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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 248
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No. 248.

Donnerstag den 20. October.

1842.

Erinnerung an den 18. October 1813.
(Schluß.)
Der am Juli verabredete Waffenstillstand war am 10. August
abgelaufen. Die Unterhandlung zu Prag (zwischen Anstetten, Hum»
bvldt und Caulincourt) hatten zu keinem Resultat geführt. In der
Nacht auf den 11. August Unterzeichnete Metternich (der die goldene
Fruchi kühner Entschließung, beharrlicher Standhaftigkeit, unerschütter-
lichen Sinnes, noch heute erntet!) die Kriegserklärung und am 19.
August erschien in der Wiener Hofzeitung das von Gentz abgefaßte
Manifest. Man bedenke die Schwierigkeit: dem Schwiegersohn des
Kaisers Franz mußte Fehde angesagt werden; Napoleon, kaum noch
allgewaltig und auch jetzt noch mit einem starken und tapfern Heere im
Herzen Deutschland's, war, um der Ruhe Europa's willen, in Frank-
reich's Grenzen zurückzuwcisen. Aus dem Manifest vom August 1813
mögen die Haupimomente hervorgehoben werden. Ursachen der Teil-
nahme Oefterreich'S an den Kriegen von 1792 bis 1810; trauriger
Ausgang des Feldzugs von 1809; bei der einleuchtenden Unmöglichkeit
unmittelbarer und gründlicher Heilung des tiefzerrütteten politischen Zu-
standes von Europa überzeugte sich Oesterreich, daß die bewaffneten
Rettungsversuche einzelner Staaten, statt der gemeinschaftlichen Noch
ein Ziel zu setzen, nur die noch übrig gebliebenen unabhängigen Kräfte
fruchtlos aufreiben, den Verfall deS Ganzen beschleunigen, und selbst
die Hoffnung auf bessere Zeiten vernichten mußten; dieser (Überzeugung
entwuchs die Erkenntlich, cs werde ein wesentlicher Vortheil sein, durch
einen auf mehrere Jahre gesicherten Frieden (einen dreißigjährigen,
wie ihn Deutschland 1845 hoffentlich wird feiern können zur glücklichen
Tilgung deS Angedenkens an den dreißigjährigen Krieg, konnte da-
mals menschliche Voraussicht sich nicht träumen lassen!) den bis dahin
unaufhaltsamen Strom einer täglich wachsenden Uebermacht wenigstens
zum Stillstand zu bringen; ein Friede dieser Art war unter den ge-
fahrvollen Umständen^von 1809 nur durch einen außerordentlichen Ent-
schluß zu erreichen; „der Kaiser fühlte es und faßte diesen Entschluß;
für die Monarchie, für das heiligste Interesse der Menschheit, als
Schutzwehr gegen unabsehliche Ucbel, als Unterpfand einer bessern Ord-
nung der Dinge, gaben Se. Majestät, was Ihrem Herzen das Theu-
erste war, hin; in diesem über gewöhnliche Bedenklichkeiten weit erha-
benen, gegen alle Mißdeutungen des Augenblicks gewaffneten Sinne
wurde ein Band geknüpft, das nach den Drangsalen eines ungleichen
Kampfes, den schwächern und leidenden Theil durch das Gefühl eini-
ger Sicherheit aufn'chten, den stärkern und siegreichen für Mäßigung
und Gerechtigkeit stimmen, und so von zwei Seiten zugleich der Wie-
derkehr eines Gleichgewichts der Kräfte, ohne welches die Gemeinschaft
der Staaten nur eine Gemeinschaft des Elends sein kann, den Weg
bahnen sollte/- — Anführung der Gründe, welche den Kaiser Napo-
leon bewegen mußten, den Erwartungen Oestereichs zu entsprechen;
Aufzählung der Vorgänge, die nur zu klar bewiesen, daß er nicht ge-
checkt sei von allesverschsingender Ruhmsucht; (warnte ihn ja vergebens
des schwedischen Karl's düsterer Schatten!) Schilderung des Systems
der furchtbaren, alle Rechte verhöhnenden Gewaltherrschaft während
der Jahre 1810—18^2; Ausbruch des russischen Sturms; Moskau's
Flammen geben das Signal zum Befreiungskrieg; Auflodern des deut-
schen Volksgeiftes; Starrsinn des Drängers, der sich nicht entschließen
will, der Ruhe der Welt ein Opfer zu bringen; Oesterreichs Vermitt-
lungsversuche; fruchtlose Unterhandlung zu Prag; O.-stcrreich entschei-
det sich; „Seine Maijestät haben drei Jahre lang mit unermüdeter
Beharrlichkeit darnach gestrebt, die Grundlage der Möglichkeit eines
wahren und dauerhaften Friedens für Oesterreich und für Europa auf
Milden und versöhnenden Wegen zu gewinnen; diese Bemühungen sind
vereitelt; kein Hülfsmittel, keine Zuflucht mehr, als bei den Waffen;
der Kaiser ergreift sie, ohne persönliche Erbitterung, aus schmerzhafter
Nothwendigkeit, aus unwiederstehlich, gebietender Pflicht, aus Grün-

