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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 19
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No. 19

Sarnftag, den 22. Januar.

1842.

Tagesbericht.
Carlsruhe, 20. Jan. Hx. Welcker hat eine Motion wegen Preß-
freiheit angekündrgt. Von der Urlaubsgeschichte scheint der Landtag
nicht loskommen zu sollen. Der Anordnung einer neuen Wahl in dem
LLahlbczirkc Kenzrngen wird ein früheres Datum, als das der Ab-
dankung des Hrn. Peter, zum Vorwurf gemacht, und da durch eine
Urlaubsverweigerung incht sowohl die Wahl ungültig gemacht, als viel,
mehr bloß ihre Wirksamkeit zeitlich gehindert wird, (so daß z. B. Hr.
Peter, sobald er seinen Staatsdienst'niederlegte, seine Eigenschaft als
Dcputirier von jenem Hindernisse befreit hätte) so wird sich eine neue
Streitfrage an zenen Umstand knüpfen.
Eoblenz, 19. ^an. So eben kommt uns die zuverlässige Nach,
rrcht zu, daß Se. Max. der König heute Nachmittags 1 Uhr in er-
wünschtem Wohlsein in Cöln angekommen ist.
Hannover, 17. Jan. Se. Mas. der König sind gestern gegen
6 Uhr Abends nach Othfresen abgereift, wollen Allerhochstdieselben heute
mit Sr. Mas. dem Könige von Preußen, auf Höchstdcren Reise nach
England, Zusammentreffen werden.
Berlin, 13. Jan. In unfern Salons will man bestimmt wissen,
Laß eine Vermählung des Königs Ernst August von Hannover mit der
Prinzessin Caroline von Hessen (Kassel) im Werke sei.
Hamburg, 17. Jan. Heute Mittag war hier das Gerüchte von
ernsthaften in Vraunschweig ausgebrochenen Unruhen im Umlaufe.
Paris, 17. Jan. In der Pairskammersitzung von heute wurde
vom Präsidenten, Herzog von Broglie, das Schreiben des Herrn von
Chamdollc verlesen. Der Präsident bemerkte dabei, die Kammer habe
nicht darüber zu deliberircn. Man ging ohne weiteres zur Tagesord-
nung über.
— Nach emem Schreiben aus Algier hatte sich dort die unver-
bürgte Nachricht verbreitet, Abdel Kader wäre von seinen Anhängern
ab gesetzt worden und hätte sich auf das Gebiet von Marocco zu-
rüägezogen. , ^
Vom 18. Jan. In der heutigen Sitzung der Pairskammer
erschien der Gerant des Siecle, Hr. Per ree, vor den Schranken;
er erkennt sich verantworlich für den incriminirten Artikel in der Num-
mer vom 12- erklär!, keinen Defensor zu haben, und trägt mit
Mäßigung und Klarheit Bemerkungen vor, die von den Pairs auf-
merksam angehört werden. Nachdem er sich entfernt hat, wird abge-
stimmt über die Culpabiliiät; 144 Pairs finden den Geranten des Sie-
cle schuldig; 37 sind für Lossprechung. Hr. Perree wird nochmals
eingeführt; er hat nichts einzuwendcn und entfernt sich von Neuem.
Es wird Scrutinium über das Strafmaaß gehalten; 94 Stimmen sind
für 10,ooo Fr. Geldbuße und 108-für einem Monat Gefängniß. Hr.
Perree ist zu io,000 Fr. Geldbuße und 1 Monat Gefängniß verurtheilt.
— Graf französischer Botschafter in Spanien, Mit-
glied der Dcputirtenkaunner, ist gestern hier angekommen.
— Es wird versichert, Hr. Perier habe in seiner letzten Depesche
sehr gebeten, man möge ihn non St. Petersburg abrufen; da er ge-
genwärtig 200,000 Fw Gehalt bezieht — die Hälfte des Botschafter-
gehaltes — io muß er wobt, falls die Angabe gegründet ist, ganz be-
sonderes Mißbehagen rn ferner Stellung empfinden.
— Der König der Belgier hat den Fiuanzministcr Humann zum Groß-
Offizier und den Generalpostdrrector Conte zum Eommandanten des
Leopoldsordens ernannt.
— Cabrera ist heute hier erwartet, wird aber nur einige Tagt in der
Hauptstadt verweilen.
St. Petersburg, 8. Jan. Wie es bestimmt heißt, soll die

Landarmee eine bedeutende Neduction erhalten, und diese Maß-
regel gleich nach dem Eintritt des neuen Jahres zur Ausführung kommen.

