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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 212
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0864

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862

nach Ringsheim rc., so vast ein StatiovSplatz Nach Dinglingen käme. Von diesem
Platz aus ist eine Seirenbabn projektiri nach Lahr. Wenn meine Bitte in Erwä-
gung gezogen wirv, so sind zwei Richtungen möglich. Die eine liefe von Ober-
schopfheim weg durch die Thälchen einiger angeschwcmmten Ervlager in gerader,
ganz kurzer Linie nach Lahr unv von da ohne irgend eine Schwierigkeit zwischen
Mietersheim und Dinglingen hindurch nach Ringsheim. Ob diese Linie schon ge-
hörig ermittelt und gemessen ist, kann ich nicht angeben, es wäre jedenfalls, wenn
sie ausführbar ist, die kürzeste. Die andere Linie wäre, unter ungefährer Beibe-
haltung der bereits vermessenen, folgende: man würde von griesenheim aus etwas
näher rheinwarts bis zur Schaller'schen Mühle in Dinglingen in gerader Richtung
fahren, aber so, daß die Bahn unterhalb dieser Mühle, zum Thcil um den Bogen
weiter zu sprengen, znm Thcil weil besser unterhalb als oberhalb eines Wasserwer-
kes gebaut wirb, südlich von Dinglingen nach Lahr einbiegen und dann in gerader
Linie bis dahin gelangen. Auf derselben Bahn würde man wieder bis beinahe nach
Dinglingen herausfahren und sodann in gerader Linie landauf nach Ringsheim
bauen. Welche von beiden Linien den Vorzug verdient, vermag ich nicht zu un-
terscheiden. Jedenfalls ist bei der zuletzt genannten durchaus kein technisches Hin-
derniß vorhanden. Darüber haben sich schon mehrere Techaniker bestimmt ausge-
sprochen. Meine Herren, die städtischen Behörden haben deshalb schon eine Petition
bei der großhcrzogl. Wasser- und Straßenbaudirection und der Lahrer Handelsstand
eine solche bei dem großh. Ministerium des Innern eingereicht; es scheint aber, da
weder in der Regierungsvorlage, noch in dem Ko,»missionsbericht davon Erwäh-
nung geschah, vielleicht aus inner» Gründen keine Rücksicht darauf genommen wor-
den zu sein. So viel kann ich übrigens nochmals bestimmt versichern, daß der
Ausführung meines zu stellenden Antrags kein technisches Hinberniß im Wege steht.
— Man ist bei Bestimmung der Richtung der Bahn durch's ganze Land vielfach
von den frühern Ansichten abgegangen. Ich will nur daran erinnern, daß man
die Bahn näher an's Gedirg legte, daß Bruchsal und Durlach (von Heidelberg
nicht zu sprechen) direct damit in Verbindung stehen, daß man den Umweg nach
Ettlingen beliebte und anstatt in der Niederung zu bleiben, nach Freiburg bauen
will, endlich daß man nun der Richtung nach Lörrach Len Vorzug gibt. Gegen
alle diese Abänderungen früherer Ansichten habe ich nicht das Geringste zu bemer-
ken, im Eegentheil, ich freue mich darüber, daß diese Städte mit der Bahn in
Verbindung gesetzt wurden und werben, es soll mir dieß Bürge dafür sein, daß
,nau ebenfalls auf Lahr Rücksicht nehmen wird, besonders wenn der Kostenpunkt,
was ich später ausführcn werde, ganz unbedeutend ist. Meine Herren! Sie ken-
nen den mcrkantilischcn Werth von Lahr zu gut, als daß ich Ihnen hierüber nä-
here Erläuterungen zu geben nöthig hätte. Bedenken Sie die Ein- und Ausfuhr
unserer Taback- unr Cichorienfabrikcn, unserer Band-, Cartonnage- und Siamois-
