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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 216
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0879

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No. 2L6.

Dienstag den 13. Septbr.

1842.

LandtKqsNerhKnSlungsn.
Carlsruhe, 6. September. 59. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Bekk; RcgicrungSksmmiffion: Geh. Ref. Eichrodt?
Folgende Petitionen werden übergeben: H nndt übergibt eine Vollmacht stimmt»
lichcr Bürger von Schottcnhöfcn und Lindach zu der am 3. übergebenen, nur von
Einem Unterzeichneten Petition wegen Abänderung des Gemcindcverbandes mit Nord-
rach. Gottschalk übergibt eine Bitte sämmtlichcr Feuerhandwerker der Aemter
Schopfbcim und Schönau, nm Hemmung der Kohlenausfuhr in das Ausland.
Der Präsident zeigt an, daß die erste Kammer dem Provisorischen Gesetz
über die Znckerzölle, so wie den vorgelegtcn Zollverträgcn, ferner dem modiftcirten
Entwurf über die Hundstare beigetretcn ist; dagegen ist die erste Kammer dem Adreß-
entwurf über Verlängerung des Termins zur Verzinsung des StaatSbeitrags für
die Zehntablösungskapitalicn nicht beigetrcten.
Geh. Ncf. Eichrodt erklärt auf den gestrigen Antrag des Abg. Hoffman»,
daß die Negierung zur Zeit Anstand nehme, das Protokoll über die letzte geheime
Sitzung drücken zu lasten, indem sie jetzt noch die Veröffentlichung dem Interesse
des Landes nicht angemessen halte.
Posselt berichtet über eine Petition von 25 Bierbrauern, die Erhebung der
Bicraccise betr. - Uebcrweisung an das Großh. Staatsministerium.
«chmidt. Die vorliegende Petition ist das Resultat zweier Versammlungen,
^klche die Bierbrauer zu Mosbach und Offenburg gehalten haben, um sich in ih-
rem Verlangen nach Abänderung der bestehenden Bieraccisc zu vereinigen. Zuerst
suchte man sich darüber zu verständigen, ob'ein Antrag bei der hohen Regierung
dahin gestellt werden sollte, die jetzige Erhebungsart der Aecise in eine Malzsteuer
zu verwandeln. Die beiden Versammlungen sprachen sich aber dahin aus (einge-
denk des alten Sprichwortes es kömmt nichts Besseres nach), daß man bei dem je-
tzigen Systeme festhalten, aber um Revision der Gesetze und um Entfernung oder
Abänderung einiger Paragraphen der Vollzugsvcrordnnngcn über die Bicraccise bit-
ten sollte. Der oberste Grundsatz, de» diese Versammlungen aüfstellen geht dahin,
alle Defraudationen in den Brauereien abzuschneiden, und sie haben somit die Stun-
den, die zum Trauen gegeben werden, so sirirt, daß in denselben keine zwei Suite
Brer-gebraut werden können, in der vollen Erwartung, daß die hohe Regierung
diese Offenheit der Brauer dadurch vergelten wird, daß sie die so lästige und stö-
rende Mittelkontrolc entfernen oder abändern werde. Als besonders dunkel und zu
vielen Strafen und Vcrationcn führend, wird der H. 2 der Vollzugsvervrdnung vom
12. Oktober >837, angegeben. Wenn unter diesem § verstanden werden soll, daß
der Kessel nur einmal mit Wasser gefüllt werden, ohne daß noch ein weiteres Was-
ser verwendet werden soll, so ist es rein iiiimöglich, Bier zu brauen, denn es würde
