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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 212
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0863
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Xo. 212.

Donnerstag den 8. Septbr.

1842.

Landtagsvcrhandlungcn.
Earlsruhe, 27. August. 50. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Bekk. — Regierungskommiffion: Staatsrath Frhr. v. Rüdt, Mnistcrialrath v.
Warschall.
Math- übergibt eine mit einer Denkschrift begleitete Eingabe des Konrad
Lohr, welche de» Zweck hat, die Aufmerksamkeit der Kammer und der deutschen
Regierungen auf die Auswanderungen nach Nordamerika zu lenken, besonders um
die in der Union zerstreuten deutschen Männer, welche sich um ihr altes deutsches
Vaterland, um die vaterländische Literatur, Wissenschaft, Kunst und höhere germa-
nische Bildung bekümmern, durch ein wissenschaftliches Baud zu vereinen, und zu
diesen: Zwecke die Errichtung einer deutschen Universität in der Union zu befördern.
Wagner übergibt eine Petition sämmtlichcr Mehlhändlcr in Freiburg, den Mehl-
bandel betreffend.
Biffina erklärt, dag ihm von verschiedenen Seiten glaubwürdig «»gezeigt
wurde, daß sich ein Mitglied dieser Kammer in öffentlicher Gesellschaft Ausdrücke
erlaubt habe, welche die Ehre und Würde des Hauses tief verletzen. Er stellt deß-
halb den Antrag, nach dem Schluß der öffentlichen Sitzung über diesen Gegen-
stand eine geheime anmbcraumen.
Hecker und andere Mitglieder unterstützen diesen Antrag.
Junghanns berichtet über die Motion des Abg. von Jtzstein die Abänderung
dos §. i; des ZehntgeseßeS betreffend. Der Antrag geht dahin, in einer Adresse
um einen, wo möglich noch der diesiahrigen Stänveversammlung vorzulegcnden
Gesetzentwurf zur Verlängerung dts Termins für die Verzinsung des Staatsbei-
trags bis 1. Januar l817 zu bitten. Der Bericht wird gedruckt und vcrtheilt
werden.
Hclbing übergibt den Bericht der Zollkommission über Weinhandel und Pro-
duktion in Bezug auf deren gegenwärtige gedrückte Lage zum Druck.
Der Antrag lautet: Die Kammer wolle die Bitte an die hohe Regierung
Klangen lassen: 1) Bei dem gegenwärtigen versammelten Zollkougreß diejenigen
Schritte zu thun, welche nöthig sind, um die in dem Berichte bezcichneten, aus den
Bestimmungen der Zollgesetzgebung entspringenden Rochtheilc für unseren Wein-
Handel zu beseitigen; besonders aber dahin zu wirken, daß von fremdem Wein au»
psk den, Einzangszoll auch die Consumtionssteucrn erhoben werden, denen der in-
ländische Wein unterliegt, welche Steuer alSdaun demjenigen Staat zu gut kom-
men wls, wo der Verbrauch stattsindct. 2) Die Nachthcile zu entfernen, welche
aus dem Mangel an wohlfeilen Transportmitteln und auS der allzu hohen und
unzweckmäßigen Besteuerung des Weins für die Weinkonsumtion und den Wein-
verkehr erwachsen. 3) Die Petition der Gemeinde Grcnzach nach Thunlichkcit zu
berücksichtigen.
Die Diskussion über das außerordentliche Budget wird fortgesetzt.

