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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 257
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No. 257. Sonntag den 30. Oktober. 1842.


Tagsbericht.
/X Vom Nheitt, 27. Oct. Der Staat, welcher immer die Wohl-
fahrt, die Existenz seiner Bürger im Auge bat, suchte von scher, wenn
es in seinen Mitteln lag, irgend ein Amt, oder eine Stelle durch
zwei Bürger gehörig besetzen zu können diesem wohlerwogenen
Grundsätze Gehör zu geben — nie aber hat man von einem Staate
gehört, daß er zwei Aemtcr, die in ihren Interessen gegenüberste-
hen an eine Person vergab; nie hat man seit Menschengedenken gehö r,
daß Ein u. Derselbe General zwei verschiedene, feindlich gegenüber-
stehende Heere fommandirte; nie hat man erlebt von einem ehrlichen
Advokaten, daß er zwei Prozesse gegen kinarder führte, und nie hat
man gehört, daß man Segelschifffahns Commiffair und zugleich Agent
der sogenannten niederländischen Dampsschifffahrtsgesellschaft, die ihre
Schleppboote zum Ruine der Segelschiffe bis in den Oberrhein
bringt, sein könnte. Doch nein, vom lrtztern habe ich auf meiner
jüngsten Resse bei Ihnen gehört — und ich frage: ist eS mö ilich, daß
man diese zwei so schroff gegenüberstehenden Jntercffen durch Eine Per-
son versehen läßt? ist in Mannheim kein Bürger, der die eine
Stelle, und zwar von Rechtswegen versehen könnte, oder soll sich
eine Stadt nicht-die Vorschriften eines Staates zur Vorschrift nehmen?
Liegt die Vergebung dieser St.lle an einem Einzelnen und wenn Dem
so ist, soll b-rsrlbe denn gar nicht auf den Schifferstaud Rücksicht neh-
men — ist solches Thun durch Stillschweigen oder Jgnoeiren
gerechtfertigt? — Man wünscht Aufschluß über dieses Näthsel zu ha-
ben, und ist bereit, nächstens noch weiter zu detailliren. Auch an de»
wacktrn Schisserstand einen wol-kgemeinten Rath: eine Schiffer - Caffe
zu gründen — ich glaube die Ausführung dieses Vorschlags dürfte recht
nothwendig und ganz zeitgemäß sein, um in gcw ffen Umständen
Niemanden zinsbar zu sein.
Karlsruhe, 27. Oct. Bis setzt zählen wir in unscrm Lande
blos eine jüdische Familie, die den Adel besitzt. Wie es heißt,
stände nun die Verleihung dieser Gunst auch noch einem andern gro-
ßen und achtbaren Handlungöhause Badens bevor.
Mccrsburg, 25. Oct. Die Weinlese bei uns ist zu Ende. Mit
der Qualität des Weines hat man alle Ursache zufrieden zu sein. Die
Quantität aber lieferte nicht einmal einen halben Herbst, daher die
Preise für gesondertes roihes Gewächs bis zu 40 fl. per Ohm gestie-
gen sind. Der Durchschnittspreis für das weiße und gemischte Ge-
wächs ist, nach bürgermeisteramllichrr Mitthcilung an das hiesige Ac-
cisamt, zu 18 fl. per Ohm reguliert worden.
Hannover, 23. Oct. Se. Mas. der König hat in den letzten
Wochen an häufig wiederkehrendem Unwohlsein gelitten, jedoch ist jetzt,
wie es scheint, vollständige Genesung eingetrcten, da der König dem
Bernebmen nach nicht allein eine Reise nach Rothenkirchen beschlossen
hat, sondern auch gegen Mitte des künftigen Monats eins Reise nach
England anzutretcn beabsichtigen soll.
Hamburg, 25. Oct. Privatbnefe aus Rio-Janeiro melden, daß
das Schiff „Johannes", Capt. Petersen, binnen kurzem hier eintttffen
und 10- bis 11,000 Piaster für die Hamburger Abgebrannten über-
bringen wird.
Nürnberg, 26. Oct. In den Konferenzen des deutschen Zoll-
screinskongrksskö soll man ernstlich auf die Gründung einer Bankan-
stalt für die Staaten dieses Vereins hingewirkt haben. Ist
auch darüber noch kein Beschluß zu Stande gekommen, so ist man doch
schon ziemlich einverstanden, daß durch diese Anstalt ein neues Band
in das Leben gerufen würde, die Interessen der verschiedenen Zollve-
reinsstaaten immer fester zu knüpfen, und ein neues Mittel, den Ver-
kehr zwischen ihnen zu vermitteln, zu befördern, und mehr und mehr
zu erleichtern. Dies wäre der erste, wichtige Schritt zu einer Ver-
einigung über ein gleichzeitiges Handels- und Wechsel-
recht, und somit auch die nächste Veranlassung zu einer, in diesem

