und bezüglich der geübten Bestat-
tungsitte zur Seite gestellt werden.
77° Die Grabungsdokumentation und die Funde selbst waren mir nicht
zugänglich; s. Katalog III, BEUCHTE, Anm. 11.
771 BUSCH 1976,42 ff.
772 HÄSSLER 1991, 317; 534f.
773 Gräberfeldplan bei RÖTTING 1983, Abb. 12.
774 KLEEMANN 1991; KLEEMANN 1992.
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