Carl Sr »he, 30. August. 51. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer.
Präsident Bekk: Rcgirrungskommisfion.- Ministerialrat!) v. Marschall; spater Fl-
u-anzminister v. Böckh und Geh. Nef. Eichrodt; zuletzt: StaatSr. Frhr. v. Nudt.
Folgende Petitionen werden übergeben vom Sekretariate: 1) Eine Peti-
tion des Frhrm v Drais, die Beurkundung der Endurthcile aller Richter für dau-
ernde Ocffentlichkeit; 2) eine Petition der Mctzgerzunft dcS Amtsbezirks Mütthenn,
die Verwandlung per Fleischaccisc in Aversen bctr.; 3) eine Petition des AlvtS
Grimm von Untcrncudorf, Amtsbezirks Buchen, die Bürgerrcchtsvcrbältiiissc der
Kinder der Staatsdiener betr.; 1) eine Petition des Andreas Frei auf dem Ram-
bos, Landamtsbczirks Fcciburg, Beiträge zu den Bedürfnissen der Gemeindeburger
betr.; 5) eine Erklärung der Bürgermeister in Wittlekofcn, Faulenfurst, Schwarz-
walven, die Verunglimpfung des Amtmanns v. Reuchlin in Vonndorf bet. Vom
Abg. Bissing: 0 eine Petition der Gemeinden Rohrbach »nd Landshausen, Auf-
nahme der Straße von Bruchsal über Odenheim re. nach Eppingcn in den Stra-
ßenverband betr.: 2) eine Petition der Gemeinden Odcnheim und Zeuthern, Aus-
nahme der Straße von Bruchsal über Zeuthern und Odcnhcim nach Eppingen In
den Straßcuvcrband betr. Vom Abg. v. Jtzstein eine Petition des WalvhuterS
Birs und Consorten, in Wiesloch, rückständige Anzeigegebühren von 1827 bis 183L
betr. Vom Abg. Welte zwei Petitionen des Handelsstandes in Villingen, 1) Be-
schränkung des Hausirhandcls, und 2) Aufhebung des Hausirhandels betr. Vom
Abg. Baum eine Dankadresse von 600 Bürger der Stadt Lahr, worin dieselben
der Kammer ihre Hochachtung und Anerkennung ihres Wirkens darbringcn und er-
klären, daß diese Adrcff den Ausdruck der innersten Uebcrzeugung einer freisinnigen,
die wahren Forderungen der Zeit begreifenden und nach gesetzlicher Freiheit streben-
den Bürgerschaft sei.
Lciblein berichtet über die Eingabe der fiirstcnbergischen Gemeinden des Am-
tes Haslach, um Gleichstellung mit den übrigen Staatsbürgern in Betreff der
Nachsteuer. Da die Standesherren im Besitz sind, und ihnen das Recht ohne voll-
mundige Entschädigung nicht entzogen werden kann, so fragt cS sich, ob der Staat
bte Berechtigten zu entschädigen habe. Die Komimssion schlägt daher vor, die Pe-

tition dem Staatsminisicrium zur nähern Prüfung und thunlichstcn Berücksichtigung
empfehlend zu überweisen.
Der Antrag Kommission wird einstimmig angenommen.
Fortsetzung der Diskussion über das außerordentlichen Budget.

