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Ludowici, Babette
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 35): Frühgeschichtliche Grabfunde zwischen Harz und Aller: die Entwicklung der Bestattungssitten im südöstlichen Niedersachsen von der jüngeren römischen Kaiserzeit bis zur Karolingerzeit — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2005

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.68706#0125
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feld stammen sollen, sehr wahrscheinlich aus einer Sied-
lungsstelle geborgen worden sind971. Von dem nicht näher be-
zeichneten Fundort „nördlich von Königslutter" ist der Fund
von Fragmenten von „Situlen und Terrinen" überliefert. G.
Stelzer hat diese verschollenen Funde anhand von Zeichnun-
gen in die „beginnende ältere Kaiserzeit" datiert und vermu-
tet, daß sie von einem Bestattungsplatz stammen972. Belege für
dessen Existenz gibt es jedoch nicht.
Bei den Orten Hohenassel, Watenstedt, Helstorf, Querum und
Dettum verzeichnet Rötting Bestattungsplätze, von denen
Gräber sowohl der älteren als auch der jüngeren Römischen
Kaiserzeit vorliegen sollen. Im Fall von Hohenassel beruht der
Nachweis älterkaiserzeitlicher Grabbefunde jedoch allein auf
einer fragwürdigen Überlieferung von „Gefäßen mit Mäan-
dern",973 die aus „Todtenhügeln bei Hohenassel" stammen
sollen. Diese Keramik könnte auch der späten vorrömischen
Eisenzeit angehören. Ob mit den „Todtenhügeln" die Grab-
hügel des Bestattungsplatzes von HOHENASSEL (s. Katalog
I, Nr. 17) gemeint sind, läßt sich nicht rekonstruieren974.
Auch die Beurteilung der zwei von Rötting bei Watenstedt ver-
zeichneten älterkaiserzeitlichen Bestattungsplätze ist proble-
matisch. Aus der Umgebung von Watenstedt ist zum einen der
im Katalog I unter Nr. 33 verzeichnete Urnenfriedhof bekannt,
von dem aber nur frühestens C2- bis völkerwanderungs-
zeitliche Bestattungen nachweisbar sind. Die Existenz eines
weiteren „Urnenfeldes" zwischen den Ortschaften Watenstedt
und Beierstedt wird in der Literatur zwar erwähnt975, aber sehr
wahrscheinlich ist damit ein Urnenfriedhof der älteren vor-
römischen Eisenzeit gemeint976. Zwischen Watenstedt und
Beierstedt aufgelesene Einzelfundstücke könnten vielleicht
mit einer mutmaßlichen älterkaiserzeitlichen Nekropole in
Zusammenhang gebracht werden, sind aber nicht mehr näher
zu lokalisieren977. Die jüngste Bearbeitung des vor- und
frühgeschichtlichen Fundmaterials des fraglichen Fundplatzes
bei Querum (Katalog 1, Nr. 37) durch J. Weber ergab, daß
es dort auf dem sogenannten „Sandberg" zwar Brandgräber
der vorrömischen Eisenzeit gab, aber außer einer Reihe von
Keramikscherben, die dem 1. vor- oder dem 1. nachchristli-
chen Jahrhundert zuweisbar sind, keine Anhaltspunkte dafür,
daß dieser Bestattungsplatz tatsächlich über das 1. Jh. vor Chr.

971 Die Fundumstände sind nicht mehr sicher zu rekonstruieren, s.
STELZER 1956, 144 Nr. 73.

972 STELZER 1956,29.

973 THAERIGEN 1939,41.

974 Es könnte sich auch um ein zweites, in der Nähe unseres Bestat-
tungsplatzes gelegenes, vermutlich bronzezeitliches Grabhügelfeld
handeln; s. hierzu Katalog I.

975 Ein „Urnenfeld westlich von Beierstedt, nahe bei Watenstedt",
erwähnt Th. Voges, Die Ausgrabungen von Beierstedt, Zeitschrift
des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde, 27. Jahrgang,
1894, 586. Die dort nachfolgend gemachten Angaben („Im Schrei-
ben des ..." etc) beziehen sich auf das Gräberfeld am Druwenberg;
s. Katalog I, Nr. 33 (siehe hierzu auch H. V Strombeck, Zeitschrift
des historischen Vereins für Niedersachsen, Jg. 1864, Hannover
1865, 358 ff.).

976 Siehe Abb. 1 bei H. Lühmann, Die vor- und frühgeschichtlichen
Befestigungen auf dem Heeseberg (...). Mannus Ergänzungsband 5,
1927, 198 ff.