sabriken, und wie diese Institute alle heißen. Bedenken Sie aber ferner, um, was
weniger bekannt ist, nur von einem Industriezweig, der Leinenweberei zu reden,
daß jedes Jahr 60,000 Centncr zum Thcil selbst fadrizlrte, zum Thcil im Schut-
tertbale aufgekauftc Leinwand ausgeführt wirv und Sie können sich einen Begriff
davon machen, daß es nicht allein für unsere Stadt, sondern namentlich für den
Staat als Eisenbahn-Entrepreneur von Wichtigkeit sein muß, die Eisenbahn über
Lahr zu führen. Was nun den Kostenpunkt anlangt, so müssen wir zuerst das
aussühren, was, wenn Lahr nicht berührt wird, aufgcwenvct werden muß, und de-
sonders auch die Kosten der bereits ausgestellten Seiienbahn in's Auge fassen. Es
muß gebaut werden: 1) Die Strecke von Dinglingen nach Mietersheim. 2) Die
Strecke der Seltendahn nach Lahr. 3) Ein Stationshof in Dinglingen. 4) Ein
solcher in Lahr, weil doch gewiß eine Post in Lahr bleiben muß, selbst wenn auch
die Post in Dinglingen nicht ciugeh!. Es bleibt also jedenfalls der Schienenweg
von Dinglingen nach Lahr, welchen man beim Herausfahren aus Lahr wieder bei-
nabe vollständig benutzen kann. Der Weg von Dinglingen nach Mietersheim fällt
weg, dagegen wird diese Strecke an dem Ende der von Lahr kommenden Bahn an-
gebracht werden bis Mietersheim, so daß durchaus nicht mehr Terrain angeschafft
werden muß, als im andern Falle. Ferner fällt die Post und der StationShof in
Dinglingen ganz weg; diese Kosten werden gespart; die Wasserbauten »der den
Schüiterfluß bei Dinglingen sind wohlfeiler, weil sie unterhalb dem Mühiwerk an-
zubringen wären, während sie im andern Falle oberhalb dieser Mühle placirt wür«
den, was beim Eisgang besonders z» berücksichtigen ist. Aber selbst wenn denn
Lahr ganz von dem Verkehr abgeschmitcn werden und nicht einmal eine Sciien-
bahn erhalten sollte, so machen die Kosten des Führens der Hauptbahn nach Lahr
höchstens 100 — 150,000 fl. mehr aus, als wenn die Bahn gerade in's Oberland
fuhrt ohne Verbindung mit Lahr. Ich frage Sie, meine Herren, was ist dieß für
eine unbedeutende Summe, wenn man die Gesammikosten von 16 18 Millionen
bedenkt? Ich srage aber noch weiter, was kostet die Bahn mehr, um dieselbe nä-
her an Bruchsal vorbei zu führen, um dieselbe nach Ettlingen zu bauen? Wissen
Sie wohl, daß, wenn man die Eisenbahn nicht nach Freiburg führen, sondern in
der Niederung bDibcn wollte, die Kosten derselben nach der Berechnung des Co-
mcrzicnrathcs Newhouse in Mannheim drei Millionen weniger betrügen? Wenden
wir nicht wegen Lörrach 660,00V fl. auf? Ich frage Sie, meine Herren, wäre es
billig und gerecht, die Stadt Lahr ganz stiefmütterlich zu behandeln? Bedenken
Sie ferner, daß unter allen Städten des Landes, Lahr, nächst Pforzheim und
Mannheim, nicht vcrhältnißmäßig, sondern der Summe nach die meiste» direkten
und indirekten Steuern bezahlt, daß cs also an dem Mehraufwand für Freil-urg
mehr bezahlen muß, als Frciburg selbst, und an dem Mehraufwand für Lörrach
Ulehr als Lörrach selbst u. s. w., daß cs also an einem für Lahr angewendeten
Mehraufwand gewiß seinen ordentlichen Antheii beitragt. (Forts, folgt.)
Carlsruhe, 3. September, zg. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Bekk. Regicrungskommisslon: Finanz,„inister von Böckh, Ministcrialraih Ziegler.
