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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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Beilage zum Mannheimer Morgenblatt No. 163
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Beilage za« Mannßeimei MrgenAatt
Ra. 163.

LanVtagSvcrhanSlungen.
Carlsruhe, 8. Juli. 19. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. (Fortsetzung.)
Sander. Ich bedauere, meine Herren, mich in der Lage zu sehen, zuin er-
stcnmal hier über meine Person das Wort zu ergreifen. Ich werde jedoch kurz sein.
Der Oberamtmann Gockel in Weinheim hat in Beziehung auf die dortige Wahl
einer Aufsatz in mehrere Zeitungen, namentlich auch in die Carlsruher Zeitung
einrückcn lassen, worin er über mehrere Abgcorenete, die bei der Diskussion über
jene Wahl das Wort genommen hatten, ein Urtheil in gewiß unangemessenen Aus.
drücken gefällt und sich ein zum mindestens ungeeignetes Urtheil über die Richtung
der Kammer bei Gelegenheit der WahldiSkussionen erlaubt. ES haben nun mehrere
Wahlmänuer versucht, in die hiesige Zeitung eine Antwort auf die Thaisachen, die
bei Gelegenhnt der Weinheimer Wahl zur Sprache kamen, einrückenzu lassen. Es
haben selbst einige der angegriffenen Abgeordneten versucht, eine Antwort zu ver-
öffentlichen. Es wurde ihnen aber die Aufnahme verweigert, und sie mußten ihre
Erwiderung in das Mannheimer Journal senden, wo solche nun auch erschienen ist.
Die Antwort der Wahlmänuer weist zur Genüge nach, aus welcher Seite die Wahr-
heit, trotz des Läugnens des Oberamtmanns Gockel, sich findet. Ich selbst habe
bei der Diskusston jener Wahl über den Oberamimann Gockel so wenig und sogar
nichts Beleidigendes gesagt, daß es mir auffallen mußte, mich in jenem Artikel vvr-
angestellt zu sehen. ES ist darin eine längst verschollene Geschichte der Wahl des
Bezirks Hornberg von 1833 herbeigezogen und Overamtmann Gockel hat sich nicht
entblödkt, einen Torten, nämlich den seligen Rotieck, darin anzugreifen, einen
Todten, dessen Verlust bei jedem Vaterlandsfreund nur Gegenstand der Klage sein
und dessen Ted nicht dazu dienen sollte, ihn jetzt, wo er nicht mehr antworten kann,
anzugreifen. Oberamtniann Gockel hat diese Hornberger Wahl in einer ganz ver-
worrenen und höchst unvollständige» Weise vorgebracht. Er hat meinen Namen
damit verflochten und gesucht, mich in meiner ganzen Richtung und Gesinnung und
hinsichtlich der Wahrhaftigkeit derselben zu verdächtigen. Er hat also mich, indem
er mich voranstcllte, zum Gegenstand seines Angriffs gemacht, und da die Horn-
bcrger Wahl in gar keiner Verbindung mit der Weinheimer Wahl steht, so geht
offenbar die Absicht daraus hervor, mein Wirken in diesem Saale, anzugreifen
und zu verdächtigen. Er hat dieß noch dazu in einer Zeit gethan, wo er wohl
glauben konnte, daß es ihm nicht in seinein Dienst und in seinem Wcitcrkoinmcn
schaden werde. Ich kann das Urtheli über diese Angriffe getrost der öffentlichen
Meinung überlassen. Es wird dem Qberamimann Gockel nicht gelingen und ist
ihm nicht gelungen, mich zu verdächtigen, die Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit des
Mannes zu verdächtigen, der solcbc durch Aufopferung seines Staatsdienstes besie-
gelt hat. Es wird ihm nicht gelingen und ist ihm nicht gelungen, mich in meinem
Wirken in diesem Saale, das seit 10 Jahren nur dahin geht, furchtlos, offen und
treu das Volk, seine Rechte und Freiheiten zu verthkidigen — zu erschüttern. Er
wollte mich wegen meines Wirkens vor dem Vaterlande verunglimpfen, hat sich
aber selbst verunglimpft. Ich gebe ihm auch die Befugnig, über mich zu sagen
was er will; denn er ist des Rechts verlustig geworden, eine Antwort von mir zu
erhalten.
