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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 264
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1075

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Mannheimer MoWiMatt.
4^0.264. Dienstag den 8. November. 1842.

Tagsbericht.
Lahr, 6. Nvv. Ich erlaube mir folgende Fragen zu stellen :
1) Warum wird schon seit Jahren die städtische Gemeinderechnung
zur Einsicht der Gemeindesteuerpflichtigen nicht aufgelegt, und
solche, nach Umfluß des vorgeschriebcnen Termins, nicht öffent-
lich verkündet, wie es die Gemcindeordnurg Z. 133 befiehlt?
2) Kann die Unterlassung dieser gesetzlichen Vorschrift, Vertrauen in
der sonst gerühmte» Gcmeindehaushalt erwecken, und Ruhe und
Eintracht unter den Bürgern befördern? —
3) Ist es wahr, daß, wie man sich unter der Bürgerschaft mit
Unwillen äußert, die Prozeßkosten in Ehrenkränkungssachen ein-
zelner Mitglieder des Gemeinkeraths und andere ähnliche Ko-
sten aus der Stadtkaffe geschöpft worden sind? —
4) Welche Beweggründe lagen bisher überhaupt vor, der Bürger-
schaft die verordncte Einsicht der Gemeindcrechnungen vorzueut«
halten, und dadurch die Spannung uns den Unfrieden, oder,
wie man bisweilen zu sagen sich gefällt, die Unruhe noch zu
vermehren oder zu erhöhen?
Eine öff-ntliche Rechnung, sollte man doch meinen, habe das Licht
nicht zu schluen. —
Carlsruhe, 3. November. Das großh. Staats und Regierungs-
blatt vom Heutigen, Nr. 33, enthält:
Den Vereinszolltarif für die Jahre 1843, 18-44, 1845 und Voll-
zugsve ordnungen.
Baden, 1. Noo. Die Schlußliste der während der Saison 1842
anwesenden Fremden gibt eine Gcsammtzahl von 23,739 Personen
(1959 mehr, als im vorigen Jahr.)
Bom Main, 3. Nov. Drm Vernehmen nach beabsichtigt der
deutsche Zollverein Retorsionsmaßregeln gegen den amerika-
nische» Tarif zu ergreifen. Worin dieselben bestehen werden,
ob vielleicht in einer Erhöhung des Eingangszollcs auf Tabak, Reis
oder Baumwolle, ist bis fetzt noch nicht bekannt. So hätten wir denn
einen kleinen commerciellen Krieg vor der Thüre; hoffentlich wird ihm
bald ein für beide Theile gleich vortheilhafter Friede folgen.
Augsburg, 4. Nov. Nach Pri'vatbriefen aus Berlin scheinen
die Unterhandlungen mit Hannover so weit gediehen zu slyn, daß ein
baldiger Anschluß deS letztern an den deutschen Zollverein höchst wahr-
scheinlich wird.
Breslau, 30. Oct. In der Kaserne des 11. Ngeiments (1. Com-
pagnie) wurden gestern früh sechs Soldaten, die in einem Zimmer und
einer daran stoßenden Kammer schliefen, vom Kohlendampf erstickt,
sämmtlich in besinnungslosem Zustande gefunden. Einer davon war,
trotz aller angewandten Versuche nicht wieder ins Leben zurückzurufen.
Bei den Anderen hatten diese Bemühugen glücklichere Resultate, doch
waren auch sie spät am Abend noch besinnungslos. Bemerkenswerth
ist es, das gerade derjenige Mann, welcher nicht im Zimmer, sondern
in der Kammer schlief, das erste und, wie zu hoffen steht, einzige Opf-
er wurde. (Späteren Nachrichten zufolge, waren von den fünf übri-
gen bereits vier wieder hergestellt.)
Wipperführt, 28. Oct. In dem benachbarten Engelskircher
Thale wird gegenwärtig ein großes Fabrikgebäude in Quadern aufge-
führt, das vollendet 600,000 Thaler kosten soll. In diesem Gebäude
sollen durch einen englischen Geschäftsmann und Unternehmer die Ver-
bindung mit zwei Elberfelder Hauser Spinnereien aller Art errichtet
werden, so daß vielleicht die heimischen Weber, durch dieselben verse-
hen, nicht mehr auf ausländische Gespinnste angewiesen bleiben und
somit die Klage über Schutzzoll ebenfalls verhallen dürfte.
Paris, 3. Nov. Unter den Arbeitern sämmtlicher Gewerbe hat
sich seit einiger Zeit eine gewisse Organisation gebildet, welche die Auf-
merkfamkeit der Regierung ernstlich in Anspruch zu nehmen beginnt.
Die Arbeiter fast sämmflicher Gewerbe bilden fetzt Corporationen, die