Syrup gehen; cs kann also nichts anderes verstanden werden, als daß nur ein KeE
iel poll Bier, also nur ein Sutt, während der gegebenen Zeit gebraut werden darf;
dahin wäre also dieser K zu erläutern. Der tz. 15 der Instruktion für die Steil»
erhedcr steht mit diesem tz. in enger Verbindung. Es handelt sich darum: was soll
unter Nachfüllnng verstanden werden? Soll darunter verstanden werden, daß. sobald
der Kessel voll ist, durchaus keine Maische mehr übrig sein darf; so muß sch offen
bekennen, daß es unmöglich ist, einen SuitBicr zu brauen, ohne daß der Brauer
jedesmal in Strafe gerathen müßte; denn es ist für den Brauer ganz unmöglich,
das Bcrhäliniß des Wassers zu dem Kesscllnhalt so genau zu bestimmen, daß wenn
der Kessel gefüllt ist, keine Maische wehr übrig bleibt Es iff Praxis der Brauer,
lieber etwas zu viel als zu wenig Maische zu haben; das zu viel .kann durch
ein schnelleres Ein lochen verwendet werden, und ist der Güte des Bieres nicht nach-
theilig, würde es aber sein, wenn man die übrige Maische nicht benützen dürfte.
Das Gcgentheil wäre aber wenn man zu wenig Maische hatte, und bloscs Was-
ser Zusätzen müßte. Unter Nachfüllung oder Nachsutt kann füglich nichts anderes
verstanden wurden, als wenn eiw Theil des mit Hopfen bereits, gekochten Kcsselin-
dalts aus dem Kessel geschöpft, »uv dieser Kessel wieder von neuem mit frischer
Manche ober Würze ungefüllt wird, also ein in ocr Brausprache sogenannter -Aus-
schlag" gemacht wird. Der §. 3 der VollzugSverordnmig vom 12. Oktober 1837,
der von den Kcssnkränzen handelt, bedarf unstreitig des Zusatzes, daß unter Kranz
nur basienige verstanden werden kann, was den Kessel ganz umgiebt und wafscr-
dicht lst. Dieser §. führt ebenfalls zu vielen Vcration-m unv Strafen. Es sind
mir Falle bekannt, daß Trauer gestraft wurden, weil sie das Uebcrkochcn des Kes-
sels dadurch zu vermeiden suchten, daß sie ein Stück Hopfcntuch oder einen Besen
oder ein Stückchen Holz auf den Kefselkranz legten. Auch werden in dieser Petition
Anträge und Wünsche ausgesprochen, wie die 4, 8 9 unv 10 abgcändert wer-
den können. In §. W wird die Zeit von 3 Stunden viel zu hoch'gefunden, da
bekanntlich die Brauerei viel von der gute» Benützung der Witterung abhängt, und
sich darin in dieser Zeit viel ändern kann. Der tz. io der Vollzugsvervrdnung ge-
stattet nicht, das Siegel des Kessels.eigenmächtig abzunehmcn. Dieser tz. sollte da-
bin geändert werden, daß cs dem Brauer erlaubt ist, -renn der Steuererheber daS
Siegel nicht zur richtigen Zeit abnimmt, es selbst abnehmen zu dürfen, nach Ver-
ruf einer halben Stunde, die zum Anfang der Brauzeit bestimmt ist.. Besonders
aber sollte der tz. lg der Instruktion für die Steuerhebel ganz wegfallen, denndie-
? ist eigentlich ein Eingriff in das Eigenthnmsrecht eines jeden Bürgers. Ich
ssiäube nicht daß cs in der Befugniß der Regierung steht, ein Gewerbe oder Ae-
ichä" W genau kontrolircn zu lassen, um dasselbe durch und durch zu schauen; denn
es hat leder Geschäftsmann sogenannte Handgriffe und Geheimnisse, die er nicht