Züllig. Von dem Beamten, den der Redner vor mir näher bezeichnet hat,
bin ich in seiner Erklärung am direktesten und heftigsten angegriffen worden. Ich
brauche inich nicht zu vcrtheidigcn, denn ich habe öffentlich geantwortet. Zwar ist
der Artikel von der Redaktion der Karlsruher Zeitung, nach einem derselben von
der Zensurbchorde zngegangenen Winke nicht ausgenommen worden; aber der Wink
ging nur dahin, daß dasselbe Blatt, welches zuerst die Erklärung aufnahni, auch
zuerst die Gegenerklärung aufzunehmcn habe. Ich habe mich also über die Zensur
in dieser Hinsicht nicht zu beschwere»; und wirklich vernehme ich auch so eben, daß
das Mannheimer Journal heute diesen Artikel enthält. Aber nicht umhin kann ich
bei dieser Gelegenheit meinen Schmerz darüher ausdrücken, daß auch diese Erschei-
nung, wie ich glaube, eine der bitter» Früchte der Ministerialcirculare iss. Dauerte
die Uebung dieser Praris fort, so würde man je länger je mehr sehen, wie viele
Beamte in ihrem Diensteifer, ob aus reiner oder unreiner Absicht wetteifern wür-
den, durch jedes ihnen als Beamte» zu Gebot stehende Mittel auf die Wahlen cin-
zuwirken, und wie sie, wenn ihr Thun in der Kammer gerügt würde, wie es dort
geschehen, mit den Worten: Wer untersteht sich! und: Sic sollten sich schämen, vor
die, welche von ihnen gesprochen, hinireien würden. Auch würde man sehen, daß
sie die Vorwürfe, die sie darüber diesen Einzelnen machten, wie dort gleichfalls ge-
schehe», verstellter oder offener ans die ganze Kammer, oder wenigstens ans die Ma-
jorität derselben Übertrag«! und sagen würden: »beim Anblick dieser Leidenschaft-
lichteitkn werden doch endlich dem Volke die Angen anfgehen.« Sie würden da-
bei glauben sich nur den Dank und die Gunst ihrer hohen Vorgesetzten damit zu
erwerben. — Um so mehr fühle ich mich verpflichtet, dem Mann aus unserer Mitte
der vor Kurzem das Betrübende dieser Circulare auf eine so ernste und kräftige
und doch dabei so gemäßigte Weise zur Sprache gebracht, meinen vollen Dank zu
bezeugen. Ich fühle mich dazu um so mehr verpflichtet, da ich bei der Diskussion
-über die Frage: ob der v. Jtzsteinische Antrag in die Abtheilungen zu verweisen
sei, nicht das Wort ergriffen habe, weil Alles, was ich da hätte zu sagen gehabt,
bereits durch Andere erschöpft war.