ihre Charten, ihre Reglern ns haben. Es bestehen diese Corporationen
nicht bloß in Paris, sondern in allen Manufacturstädten des König-
reichs. Man berechnet, daß trotz der Hemmnisse aller Art, welche die
Behörde gegen die Bildung solcher Gesellschaften erhoben hat, mehr
als die Hälfte aller Arbeiter in Associationen, zur Uebernahme und
Betreibung von Arbeiten für gemeinschaftliche Rechnung , vereinigt sind.
— Gestern hat sich der Gcneralrath des Scinedep. versammelt;
seine erste Handlung war, eine Beileidsadreffe an den König wegen
des Unglücks vom 13. Juli (Tod des Herzogs von Orleans) zu richten.
— Heute bezieht der Hof die Tuilerien, somit hat die Wintersai-
son ih en Einzug gehalten.
London, 1. Nov. In einer Ebartistenversammlung sprach eia
Redner, Herr Moutz, also: Marie Anne Walker (siche Morgenblatt
No. 254) ist ein herrliches Mädchen, dessen Patriotismus den andern
Frauen zum Muster dienen sollte. Dank seiner energischen Begeiste-
rung, kann ich den Tyrannen des Landes Vorhersagen, daß sie bald
mit einer Phalanx Frauen kämpfen werden. Diese werden die Vorhut
bilden und sich wie Dämone schlagen; hinter ihnen werden die Män-
ner marschiren, und nichts wird ihren vereinten Kräfren widerstehen.
Die Tyrannen haben den häuslichen Herd zu einer Hölle gemacht,
und die Frauen stürzen fetzt aus derselben hervor, um ihr Land von
dem Untergange zu retten. Es leben die Frauen! (Donnernder Beifall.)
— Das (bekanntlich einer englischen Gesellschaft von der britischen
Regierung abgekauste, zu regelmäßigen Fahrten zwischen Antwerpen
und Neuyork bestimmte und am 5. Oktober auf seiner dritten Fahrt
und zur Heimreise von Neupork abgegangenc) Dampfboot „British
Queen" hat seit 25 Lagen Nkttyork verlassen, und noch find keine Nach-
richten von demselben, das auch in England anzulcgen pflegt, einge-
laufcn.
Genf. Der Staatsrath hat eine Petition der zahlreichen Juden
Genfs, in der Stadt ihren Gottesdienst halten zu dürfen, abgewicsen.
Petersburg, 23. Oct. Der Kaiser hat gleich nach seiner Rück-
kehr dein Minister des Innern einen höchsten Ukas nachstehenden In-
halts zugestellt: „Jede Person, die einer absichtlichen Feueranlegung
überwiesen wird, soll bis zu einem weitern Befehl einem Kriegsgerichte
zur Aburtheilung übergeben werden." Seit einigen Tagen sieht man
in unserer Hauptstadt vergrößerte Vorsichtsmaßregeln gegen Feucrsge-
gcfahr angeordnet.
Lissabon, 21. Oct. Die Prinzen von Joinvllle und Aumake sind
gestern hier angekommen. Der erste wird bald von hier nach Brasil-
ien segeln, um seine Braut Jgnuaria abzuhvlen; der Herzog von Au-
male begiebt sich aber nach Anika.
Zwischen den Höfen von Lissabon und Madrid werden emsige Un-
erhandlungen gepflogen. Der Regent handelt mit Gradheit und Festig-
keit. Man glaubt hier allgemein in den politischen Salons, daß sich
vor dem Winter noch etwas sehr Ernstes in Spanien ereignen werde.
Constantinopel, 19. Oct. FürstAlerander Ghika, Hospo»
dar der Wallachei, ist durch allerhöchste Entschlißuug Sr.
Hoheit des Sultans seines Postens entsetzt worden. Ge-
stern ward der Absetzungsserman von hier nach Bucharest abgeschickt.
Die Pforte meinte in ihrer bohen Weisheit, etwas müsse doch gesche-
hen, um Rußland zu besänftigen, welches durch das Verfahren der
Pforte in Scrbrien sich verletzt fühlt und eine Restauratien in Belgrad
verlangt.
Algerien. In Algier verspürte man den 24. Okt., um 8 Uhr
11 Minuten Nachts, zwei Erdstöße, begleitet von einem dumpfen Ge-
rolle, ähnlich einem fernhallendea Donner in den Bergen« — Der
„Moniteur Algerien" vom 25. Oct., in einer Notiz über den Fort-
gang der Kolonisirung in Algerien, sagt, es seien im laufendeu Jahre
5 Dörfer gebaut worden und 9 weitere in der Errichtung begriffen.
Neun mehr sind für's kommende Jahr profektirt.
 
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