Landtags - Verhandlungen.
Carlsruhe, 16. Januar. In der 35. Sitzung der 2. Kammer,
wurde die Diskussion des Budgets fortgesetzt.
Bei der Rubrik: Volksunterricht ergrift der Abg. Zentner das
Wort, um den Wunsch auszudrücken, daß die Regierung darauf sehen
möge, daß in Bezug die dem Unterrichte zu Grund zu legenden Schul-
bücher mehr Gleichförmigkeit in der Wahl derselben eingeführt werde;
in Bezug aus Religionsunterricht stehe dies in Aussicht, aber auch für
den Nealunterricht sei es nöthig, und namentlich solle die Wahl der
Bücher nicht, wie seither, Pfarrern und Schullehrern überlassen sein,
sondern von der obersten Schulbehörde ausgehen. Fehle es dieser an
Zeit, sich damit zu beschäftigen, so solle man es einem Verein anderer
dazu geeigneter Männer übertragen. Staatsrath Frhr. v. Rüdt: Rich-
tig sei es, daß die Bestimmungen des Volksschulgesetzcs und der Schul-
Verordnungen noch nicht vollständig vollzogen seien, indeß geschebe es
successive. Evangelischer Seils sei in Bezug auf die Gleichest der Lehr-
bücher durch Einführung des Landeskatechismus und anderer Schulbü-
cher das geschehen, was der Herr Abg. Zentner wünsche, und bei
der katholischen Konfession sei bereits ein allgemein einzuführender Ka-
techismus genehmigt, und im Druck; auch in Bezug auf andere Theile
des Unterrichts werde möglichste Gleichförmigkeit in der Wahl der Lehr-
bücher beabsichtigt, und werde nach und nach durchqesübrt. Bei den
'Mittelschulen werde gleichfalls die Durchführung dieses Prinzips im
Auge behalten; im Interesse der Eltern aber liege es, daß hier nicht
zu rasch zu Werk gegangen, sondern Behufs der Kostenersparniß, nur
successive vorgeschritten werde. Auch seien viele Vorarbeiten zu Durch-
führung des Ganzen nothwcndig, der Oberschulbehörde sei kein Bor-
wurf in dieser Beziehung zu machen, im Gegentheil seien ihre Leistun-
gen, bei den vielfachen Artbeiten, die ihr oblägen, gebührend anzuer-
kennen. Kuenzer spricht sich im Wesentlichen für die Ansichten Zent-
ner's aus, und bemerkt, daß, wenn die Gleichförmigkeit der Lehrbü-
cher nicht so schnell durch,Zufuhren sei, mit einem Hauptgrund in den
Umstand liege, daß zur Zeit es noch viele Schullehrer an mangelhaf-
ter Vorbildung gebe, in deren Händen, Lehrbücher, die einen gewissen
Grad eigner Bildung voranssetzen, um verstanden und mit Nutzen für
die Jugend gebraucht zu werden, ganz unbrauchbar fern würden. Für
diese sei es besser, ihnen die Bücher, die sie verstünden, zu lassest.
Bassermann hält dafür, daß für die Mittelschulen die für die Volks-
schulen ganz zweckmäßige Glcichförmißkeit der Lehrbücher weniger wün-
schenswerth und angemessen sei. Hier dürfe man schon grössere Ein-
sicht von Seiten der Lehrer voraiwsetzen, und könne der Individuali-
tät derselben mehr Spielraum lassen; jeder Lehrer habe seine Metho-
de, und wirke in dieser lbm geläufigen besser, als in einer ihm auf-
gezwungenen fremden, Überhaupt seien die Mittelschulen ja Vorbe-
restungsschulen für die Unwersitäten, und darum im Unterricht schon
freiere Bewegung zu gesiatten; auch auf Mittelschulen sei die Lehrfrei-
heit aufrecht zu erhalten, die Wahl der Lehrbücher aber weniger von
den Vorschlägen der Oberschulbehörde, als den Fachlehrern der einzel-
nen Anstalten zu überlassen, da letztere eben als Fachlehrer auch eine
speziellere Kenntmg der Literatur ihres Fachs haben müßten. Das
andere Prinzip, überhaupt schwer ausführbar, führe zu einer wenig
erfreulichen maschinenartigen Zentralisation. Sander erklärt sich für-
größere Gleichförmigkeit der Lehrbücher in den Mittelschulen, im Inte-
resse größerer Stetigkeit des Unterrichts und minderer Kostspieligkeit
für die Eltern. Nur zu oft habe man mit Chrestomachkhien und an-
dern Lehrbüchern seither gewechselt. Mancher Uebelstand in dieser Be-
ziehung sei aber nicht so wohl der Oberschulbehörde, als der mangel-
haften Organisation im Schulwesen zuzuschreiben, wonach dir Ober-
 
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