Welte gehört ebenfalls Z» Denjenigen, welche Oberamtmann Gockel in dem
Mannheimer Journal anschulvigte, als hätten sie sich auf schamlose Weise in der
^Pnmer gegen seine Person ausgesprochen. Er wollte zwar eine schriftliche Er-
in dasselbe Blatt einrückcn lassen, allein einige Freunde hätten ihn davon
st?^dal«en, mit dem Bemerken, daß sowohl über den Oberamtm.um Gockel als
uver den Wahlakt in Mannheim die öffentliche Meinung schon langst ihr Urtheil
ausgc proch.m ^>abe uno daß es daher seinerseits keiner Nertheidigung bedürfe. Aber
letzt, wo die S<whx zur Sprache gebracht sei, wolle auch er einige Worte zu seiner

Rechtfertigung sagen. Gegen die Weinheimer Wahl wurden zweierlei Anfechtungs-
gründc vorgebracht, insbesondere, weil Oberamtmann Gockel auf eine, die Wahl
freiheit bcschränckende Weise dabei gewirkt habe. Es wurde von einigen Wahlmän-
nern in einer Beschwcrdeschrift erklärt, daß Obcramtmann Gockel in einem Wirths-
hause ihnen von Zimmer zu Zimmer zugesetzt und sie zu bestimmen gesucht habe,
nach seinem Willen zu wählen. Es wurde ferner bemerkt, daß er sich bei der Wahl-
handlung an den Tisch neben die Urkundspersonen gesetzt habe, um die Wahlzettel
zu kontroliren. Der Redner habe damals erklärt, daß er darin keine Beschränkung
der Wahlfreiheit, wod- rch die Wahl ungültig werde, daß er aber das Benehmen
nicht lobcnswerth, sondern zudringlich finoe. Der Hr. Regierungskommisiär habe
ihm bemerkt, daß cs nicht gerade zudringlich sei. Er habe darauf die Thaisachen
nach der Beschwerschrist wiederholt, wonach sich Oberamtmann Gockel nicht nur an
den Tisch gesetzt, sondern in dem Wirthshauft den Wahimännern von Zimmer zu
Zimmer zügesetzi habe, nach seinem Willen zu wählen. In dieser Handlungsweise
erkenne er mehr als die Ertheilung eines bloßen Raths, nämlich eine Zudring-
lichkeit. Er möchte alle Mitglieder fragen, ob sie nicht selbst ein solches Verfahren
eben so bezeichnen würden. Mehr habe er gegen den Oberamtmann Gockel nicht
gesagt, derselbe hatte also, glaube er, keinen Grund, ihn in einem öffentlichen Blatte
zu verunglimpfen. Vielmehr habe er, der Redner, Grund zu sagen, Oberamimann
Gockel sollte sich schämen, über Abgeordnete des Lanves auf eine so unglimpsiiche
Weise, wie er gethan, herzufahrcn; er sollte sich ferner schämen, daß er schon so
oft der Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen in dieser Kammer sei.
Züllig trägt nach, daß er nicht behauptete, der Beamte von Weinheim habe
die Wahlzettel kontrolirt, sondern er habe die, parthicnweise eintretenden Wahl-
männer kontrolirt.
Rindeschwender. Auch mich hat der Obcramtmann Gockel in seinem Auf-
sätze angegriffen. Er ist nicht sehr zufrieden mit einem Ausdruck, den ich brauchte,
er findet ihn nicht geistreich und dergleichen. Für mich haben Zeitungsartikel we-
nig Werth, besonders wenn sie von Jemand Herkommen, den ich hochzuachten keine
Ursache habe; der Aufsatz übrigens, den wir in der Zeitung gelesen haben, ist ein
redigirter und verbesserter, denn die ursprüngliche Einsendung soll, wie ich erfahren
habe, wirklich pöbelhaft gelautet haben, so daß die Redaetion des Mannheimer
Journals sich weigerte, sie aufzunehmcn. Ich kann den Grund wohl angeben, wo
die scharfe Feder des Oberamtmanns Gockel eingetaucht war. Er ist ein kluger
Mann und hat einen doppelten Grund. Einmal spricht der Unmuth aus ihm, daß
abermals eine seiner früheren patriotischen Bemühungen fruchtlos war, daß er neue
Gockelkörner ausstreuen muß, um Diejenigen zu betäuben, die er fangen will Znm
andern scheint cs mir aber nur ein Anklopfen vor der Thüre der Minister, um den
Lohn für die Anstrengungen und Arbeiten zu erhalten, die er bei der Wahlhand-
lung gehabt hat.
