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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 111
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0445

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Fciicrsbrunft in Hamburg.
11. Mai.
Noch immer fehlt es an umfassenden Gerichten über die Schreckens-
Scenen, we-che der alten Hansestadt an der Elbe die Tage vom 3.
k's ^ ^'""^ungstagen gestempelt haben. Die
Hamburger Blatter, zunächst berufen, den furchtbaren Brand, wie er
entstanden -st, sich fortgewalzt'hat, und zuletzt, nachdem das Werk der
Zerstörung fast vollendet war, durch unsägliche Anstrengung aller ver-
fügbaren Kräfte dem, Nachlasse» des Grimms der empörten Elemente
gebändigt und m semen weiten Krater gebannt wurde, mit den Far-
mst' wie nur der Augenzeuge sie findet, zu schildern, sind nicht er-
D/n onst s° r n, ^ freuten hat die Flam-
mengluth dre Mittel geraubt, den Stammesgcnofs n im weiten Bater-
land ein Bild zu geben von dem Jammer, der ein kaum noch im
höchsten Flor blühendes Gemeinwesen mit grausamer Hand ergriff n
und von dem G.psel des Wohlstands i» den Abgrund namenloser Be-
drängnisse gestürzt hat. "
Unter solchen Umständen werden die Leser die Bruchstücke von Mit-
theilung, die wir geben, gerne aufnehmen.

Hamburg, 6. Mai, 12'4 Uhr. Es herrscht völlige Anar-
chie hier; die Meisten denken nur noch an die Rettung ihrer eigenen
Habe; der dritte Thcil der Stadt ist total ruinirt; man fürchtet 'auch
noch für die Neustadt, wohin alles gebracht worden ist, was aus Man-
gel an Wagen (ein einzelner wurde mit 13 M. bezahl») nicht vor die
Lchore gebracht werden konnte. Ob die Behörde den Muth ver-
loren habe, wie Manche behaupten wollten, weiß ich nicht; daß
inan aber in die bisherige Thätigkeit der Löschanstalten unbedingtes
Vertrauen setzte, gebt deutlich aus den anfangs ergriffenen Maßregeln
hervor. Daß dem Besitzer der Felsenwasserkunst, Vmith, aus Rivali-
tät das Anerbieten, seine Röhren an den Mittelpunkt des Feuers zu
leiten, rund abgeschlagen worben sei, will ich zur Ehre der Obrigkeit
nicht glauben. Aus der ganzen Umgegend sind Spritzen. Wasserwa-
nzen, Retter und Arbeiter hier. — ES herrscht ein furchtbares Durchei-
nander, das nur zuweilen durch gegen die Häuser gerichtete Kanonen-
schlüge übertönt wird. Es sind vielleicht 20 Häuser auf diese Weise
demolirt worden, im Ganzen (wenn man Katharinenstraße, Cremon
und Grimm dazu rechnet) sollen gegen 1000 vernichtet sein.

Hamburg, 6. Mai, 6 Uhr Abends. Unser Elend ist uner-
meßlich, und ich beschränke mich darauf, Ihnen dasjenige mitzutheilen,
was heute geschehen, um dasselbe zu mildern. Durch Dekret des
Senats ist der Senator Hudtwalcker mit diktatorischer
bekleidet worden. Artillerie ward per Dampfboot aus
^ZGuirin, da alles Pulver in Hamburg und Altona verbraucht
und Schießen. Die Eisenbahn, weiche übermorgen
werden sollte, ist durch die herfahrenden Bergedorfer
Spritzleute aus Altona, Gluckstadt und Lü-
l,eck flilv da, können aber bei der Gluth wenig Helsen. Die neue
Börse wtde>st«nd lange, doch auch sie unterlag endlich. Die Kirche in
St. Georg ist für dle Bewohner deck Werk- und Armenhauses regui-
rirt. Auch das Juchthaus und das Spinnhauü sind in der größten
Gefahr. Zu St. Georg St. P«uli und vor dem Dammthore ist alles
voll Geflüchteter. Die kltvch wächst mit jeder Minute und sitzt steht
uns noch die angstvolle Nacht bevor. Dre Spritzen spielen gar nicht
mehr, da sie bas Fruchtlose ihrer Bemühungen einsehen. Unsere einzige
Hoffnung beruht auf Demolirung der nächsten Umgebungen der fürch-
terlichen Brandstelle. Auch der Himmel zürnt uns, denn ein fortwah-
rend ziemlich heftiger Wind fachte dre Gluth lebhaft an.
Uhr Abends. Seck heute Nachmittag hat fast alle menschliche
Hülfe ausgehört, da Alles erschöpft und kraftlos ist, und doch steht so
rbeu das Stadtviertel St. Petri in vollen Flammen.