Folgende Petitionen werden übergeben: vom Sekretariate: eine Petition des
Buchdruckers F. Hollinger in Großlaufcnburg, die von der Großh. Bad. Regierung
ergriffenen Unierdrückungsmaßregeln gegen die in seinem Verlage erschienene Zeit-
schrift: »der Rheinboie.» Vom Abg. Hundt: «ine Petition des Georg Erbrich,
angeblich Namens der Bürger zu Schottenhofcn u. Lindach, Amtsbezirkes Gegen-
bach, Abänderung des Gcmeindcverbands nnt Nordrach. Welcker übergibt eine
Petition der Gemeinden Ewattingen und Bonndorf für die Herstellung einer Ber-
hiiidungsstraße zwischen Hüfingen und Bonndorf. Sodann eine Dankadresse an die

zweite Kammer von einer Anzahl treukonstitutionellgesinnter Wahlmänne- >,nd «Ka-
ger der Stadt und des Wahlbezirks Sinsheim. Er bemerkt dazu, von der Eina
dieser achtbaren Bürger etwas Weiteres hinzuzusetzcn, Ziemt mir nicht da mich,,,««
Eingabe namentlich erwähnt. Er übergibt ferner etne Dankadresse
Freidurgö und der Umgegend und bemerkt dazu: diese Dankadresse
1300 und 1400 Unterschriften, vierthaib hundert von Bürgern Freiburgs die
Lern von Eichstetten, Lehen, Bechlingen, Nimburg, Bötzingen, Lenzkirch, Rotbw.ik
Guntersthai, «t. Georgen, Ebnet, Ehrenstetten und Eschbach- Die Petenten dr,^
ckcn mit ihrer dankvarcii Zustimmung zu den Bestrebungen der Mehrheit der -weil
ten Kammer zugleich ihren Wunsch aus, daß die Kamer diesen Bestrebungen ge-
treu bleibe unv sich dabei der Zustimmung der würdigen und verständigen Bürger
stets versichert zu halten. Denn sie sämmilich ließen sich nicht mehr irren durch
jene schönen Phrasen von den praktischen, die wahren Landesintereffen fordernden
Maßregeln. Ihnen sammtltch seien noch ungleich wichtiger als einzelne vorüberge-
hende materielle Vortheiie die ewigen Grundsätze des Rechts, worauf die Verfassung
ruhe, durch deren Herrschaft die Verfassung zur Wahrheit und das badische Volk
nach Carl Friedrichs Wunsch ein wirklich freies, civilisirtcs unv kräftiges Volk werde
Sie bitten noch insbesondere mich, als Ueberrcichcr ihrer Petition, zu bemerken
daß die Zahl ihrer Unterschriften noch viel größer hatte sein können; aber sie hät-
ten fürs erste nur Unterschriften der Burger von selbständiger Uebcrzengung für di«
wahren Verfassungsgrundsätze gewünscht und 5V solcher Unterschriften, SOO andern
vorgezogen. Sodann hätten Gegenwirkungen von Beamten eine große Zahl von
Unterschriften verhindert und sie veranlaßt, die Petition durch schnellere Uebergab«
zu sichern. Denn in einem benachbarten Amte habe der Beamte alle Ortsvorstän-
de gegen die Unterzeichnung förmlich aufgebotcn. In einem andern benachbarten
Amte sei eine ganz ähnlich Unterzeichnete Petition durch Gendarmen und den Be-
amten den Bürgern weggenommen unv confiscirt worden unv der Beamte habe der
Strafe von 15 und 5 fl. das Unterschriften-Sammeln und das Unterzeichnen vcr-
Loten und den Orisvorständen befohlen, dieses durch Ansschellcn bekannt zu machen.
Ein Gesetz gegen solche Petitionen hatte der Beamte selbst eingestanden, nicht zu
kennen. Lev vor mir abschriftlich liegende Erlaß an die Ortsvorstände gibt dage-
gen als Gründe der Eonfiscatton und des Verbots an: 1) vie Unsicherheit, daß
die Burger wußten, was sie unterschrieben, daß also Mißbrauch mit ihren Unter-
schriften getrieben werden könne; 2) daß man aus solchen Adressen nicht die wah-
ren Gesinnungen und Ueberzeugungen der Bürger erkennen könne. Meine Herren,
die gegenwärtige LandtagSsitzung eilt mit schnellen Schritten ihrem Ende zu. Ick
fühle mich nicht aufgelegt, die schmerzlichen Empfindungen, vie mir Erscheinungen
der Art erregen, in herben Worten auSzusprechen. Ich will nicht frage», wie man E
etwa über die Stimmung des Landes durch solche Unterdrückungen im Dunkeln las-
sen will. Ich sehe auch, es ist die Zeit zu kurz zum Vorschlag oder zur Berathnng
ernstlicher Maßregeln z»m Schutz unserer Mitbürger gegen solche gesetzwidrigrige
Beamtenwillkühr, welche viele würdige Beamte sicher selbst beklagen und mißbilli-
gen, welche aber bei uns gewahrt durch die nachtheilige Verbindung der Justiz und
Administration, durch die neuern ministeriellen Maßregeln außerordentlich vermehrt
werben. ^ ^
- 8dellich ist im gegenwärtigen Falle nicht, wie leider in gar manchen andern
Fallen, die Rede von Verletzungen selbst der persönlichen Freiheit und des Lcbcns-
glückes der Bürger. Allein ist es nicht tief schmerzlich und empörend für selbststän.