Schaaff. Bei der Diskussion über die Weinheimer Wahl wurde Oberamt-
mann Gockel in diesem Saale hart angegriffen; es wurden ihm verschiedene Vor-
würfe gemacht, sein Benehmen scharf getadelt. Er kann sich hier, wo er keinen
Platz Hai, nicht veriheidigen. Aber es scheint,, er legi großes Gewicht darauf,
welche Ansichten hier über ihn geäußert werden und gibt damit seine große Achtung
vor der Volksrepräscntation zu erkennen. Er hat sich deshalb verthcidigt, da, wo
er es allein thun konnte, in einem öffentlichen Blatt. Ich habe es nicht gelesen,
er mag scharfe Ausdrücke gebraucht haben gegen die Mitglieder, welche scharf gegen
ihn sprachen. Die Art aber, wie man sich nun an ihm zu rächen sucht, will mir
nicht behagen.
Zülli g. Von Rache ist keine Rede.
Schaaff. Es will mir insbesondere nicht gefalle», daß man Motive suppo-
nirt, welche ihn in der öffentlichen Achtung herabwürdigcn müßten, wenn sie wirk-
lich bestünden. DieS ist jedenfalls voreilig. Man muß nicht gleich so gereizt sein,
wenn Jemand die Presse benutzt, um seine Ansichten öffentlich auszusprechcn. Es
sollten dies am wenigsten solche Männer sein, die fort und fort daraus dringen,
daß man die Presse frei gebe. Sie mögen zeigen, daß auch sie eS ertragen können,
wenn in einem öffentlichen Blatte ein Urtheil über sic gefällt wird.
Knapp. Lob und Tadel bat neben einander Platz. Es kömmt auf die Person
an, und je nachdem diese ist, kann man ihr Lob als Tadel, ihren Tadel als Lob
aufnehmcn. Wer im öffentlichen Leben sich bewegt, muß solche Dinge ertragen kön-
nen und großmüthig hinaussehen über den Tadel. Ileberhaupt habe ich früher schon
geäußert, daß über Zeitungsartikel zu streiten nicht am Platz sei. Ich habe solche
Angriffe stets mit Verachtung von der Hand gewiesen und dasselbe werde ich auch
heute »och thnn.
Staatsraih Frhr. v. Rudi. Wenn inan bei öffentlichen Verhandlungen aus
die Persönlichkeiten kommt,' so ist die natürliche Folge davon die, daß zuletzt auch
diejenigen, die dabei beiheiligi sind, die Waffe ergreifen, die gegen sie geführt wor-
ben ist. Bei der Verhandlung über die Weinheimer Wahl ist, wie jedermann an-
erkennen wird, der genannte Oberbeamie ans eine Weise geschildert und angegrif-
fen worden, die eine tiefe Beleidigung enthielt. Man hat Umstände als wahr an-
genommen, die nirgends bewiesen waren, und dabei ganz verkannt, daß dieser
Beamte selbst Wahlmann war, das er das Recht hatte, bei der Wahl mitzuwirken,
und eben so wohl seinen Mitwahlmännern einen guten Rath ertheilen konnte, wie
er von andern, die nicht Wahlmänner waren, aufgedrungcn worden ist. Die dama-
ligen Aenßcrnngen, die ich nur bedauern konnte, und die ich auch, so weit cs Fakta
betrifft, welche ich kannte, widerlegt zu haben glaube, haben natürlich den Ober-
Amtmann Gockel veranlassen müssen, sich öffentlich darüber auszusprechen. De» be-
treffenden Zeitungsartikel habe ich vor mir. Es heißt darin, daß unrichtige Anga-
ben stattfinden, er erklärt, daß er den Beweis diesfalls führen könne, und Sic Ih-
rer Seits behaupten nun, dies sei unrichtig. DaS erste Mittel wird also hier sein,
 
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