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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 259
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1055

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No. 259.

Mittwoch den 2. November.

Tagsbericht.
*-j-s- Lahr, 31. Oct. Das Mannheimer Mvrgenblatt vom 16.
November v. I., No. 271 enthielt von hier aus einen Artikel, der
mir ven Worten beginnt: „Diese Woche waren für uns wichtig? Tage!
Lahr hat sich von seiner bisherigen Wahlderrschaft emanzipir».
„seit vielen Jahren serttzte der redliche Bürger vnttr dem Druck und
„der Präponderan; eines Einzigen, der durch seine Wahlumtriebe die
„ganze Gewalt der Verwaltung an sich gerissen hatte u. s. w."
In diesem Artikel glaubte die Lahrer Gemeindeverwaltung, an de-
ren Spitze rer Herr Bürgermeister Fingado steht, ihre Ehre auf das
„Allerunzweidemigste verletzt", weßhalb sie gegen den Nedacteur des
Mannheimer Morgenblattö eine Anklage erheben ließ, in der es unter
anderm Hecht: „Durch diesen Aufsatz ist der angegriffenen Stadtbehörde
„nicht nur gänzliche Unselbstständigkeit, leichtsinnige und gewissen-
„'ose V.-waltung des Gemeindevermögens und ungerechte Bedrückung
„der Bürger durch unerschwingbare Abgaben zum Vorwurf gemacht,
„sondern es ist geradezu gesägt, daß die städtische Verwaltung seither
„unter dem Einfluß der Schmeichelei, und der Drohung eines Dritten
„gestanden sei, es wird darin ausgesprochen, daß die seitherige Ge-
„meindeverwaltung unwürdig gewesen und ihr W rkea in ein feiler
„Dienst für die Pnvaiplaue anderer Personen ausgeartet sei u. s. w."
D.r so angeklagte Artikel war auch in der Freiburger Zeitung er.
schienen, weßhalb man die Klage gegen den Nedacteur des Morgen«
dlatiks fallen ließ und sic in Freiburg erhob und forssetzte.
Der Verfasser des Aufsatzes, ein sehr achtbarer Bürger von hier,
wurde daher vor die dortigen Gerichte gezogen, und wurden i» der
Sache die gesetzlichen Verhandlungen gepflogen. Vor wenigen Tagen
wurde nun vom Hofgeücht zu Frciburg das wth.il g fällt. welches
len Her,,! Bü'germesslcr Fingado und Consorteu mit der erhobenen
Anklage abweiht, unter Verfüllung in alle Kosten! Es ver-
steht sich jedoch von selbst, daß die Gern ein de k a sfe diese Kosten
nicht zu tragen hat.
-b Steinbach, (Amts Bühl), Erde October. Der diesjährige
Weinerw>.cho IN unserer Gegend ist hinsichtlich der Quantität nicht so
ganz nach Wunsch ausgefallen; was aber die Qualität aubelangt, so
hat diese alle Erwartungen überiroffen. Besonders lieferten die soge-
nannten Berg:eben in hinweg und Varnhalt, wo erst am 23. Oktober
von einigen Privaten mit der Wein'ese angefangen wurde, eb en j,anz
vorzügl ch?n Most, indem der Ricßling 101°, Ruländer 103°, Klevncr
100°, Elbing 88°, Gutedel 8L°, Eljaßcr 86°, Arbst 102 und gemisch-
ter Satz 93° auf der Occhsle'schen Mostwage zog. Hierin liegt der
augenfällige Beweis, wie sehr die Qualität durch die Spärlkse gewinnt.
Äns Dem Badischen, 26. Oct. Rüstig weiden die Eisei.bahn-
haulen allenthalben bei uns jorkgesetzt, und du Strecke von Karlsruhe
bis Heidelberg resp. Mannheim ist beinahe gänzlich villendet. Der
Bahnhof in unserer Hauptstadt verspricht höchst großartig zu werde«,
die Gedauiichkcuen in demselben werden die Post-Centralbehörden in
sich aufnehmen. D e Eröffnung des Schienenwegs von Karlsruhe bis
Mannhiim ist vor der Ha„d auf die Mitte des Monats März festge-
setzt. Man gedenkt diese Bahnstrecke im Zeiträume von 1H. bis 2
Stunden zurückzulegen. -
Aus Sachsen-Meiningen, im Oct. Eine Verfügung des her-
zoglichen Eo> sißonuws zu Hitt burghausen vom 27. Juli e., publicirt
unterm 1. Oc:.,'bestimmt, daß fernerhin den israelitischen Schü-
lern in christlichen Schulen nicht mehr, wie bisher, vcrstattet sein solle,
sich wäbren des Unterrichts am Sabbath des Schreibens zu ent-
halten, indem dies im Allgemeinen dk Schulordnung stöee und diesen
Schülern selbst zum Ntchth'il gereiche, und eine Vernehmung des pro-
visori'chen Lanvrebbiners hierüber die Ueberzruguvg begründet habe,
daß j n- W igerung nur auf einer eittseitigeii Auslegung reli-
giöser Satzungen beruh?. Die herzogliche Regierung speicht dabei die