977 Es handelt sich dabei um eine Fibel (verschollen, Zeichnung in der

Ortsakte „Beierstedt", BLM-UFG) und das „Bruchstück eines römi-

schen Bronzegefäßes" aus der Flur „Draun"; s. Karte bei Lühmann

1927 (wie Anm. 976). Außerdem liegen aus der Gemarkung Beier-

stedt ohne weitere Ortsangaben zwei „römische" Glasperlen vor

(THAERIGEN 1939, Taf. 20, 7.10).

hinaus benutzt worden ist978. Als einziger Nachweis der bei
Dettum verzeichneten älterkaiserzeitlichen Grabfunde gelten
als Lesefunde geborgene Keramikscherben, die aber auch aus
einer Siedlung stammen können.979 Ein Beweis für die Exi-
stenz älterkaiserzeitlicher Grabbefunde läßt sich auch für Hel-
storf nicht erbringen.980
Auch im Fall von Holle verweist lediglich der Fund einer ein-
zelnen Fibel vom Gelände eines frühmittelalterlichen Körper-
bestattungsplatzes (Katalog III, Nr. 59) auf die mögliche Exis-
tenz eines älterkaiserzeitlichen Friedhofes981. Ein im Bereich
der Körpergräber dokumentiertes Brandgrubengrab, das als
älterkaiserzeitlich erachtet worden ist, enthält keine da-
tierbaren Objekte982.
Die Funde und Befunde des 1950 bis 1952 bei Gielde auf dem
„Eichberg" untersuchten Brandbestattungsplatz sind bislang
noch nicht aufgearbeitet. Als Stand der Forschung zur Datie-
rung dieses Fundplatzes muß die von F. Niquet getroffene
Feststellung gelten, daß dieser Friedhof„aus den Jahrhunder-
ten vor und nach Christi Geburt" stammt983.
Bei UHRY (Katalog 1, Nr. 31) ist eine unbekannte Zahl von
Leichenbrandbeisetzungen in Keramikgefäßen geborgen wor-
den, die dem ersten vor- oder ersten nachchristlichen Jahr-
hundert zugewiesen werden984.
Die Existenz des bei Rhode angeführten älterkaiserzeitlichen
Bestattungsplatzes ist gleichfalls nicht sicher zu belegen. Als
einziges Indiz für sein Vorhandensein wird ein 1897 ge-
fundener römischer Bronzeeimer angeführt, der ein „zusam-
mengebogenes Eisenschwert", eine eiserne Lanzenspitze und
zwei eiserne Fibeln enthalten haben soll. Die Funde sind mitt-
lerweile verschollen, von einer der Fibeln sind jedoch Zeich-
nungen erhalten. Dieser Abbildung zufolge handelt es sich um
eine spätlatenezeitliche Form985.
Lediglich im Fall der Fundorte Bemerode, Wehmingen und
Dörnten sind älterkaiserzeitliche Brandbestattungen sicher
nachweisbar. Bei den bei Bemerode erwähnten Bestattungen
handelt es sich um eine Leichenbrandbeisetzung in einem
Keramikgefäß und ein „Leichenbrandlager". Aus einem die-
ser beiden Befunde wurde eine älterkaiserzeitliche Fibel
geborgen, die 0. Almgren der Hauptserie seiner Gruppe III /
Fig. 45 zugewiesen hat986. Bei Wehmingen fanden sich 1857
„unter einem Hügel" durch Brandeinwirkung zerstörte Reste
von römischen Bronzegefäßen, die aus einer in die Stufe Bl

978 Vgl. Katalog und WEBER 1990.
979 STELZER 1956,22.
980 S. hierzu S. Schütte, Funde der vorrömischen Eisenzeit und der
Römischen Kaiserzeit aus Helstorf, Kr. Neustadt am Rübenberge.
Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 42, 1973, 255 ff.
981 Bei der Fibel handelt es sich um eine wohl Bl-zeitliche eingliedrige
Armbrustfibel mit breitem Fuß (Gruppe 1/12 oder 13 nach Alm-
gren); zur Datierung solcher Formen s. COSACK 1979, 23 ff., 28.
982 SCHROLLER 1938.
983 F. Niquet, Die Gemarkung Gielde als siedlungsarchäologische For-
schungsaufgabe. Sitzungsberichte und Mitteilungen der Braun-
schweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 1, 1979, 11.
984 S. Katalog I, Nr. 31 und Kap. 2.3.
985 S. R. Busch, Der Eimer von Rhode. In: R. Busch et al., Römische
Funde aus Ostniedersachsen. Veröffentlichungen des Braunschwei-
gischen Landesmuseums 20, 1982,37.
986 ALMGREN 1923, 146; die Form des Keramikgefaßes ist nicht über-
liefert; s. auch C. Hostmann, Der Urnenfriedhof bei Darzau, Prov.
Hannover. 1874,61, Anm. 2.

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