Harburg 8. Mai. Ungefähr 2000 Häuser sind in Hamburg
tbeils abgebrannt, theils demolirt. Die Assecuranzen werden nicht zahlen
können. Der Senat ist ganz auseinander. Von der Altonaer Seite
ist das sämmtlichc dänische Militär herbesieeilt; von Stade die hanno-
verische Artillerie. Engländer, Spanier, Italiener haben Lebensgefahr.
Der Pöbel wollte ihnen zu Leibe. Der Wind hat sich gelegt, und es
regnet vortrefflich. Ein schreckliches Unglück: kein Unterkommen; der
vierte Theil der Stadt ungefähr. Augenblicklich soll Alles vorbei (das
Feuer gelöscht) sepn. Dies ist ziemlich gewiß; eben kommt Jemand
von Hamburg mit dieser Versicherung. Die ComtoirS sind alle gescholffen:
Geschäfte eristiren nicht mehr.

Hamburg, 8. Mai. Hamburg ist zum Theil wenigstens gerettet
— Keine Menschenhülft, kein Sprengen, kein Schießen hat den jetzt
noch bestehenden Theil erhalten — nein! Ein von dem Himmel gesand-
ter dreistündiger Regen und das Aufhören des Sturmes, welches mehr
half, als Tausende von Spritzen, Hunderttausend? von Menschen, dis
von nah nnd fern herbeigeeilt waren, um das schöne Hamburg theil-
weise untergehen zu sehen. Wenigstens 2 bis 3000 Häuser liegen
in Asche! Das Elend ist gränzenlos. — Ich gehe jetzt seit L Tagen
zum erstenmal ins Bett, meinen Bericht in dieser Beziehung werden
dir Zeitungen ergänzen. Ich kann nicht mehr.

Hamburg, 8. Mai, 6 Uhr Morgens. Leider haben sich boshafte
Brandstifter cingesunden, von denen viele verhaftet, mehre auf der
Stelle todt geschlagen sind; diese Leute sind säst lauter Engländer.
Büegergarde reichte nicht hin; es hat sich ein Sicherheitsverein gebildet,
dessen Mitglieder fortwährend patrouilliren. Die Sträflinge aus dem
Spinnhause sind pr. Dampfboot nach Stade gebracht, die Kirche zu
^ Leute aus den verschiedenen Spitälern ausgenommen.
Nachmlttgs Isii» Uhr- Die Feuersgefahr hat sehr abgenommen,
man kann fast sagen, sie ist zu Ende. Von Lübeck sind 6 Spritzen
gekommen, auch von Kiel und von allen andern Orten aus großer
Ferne.
Frankfurt, 11. Mai, 5 Uhr Abends. Heute traf die Post aus
Hamburg vom 8., und aus Hannover von gestern frßb ein, brachte
ober immer noch wenig tröstliche neuere Nachrichten. Die Hamburger
und Altonaer Blätter sind wieder ausgeblieben. Ein Brief aus Ham-
burg vom 8. lautet: „Hamburg ist ein Schutthaufen." — Man
sprach von der Verhaftung mehrerer Engländer.

Hamburg, 7. Mai (mit dem Poststempel vom 8.). Das Feuer
wüthet noch immer gräßlich; 1300 Häuser sind ein Raub der Flam-
men geworden. Die Einwohner ergeben sich in ihr Schicksal U„ae-
heuer sind d-- Züge der Auswanderer unbekümmert, ob es bei ih7en
brennt oder n.chll Der S nat .st beisammen geblieben, und ermahnte
heute schon dre Bürgerschaft ,n einer zweiten Proklamation ibre
Ersten «""»strengen, und den noch stehenden Theil der Smvt
l,at ^Km?sei heute drei Stunden anhaltender Regen
La wn^ne ande!e^P Feuersbrunst Einhalt g-than. Die Flammen
hatten eme andere Süchtig dem S.ein.hor genommen.
^ Sonntag Abend, 9. Mai. Das Feuer
'st gelöscht, gegen 3000 Häuser sind in Asche.

Franfurt, 11. Mai. Wir erfahren so eben, daß gestern noch
außerordentliche Sitzungen bohcn Senats wegen der unglücklichen Lage
Hamburgs stattaefunden haben; daß die ständige Bürgerreprasenta.
tion auf L Uhr, die gesetzgebende Versammlung auf 6 Uhr gestern
 
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