von Jedem durchschauen lassen will, daher sollte dieser §. füglich ganz gestrichen
werden. Die Wünsche der Petenten werden gewiß nicht zu hoch, sondern billig ge-
funden werden, und ich bin der festen Ueberzcugung, daß die' gewählten Änderun-
gen den doppelten Zweck erreichen werden, eine Vermehrung der Staatseinnahme
und gutes Bier zu erlangen. Ich bin der besten Hoffnung, daß das hohe Ministe-
rium dieselben auch berücksichtigen, und diesem Gewerbe eine freiere Bewegung ge-
statten wird, die besonders dieses Jahr nöthig wäre, wo die Materialien zum Brauen
einen hohen Preis zu gewinnen scheinen, wenn ein gutes und «icht zu theucrcs Bier
erzeugt werden soll.
Knapp hatte sich früher schon gegen die Malzstcucr erklärt; es überrascht ihn
daher nicht, daß die Brauer, bei näherer Ueberlcgung von diesem Verlangen zurück-
gckommcn sind, und er glaubt, daß den Wünschen der Petenten entsprochen werden
kann.
Der Antrag der Kommission wird angenommen. (Schluß folgt.)

N a ch t r a g
zur 54. öffentlichen Sitzung der 2. Kammer vom 2. September, die Motion wegen
Preßfreiheit betreffend.
Geh. Ref. Eichrodt: Meine Herren! Die Frage über die Preßfreiheit und
Zensur ist in diesem Saale schon so oft und umständlich erörtert worden, dag wohl
schwerlich etwätz Neues darüber gesagt werden kann. Ich enthalte mich dcßhalv
auch .einer allgemeinen Erörterung des Inhalts des Kommissionsberichts und be-
schränke mich lediglich auf einige Bemerkungen über unfern gegenwärtigen Preßzu-
stand. Im Juli 1839 ist von der Regierungsbank aus bei Berathung eines ähnli-
chen Gegenstandes auseinander gesetzt worden, daß die Ziistandebringung eines
Preßgefctzcs, wie cs diese Kammer wünscht, unübcrsteigliche Hindernisse in der
Bundcsprcßgesctzgebung finde', das Zustandekommen eines Preßgefctzcs aber, wie es
die Negierung geben könnte, ein gleiches Hindcrniß in dem Widerspruch dieses
HauseS finden würde. Die Regierung hat deshalb schon damals auf den Versuch
mit der.Bearbcitug eines Preßgesetzcs verzichtet und sie ist noch von dreier Mei-
nung beseelt. Dagegen haben 'die'Regieruugskomimsiare in jener Sitzung aner-
kannt, daß Instruktionen für die Censorcn nothwcndig seien, um einerseits ungc-
bührlichen Beschränkungen in der freien Meinungsäußerung vorzubeugen und ande-
rerseits Mißbräuche der Presse gehörige Schranken zu setzen. Es ist, ferner von
Seiten der Negiernngskommission zugegeben worden, daß im Interesse der Ncdac-
tione» zur Beschleunigung der Rekurse ein angemesseneres Reknrsverfahrcn eintretcn
müsse. Die Regierung hat ihre Zusage , so weit sie konnte, in Erfüllung gesetzt
durch die Verordnung vom 3. Januar I84l, Rcgierungblatt Nr. 1 über Rekurse
in Pressachen; ferner durch die Instruktion vom 4. Januar 1840, deren Hauptsätze
zu verlesen die Kammer mir gerne gestatten wird. Der Redner verliest dieselben
und fahrt dann fort: Diese Instruktion hat, so viel ich weiß, seiner Zeit allgemein
Anerkcnung gefunden. Sie besteht noch unverändert, und es soll auch, nach den«
festen Willen der Regierung, nichts daran geändert, Zandern sie soll gehanohabt
werde», indem hierdurch alle billigen Wünschen in dieser Hinsicht erfüllt 'werden.
(Mehrerer Stimmen: allerdings, wenn sic gchandhabt wird). Der Beweis davon
ist bereis gegeben, und ich muß dcßhalb die Klagen über den Druck der Eensiir, so
weit sie in dem Kommissionsbcricht enthalten sind, als unbegründet und übertrieben
zurückweiscn. Der gegenwärtige Zustand unserer Presse ist der direkte Beweis des
Gcgcntheiles. Was nun den Bericht der Petitionskommissio» über die Eingabe rer
Kirchen- und Schulzeitung betrifft, so zerfällt die Petition in zwei Thrile; nämlio.»
in Beschwerden über den Strich eiiizelner Artikel, welche religiösen und politischen
Inhaltes sind, und in einer Beschwerde über die Herausgabe einer Instruktion an den,
Censor in Frciburg von Seiten des Ministeriums des Innern. WaS den er-
sten Punkt betrifft, so muß ich die Petition als formell unbegründet zurückireisen,
well der Beschwerdeführer die Enthörung bei dem großherzogiichen Staatsministe»
rium nicht »achgewicscn hat. Unter den gestrichenen Aufsätzen aber sind z. B. Ar-
tikel über die Frage, ob die Katholiken schuldig seien, die Ohrcnbeichl abzulcgen,
wenn der Priester sie von ihnen fordert; ferner eine Kritik über ein Generale der
Kurie an die katholischen Geistlichen. Ich frage, ob cs angemessen ist, solche Leh-
ren in einem Volksblatt unter das Volk zu bringen; denn ein Bolksolatt ist die
Lirch- und Schulzeitung, und keine wissenschaftliche Zeitschrift. Die Regierung hat
mit Rücksicht auf den §'. 7 der Instruktion diese und ähnliche Artikel zuruckgcwiescn;
denn in jenem Paragraphen heißt es: polemische Erörterungen über solche Gegen-
stände sollen nur ' in besonders dazu geeigneten Zeitschriften , nicht aber
in den gewöhnlichen Zeit- und Tagblättern, namentlich auch nicht in Schrif-
ten, die unter die Jugend kommen, gestattet sein.. — Die Regierung hat ferner ei-
nen Aufsatz über die angebliche Beaufsichtignng der Geistlichen durch die Gendar-
merie zurückgewieftn, worüber ich nichts weiter sagen will, als daß der Inhalt
der betreffenden Anordnung nicht mehr eristirt. Es war lediglich ein Mißverständ-
nis, und ich könnte im Interesse der Sache selbst nur in geheimer Sitzung nähern
Aufschluß über diesen Gegenstand geben.
Bassermann: Das ist ein böses Omen!
Geh. Ref. Eichrodt: Nein! was die Regierung in dieser Hinsicht gethan Hai,
wird ihr nur Ehre bringen; sie hat die Geistlichen niemals unter die Aufsicht der
Gendarmerie gestellt. Es war ein Mißverständnis von «eiten einer Behörde, und
wie die Sache zur Kemitniß des Ministeriums kam, wurde sie zurückgenommen
 
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