Erwartung aus, daß israelitische Eltern hoffentlich darum nicht ihren
Kindern aus falschem Vorurtheile die Vortheile der in christlichen Schu-
len zu erlangenden Ausbildung entziehen werden. Diese Verfügung
ist ein wichtiger Akt zur Tilgung eines überall fühlbaren Mißstau«
des, und wäre es nur zu wünschen, daß der dortige Lai drabbiner
s ine Ansicht zum Besten seiner Glaubensbrüder öffentlich darlegte, da-
mit diese durch ähnliche Verfügungen, welche ohne Zweifel auch in an-
dern Staaten ins Leben treten werden, sich nicht in ihren Glaubens-
sach-n beeinträchtigt wähnen. Auf jeden Fall ist dies ein Beleg von
dem Streben der neuern jüdischen Geistlichen, die wahre Religiosität
von den Schlacken äußerer Werkheiligkeit zu reinigen.
Paris, 29. Oct. Heute wird, wie man hört, im Schlosse von
St. Clvüd ein großes Bankett statthab.'n, um den Jahrestag der Bil-
dung des Ministeriums vom 29. Oktober zu feiern, welches an diesem
Tage das zweite Jahr seiner Eristenz zurücklegt. Eine solche Dauer
hat noch k-ines der früheren Ministerien seit 1830 erreicht.
— König L opold dringt auf eine Entscheidung in der schwebenden
Frage vom Handels- und Zollverein zwischen Frankreich und Belgien;
die Minister werden morgen zulammenteeten, um den Gegenstand zu
besprechen; man glaubt indessen nicht emfcrut an eine nahe Lösung
des verworrenen K otenS.
— Im Dorfe Rispe (im Dordognedepartement) starb kürzlich eine
Frau, Maria Marly mit Namen, in dem seltenen Aller von 107 Jah-
ren, L Monaten und 7 Tagen. Selbst in ihren letzten Lebensjahren
war sie frei von Altersgebrechen und ihre l.tzte Krankheit dauerte nur
10 Tage. Als sie ihr Ende herannahen suhlte, schickte sie nach dem
Pfgrrer, ließ sich das heil. Sterbesakrament reiche», nannte dann die
Tagesstunde, in der sie begraben zu werden wünschte und bat ihn,
eine Messe für sie am Tage nach ihrer Beerdigung lesen zu wollen,
l Sie rmp'ahl dann ihren Angehörigen, die aus drei Geschlechtsfol-
gen bestanden, an ihre Arbeit zu geben, indem sie bedauerte, nicht
mehr wie sonst mit ih en gehen zu können, und hinzusetzte, daß —
da sie erst auf die Nacht hin sterb--» werde, sie ihnen ihre Verhaltungs-
Weisungen erst nach dem Abendessen geben werde. Ihre Voraussagung
verwirklichte sich, denn sie verschied kurz vor der Morgenfrühe, bedauert
von Allen, die sie kannten, wegen ihres stets sich gleich gebliebenen
guten und tu^endr iben Wandels.
London, 27. Oct. Erzherzog Friedrich von Oesterreich reist
gegenwärtig in Schottland, und zwar zuletzt in Glasgow. Man er-
wartet ihn dieser Tage in Liverpool.
Kopenhagen, 25. Oct. Vor nicht langer Zeit passirle hier das
schreckliche Erergniß, daß ein junges Mädchen Gift nahm um den Miß-
handlungen ihres Vaters zu entg Heu; dieser wurde vorgestern gericht-
lich eingezogen.
Karlsruhe, 28. Oct. Das großh. Staats- und N gierungs-
blatt vom Heutigen, Nr. 32, enthält ferner: (Frts. u. Schluß.)
Nachstehende Ordensverleihung:
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben gnädigst
geruht:
dem königlich französischen General-Lieutenant Marquis von Lap-
lace das Commandeurkreu; erster Classe des Ordens vom Zähringer
Löwen,
dem Obe st.n und Commandeur dcs zweiten Jnfanterie-RegimentS,
Closmann,
dem Obersten und Commandeur des Dragoner-Regiments Groß-
herzög Frhrn. v. Rotberg,
dem Obcrstlieutenant und Commandeur des Gendarmeriecorps, v.
Renz, und.
dem Oberlirütenant im Gcueralstab Frhrn. Röder von Diersburg,
das Commandeurkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen, sodann
 
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