dige, großjährige, coiistitutionclle Bürger, wenn sie sich bei Ausübung ihrer edel,
sten Verfaffungsrechte wie unmündige Kinder behandelt, der Ausübung ihrer Rechte
und ihres Eigenihlims beraubt sehen? Was soll werben, wenn dieser Zustand ohne
Adhülfe so foridaueri. Die Bürger wollen solche verletzende Beamtenwillkübr, solch«
Eingriffe in ihre heiligsten Rechte nicht mehr dulden. Sie dürfen es nicht. Ihr«
Pflicht und Ehre als verfassungstreue Bürger verbietet es ihnen. Hier muß endlich
friedliche Adhülfe werden, damit nichts übles erfolge. Ich erkenne es immer mehr
als heilige Pflicht eines treuen Vertreters, unsere Mitbürger gegen Erscheinungen
des Paschaismus zu schützen. Meine Herren, kann man sagen, wir schützen einen
constitutionellen, ,a nur den rechtlichen Zustand, so lange wir unsere Mitbürger
nicht gegen solche Verletzungen schützen? Und, meine Herren, um Wcffenovillen lei-
den unsere Mitbürger solche Ungebühr? Um Unsertwillen, vie wir hier in der Kam-
mer sicher sitzen, während fie leiden. Wir also müssen ihnen Schutz schaffen auf
jedem gesetzlichen Wege, mit jegliche», Opfer. , . -
Die Tagesordnung führt auf die Diskussion des von deinzAvg. yossmann.crstattewn
Berichtes über die drei Gesetzentwürfe, in Betreff der Errichtung einer Eisenbahn-
schuideutiiqnngskasse, des EisenbahnanlchenS und des SNdgcts der Eisenbahnschul»
dentilgungskaffe von 1842 und 1843. . .. ^ .
Die allgemeine Diskussion eröffnete Finanzmunster v. Bockh mit der Deiner-
kung, es gereiche ihm zum besonder» Bergungen, daß nach den Verhandlungen mit
der Kommission vie Vorschläge derselben zugleich als Vorschläge der Regierung an-
zusehen seien, mit alleiniger Ausnahme der Anträge zur Mitwirkung des ständischen
Ausschusses. Die Uebereinstimmung der Regierung mit der ständischen Kommission
sei um so bester, da diese Anleihe der wichtigste Gegenstand der Berathungen de«
Landtags und ein solcher ist, wob« der Spekulation ein weiter Spielraum gegeben,
mithin auch eine große Verschiedenheit der Meinungen zu erwarten war. Ucber
die Verhandlungen zwischen ihm und der Kommission gebe der Bericht Auskunft,
mit Ausnahme einiger Aenderungcn, die in dem Gesetzentwurf über die Anleihe erst
nach dem Druck des Berichtes vorgenommen wurden, nachdem die Ansichten einiger
BanquierS vernommen waren. Be, px« einzelnen Artikeln werde er das Rothjg«
beifügen und nicht mehr, wett vre Natur LcS Gegenstandes fordere, mit einer ge-
wissen Zurückhaltung zu sprechen.
Hoffman« crwiedert kurz im Namen der Kommission, welcher es ebenfalls
angenehm war, nach vielfachen Berathungen fast in allen Punkten mu der Regie-
rung libereinzustttnmcn. Der erste Entwurf, die Errichtung der Eisenbahnschulden-
tilgungskasse betreffend, lautet, wie folgt:
Gesetzesentwurf, die Errichtung der Eisenbahnschuldentil-
gungskasse betreffend. (Nach der zwischen der Negrerungskommissivn und der
Kommission der Kammer stattgcfunvenen Vereinbarung.)
Art. I. Zur Aufnahme der für den Eisenbahnbau benöthigten Kapitalien, und
zur Ablieferung der erforderlichen Baumittcl au die Baukasse, sodann zur Verzin-
 
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