Carlsruhe, 3l. Aug. 52. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. — Präsident:
Bekk. Regierungskommission: StaatSrath Frhr. von Rüdt, Ministerialrath von
Marschall.
Folgende Petitionen werden übergeben: vom Sckretäriat: eine Petition
des Nikolaus Konrad von Sulzbach, Amtsbezirks Mosbach, Rechtsstreit betreffend.
Vom Abg. Platz: eine Petition dcS vormaligen. Gendarmerie-Brigadiers Friedrich
HaaS von Wertheim, Wiederanstellung betreffend. Vom Abg. Gottschalk: eine
Petition der Gemeinden Eichen, Wehr und Oeffingen, eine Verbindungsstraße
zwischen dem Wiesen- und Rheinthale über Wehr betreffend.
StaatSrath Frhr. v. Rüdt eröffnet, daß Seine Königliche Hoheit der Groß-
Herzog den Schluß des Landtags noch zu verschieben geruht haben, da ungeachtet
der angestrengten Thätigkeit beider Kammern «die Geschäfte nicht vollendet werden
konnten, und inzwichen auch neue Vorlagen nöthig geworden sind.
Die Tagesordnung führt zur Diskussion des Berichtes deS Abg. Bader über
den Eiscnbahnbau.
Bassermann glaubt, daß man die bedeutenden Summen, welche das Kpa-
nisiren kostet, ersparen könnte, wenn man von der Erfindung des v>. Bouchcrie
Gebrauch machte, die denselben Zweck erreicht, indem man die Stämme, wenn sie
noch lebenskräftig sind, an der Wurzel durchsägt und sie mit Holzessig umgibt, der
dann durch die noch inwohnende Lebenskraft bis in den höchsten Wipfel aufgesogen
wird. Die französische Akademie hat diese Erfindung als eine der wichtigsten be-
zeichnet und die französische Regierung wendet dieselbe bereits an; auch in Belgien
werden Versuche gemacht und cs wäre zweckmäßig, wenn auch bei uns darauf
Rücksicht genommen würde.
Ministerialrath v. Marschall entgegnet, daß die Negierung auf alle diese
Erfindungen aufmerksam sei; außer der erwähnten habe mau auch eine andere be-
achtet, iiber das Dnrchdringen des Holzes mit Kreosot, welches in England ange-
wendct werde. Zur Ersparung des theucrn Khan werden jetzt nur noch die Qner-
schwellen und nicht mehr die Langschwellen kpanisirt.
Possclt. Beide Mittel sind so ziemlich das nämliche. Ein anderes Mittel,
welches ein bei dem Bahnbau in Heidelberg beschäftigter Techniker aufgefundcn, be-
steht darin, in das lustdicht in Behälter verschlossene Holz stark erpandirte Waffcr-
dämpfe cinzulaffcn und dadurch den Ertraktivstoff auszulaugcn, so daß nur die reine
Holzfaser übrig bleibt, welche der Fäulniß gut widersteht.
Bo gelmann. Die Forstdomäncndirektion hat über daö Verfahren des vr.
Boucherie Versuche anstelle!! lassen, und wird die Ergebnisse bekannt machen.
Bassermann freut sich, daß man Versuche anstellt; inan möge nun auch
Versuche mit der Flüssigkeit machen, die nach vr. Boucherie gegen Feuergefahr
schützen soll. Dies könnte einen Ungeheuern Vorthcil gewähren.
Bissing. Es ist doch wohl eine ausgemachte Sache, daß die ganze Eisen-
bahnstrccke von Frankfurt bis zur Schwcizcrgränze ohne alle Unterbrechung alsein
Ganzes dem Verkehr geöffnet werden muß. Um dieses zu erreichen, ist vor Allem
nöthig, daß auf der ganzen Strecke eine und dieselbe Breite des Geleises vorhan-
den ist. Wie bekannt, hat indessen unsere badische Bahn ein um Fuß breiteres
Geleise, als alle übrigen in Deutschland; würde nun die hessische Bahn von Frank-
furt bis zur Einmündung in die badische Bahn ein engeres Geleise erhalten, l»
würden die größten Unbequemlichkeiten im Verkehr eintrcten, es müßten besondere
Bahnhöfe errichtet, cs müßte besonders auf- und abgcpackt werden und in strategi-
scher Hinsicht würde gleichfalls eine große^ Jnconvcnienz herbcigeführt. Ich glaube
voraussetzen zu dürfen, daß die hohe Regierung nur unter der Bedingung in die
Fortsetzung der Bahn nach Hessen cinwillige, wenn eine und Dieselbe Breite des
Geleises bis Frankfurt hcrgcstellt wird.
Ministcrialr. v. Mar sch all. Dies ist in einer eigenen Bertragsbestimmung,
enthalten; wünschenswcrth wäre allerdings, daß sich auf allen deutschen Dahnen eine
gleiche Spurweite finde; allein unbedingt nothwcndig ist cs nicht. Die badische
Spurweite sei übrigens die zweckmäßigste, während die and-wn für ungenügend er-
achtet werden; er hofft daher, daß unsere Spurweite sich mehr und mehr in Deutsch-
land verbreiten werde.
Baum. Während des kurzen Zeitraums, den ich in diesem Hause zuzubriit-
gen die Ehre habe, hörte ich bei verschiedenen Gelegenheiten den einen oder ander»
Redner zu Gunsten seiner Vaterstadt oder seines Wahlbezirkes sprechen; ich muß
heute dasselbe thun. Glauben Sie mir aber fest, cS geschieht nur, weil ich die
innige Ueberzcugung habe, daß hier das Wohl des Landes mit dem meiner Vater-
stadt Hand in Hand geht; ich will nämlich die hohe Kammer bitten, sich dahin
auszusprcchen, daß die Eisenbahn bei ihrer Fortsetzung von Offenburg nach Freiburz
über Lahr geführt werde. Was den Weg selbst anlangt, so ist jetzt die Bahn aus»
gesteckt in gerader Richtung von Oberschopfheim oder Fricsenheiin durch Dinglingcn

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