für den Groß, und Kleinhandel so hochwichtigen Kapitel zu veranstal-
tenden gleichförmigen Gesetzgebung, die dann von selbst zu einer
auch gegenseitigen Uebcreinstimmung der Maße und Gewichte
führen dürfte, die schon im ersten Zolloerteage wenigstens theilweisc in
Aussicht gestellt worden ist.
Cöln, 27. Oct. Das neue Amtsblatt der köckgl. Regierung zu
Cöln enthält eine Bekanntmachung, wonach des Königs Majestät Eich,
durch die Wahrnehmung, daß bei den zu milden Zwecken stattgefunde-
nen Musik Aufführungen in Kirchen zuweilen Stücke gewählt worden
sind, welche sich ihrem Inhalte nach für den, dem Gottesdienst geweih-
ten Orte nicht eignen, unter dem 31. Juli v. I. zu der allerhöchsten
Bestimmung veranlaßt gesunden haben: daß Jeder, welcher Kirchen zu
musikalischen Zwecken benutzen will, gehalten sein soll, zuvor die Be-
scheinigung des betreffenden Pfarrers deizubringen, daß der Text der
aufzukühienden Musikstücke nichts für die Kirche Anstößiges enthalte.
Berlin, 23. Oct. Des in Königsberg lebenden Dr. Jacoby's
Unheil in Bitteff der von ihm verfaßten vier Fragen ist nun gestern
bei dem hiesigen Kammcrgerichte in 2. Instanz gefällt worden. Ob-
gleich man hier darauf sehr gespannt ist, so kann man doch nichts Nä-
heres für jetzt darüber erfahren, da die Richter hierbei eine tiefe AmtS-
vcrschwiegcuheit beobachten.
Ans Baicrn, 23. Oct. Die Kammern sind ans den 14. Nov.
einbecufeii; man hegt im Lande nur sehr geringe Erwartungen von
diesem Landtag. Durch Ausdehnung des Paragraphs der Verfaffungs-
mkuude, wonach Staatsdiener zum Eintritt in die Kammer des Ur-
laubs bedürfen, aus die Advokaten ist es der Negierung gelungen, fast
alle Oppositionen zu entfernen oder zu paralysiren. Es wird der Ne-
gierung nicht schwer werden, Alles, was sie wünscht, in der zweiten
Kammer durchzusetzen. Die geringe Opposition wird sich höchstens in
einigen Reden gellend machen.
Stärker dürfte der Wiederstand in der Kammer der Rcichsräthe
sein, wo sich von der letzten Sitzung her, aus Anlaß der Konflikte
zwischen dem Minister des Innern und dem Fürsten Wallerslein noch
viel Bitterkeit erhalten hat. Unter den Arbeiten der Kammer werden
außer dcm gewöhnlichen Budget die Verwilligung der Gelder für die
Staatseisenbahnen und den Ausbau des Donau-Mainkanals die wich-
tigsten sein.
Aargau. Der „Schweizeb." schreibt: Berichte von der großh.
badenschen Gränzc sprechen davon, daß die dortseitige Regierung mit
dem 23. d. nun auch den Eintritt der Aargauer Weine verboten habe.
Man scheint also dortseits in den Verkehrsdeschränkungen weiter gehen
und dadurch rie hierseitige Regierung auch zu weitern Verfügungen trei-
ben zu wollen. Zweifle man übrigens nicht, daß man vor ernstem
Maßnahmen nicht zurückschreckt. Die Aargauer Gränzbewohner erwar-
ten, daß man nicht beim ersten Schritte stehen bleiben, sondern Gegen-
rccht so lange halten werde, bis man jenseits zu mildern und nachbar-
licher» Gesinnungen zurückgekehrt sein wird. Die Hauptfrage ist immer
wer solche Verbote am längsten auszuhalten vermag, ohne in seinen
nächsten Interessen bedeutenden Schaben zu erleiden. In dem vorlie-
genden Falle dürfte sich die Wage wohl zu Gunsten Aargaus senken.
Genf, 23. Dct. Einer von den Herren Senatoren von Cham-
bery befindet sich gegenwärtig in unserer Stadt mit dem Aufträge, un-
serer Regierung Vorschläge in Betreff der Errichtung einer Eisenbahn
nach Genf zu machen. Nach dem, was man uns von diesem Projekt
hat wissen lassen, nähme der Kanton Genf alle Baukosten auf seinem
Gebiete über sich. Diese Eisenbahn würde zu PlainpalaiS ausmünden.
Paris, 26. Oct. Gestern Abend um 6 Uhr erlosch plötzlich das
Gaslicht im Palais Royal und den zunächst liegenden Straßen; es ist
bei diesem Anlaß, da man sich aus einmal im Dunkel befand, in meh-
reren Läden viel gestohlen worden.
— Während der Bau der detachirten Forts mit einer ganz beispiel«
 
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