den, welche jeder treue^Bürger seines Staates, welche die Welt, welche
Napoleon selbst in einer Stunde der Ruhe und Gerechtigkeit erkennen
und billigen wird; — ein durchgememschaftliche Notb und gemeinschaft-
liches Interesse gestifteter Bund mit allen für Unabhängigkeit bewaffne-
ten Mächten wird unfern Anstrengungen ihr volles Gewicht geben; der
AuSgang wird, unter dem Beistände des Himmels, die gerechten Er-
wartungen aller Freunde der Ordnung und des Friedens erfüllen." —
Zwei Monate nach dem Tag, an welchem das Manifest zu Wien ver-
öffentlicht worden, war die Schlacht bei Leipzig gewonnen und Napo-
leon auf dem Rückzug nach dem Rhein. Vier Monate später, am 16.
Februar 1814-, spricht Göthe von dem Buche -er Frau v. Stael über
Deutschland, das beim ersten Erscheinen einen wunderbaren Effect
machte. Hier nun liest man folgende Betrachtung: „Die Deutschen
werden sich dann kaum wiedererkennen, aber sie finden darin den sicher-
sten Maßstab des ungeheueren Schrittes, den sie gethan haben. Möch-
ten sie bei diesem Anlaß ihre Selbstcrkenntniß erweitern und den zwei-
ten großen Schritt thun, ihre Verdienste wechselseitig anzuerkennen, in
Wissenschaft und Kunst, nicht, wie bisher, einander ewig widerstrebend,
endlich auch gemeinsam wirken, und, wie jetzt die ausländische
Sklaverei, so auch den innern Parteisinn ihrer neidischen
Aprehensionen unter einander besiegen. Dann würde kein mit«
lebendes Volk ihnen gleich genannt werden können. Um zu erfahren,
in wie fern dieses möglich sei, wollen wir die ersten Zeiten des bald
zu hoffenden Friedens erwarten." — Noch 18 Lebensjahre waren von
da an dem Dichter bcschieden, aber erst nachdem er hinübergegangen,
hat sich die Bedingung erfüllt, an welche ec seines Volkes Größe ge-
knüpft sah, indem heute nicht etwa nur in Wissenschaft und Kun"st,
wie schon längst, sondern auch in Politik und Industrie der deut-
sche Name die ihm gebührende Stelle im Vökkerregister eingenommen
hat.

Tagsbericht.
Möskirch, 12. Oct. Während gestern der Bürger Val. Böhm
in einer Kiesgrube arbeitete, brach ein Theil der obern Erdschichte ein
und verschüttete den Unglücklichen, so daß derselbe, obgleich augenblick-
lich wieder ausgegraben, doch erstickte.
Aargau, 15. Oct. So eben wird hier folgende Publikation
öffentlich angeschlagen.
Lauda mann u. Kleiner Rath des Kts. Aargau:
Nachdem die Großherzogl. Badische Regierung mit Verordnung vom
29. September des laufenden Jahres, verkündet durch das Staats-
und Regierungsblatt vom 8. d. M., die für Schwei; erkäse, schwei-
zerischen Obstmost (Eider) und schweizerischen Essig bisher be-
standenen ermäßigten Zollansätze, vom 15. Oct. d. I. an aufgehoben
und an deren Stelle für die Einfuhr der benannten Gegenstände längs
der hierseitigen Kantonsgränze die volle tarifmäßige Eingangsabgabe
eintreten ließ, wodurch die Einfuhr in das Großherzogthum unmöglich
geworden; so haben Wir Uns im diesseitigen Staatsinteresse zu Gegen-
maßregeln veranlaßt gefunden und demzufolge
verordnet:
§. 1, Die Einfuhr von badischem Wein, badischem Bier,
badischem Essig und badischem Mehl in den Kanton Aargau
ist vom 15. dieses Monats an gänzlich untersagt.
§. 2. Hingegen ist die Durchfuhr dieser vorbenannten Gegen-
stände durch das aargauische Gebiet in andere Schweizerkanrone nach
den bisherigen Tarifsätzen und unter besonders schützenden Maßnahmen
gestattet.
8. 3. Als Eintrittsstationen sind bezeichnet: die Zollämter von
Kaiserstuhl, Zurzach, Koblenz, Laufenburg, Säckinger-Brücke, Rhein-
selden, Aarau und Aarburg.
 
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