No. 270.
Dienstag den 15. Novembr.
1842.
Tagsbericht.
Carlsruhe. Durch die Beförderung des bisherigen Schullehrers
Jacob Jo ho von Bug gingen auf die erledigte Hauptlchrerstelle an der
Knabenschule zu Heidelberg ist die zur zweiten Classe gehörige evange-
lische Schulstclle zu Buggingen, Visitaturbezirkö Müllheim, mit dem
neu regulirlen Gehalt von 175 fl. nebst freier Wohnung und gesetzlichen
Artheil am Schulgelde sä 1 fl. von jedem Schulkind in Erledigung ge-
kommen. Die Bewerber um dieselbe haben sich bei ihren Bezirksschul-
Visitaturcn binnen 6 Wochen zu melden.
Der erledigte katholische Schul-, Meßner- und Organistendienst zu
Gailingen, Amts Radolfzell ist dem Hauptlchrer Seraphin Schremp
zu Unterbiederbüch, Amts Waldkirch, übertragen, und dadurch ist der
kathol. Schuldienst zu Unterbicderbach mit dem gesetzlich regulirten Dienst-
einkommcn von 173 fl. nebst freier Wohnung und Antheil am Schul-
geld, welches bei einer Zahl von etwa 180 Schulkindern auf 30 kr.
jährlich für jedes Kind festgesetzt ist, erledige worden. Die Competen-
len um den letztgenannten Schuldienst haben sich durch ihre Bezirks-
schulvisitaturen bei der Bezirksschulvisitatur Waldkirch zu Oberwinden
innerhalb 6 Wochen zu melden.
Mai»z, 12. Nov. Künftigen Mittwoch den 16. l. M. nimmt
eine wichtige Verhandlung vor dem hiesigen Zuchtpolizeigcrichte, unter
dem Vorsitze des Hrn. Präsidenten Levita ihren Anfvng; sie wird wahr-
scheinlich mehrere Tage dauern. 26 Individuen werden vor Gericht
scheinen; diese sind beschuldigt, von einem staatsgesährlichen Komplotte
Kenntniß gehabt und keine Anzeige davon gemacht zu haben. Der ein-
zige Theilnehmer an dem Komplotte ist flüchtig und wurde per- oontu-
lnsoism zum Tode verurtheilt. Man ist hier sehr gespannt auf diese
erste öffentliche gerichtliche Verhandlung wegen politischer Vergehen,
da außer der Landauer Assisensitzung in ganz Deutschland noch keine
öffentliche Gerichtssitzung der Art statt fand.
Die Untersuchung wurde seit beinahe zwei Jahren mit Umsicht und
Strenge geführt. Die Gerichtsbehörden befinden sich, wie man ver-
nimmt, im Besitze von voluminösen Acten und Corresponbenzcn, die
von einer ausländischen Propaganda herrühren sollen.
Stuttgart, 2. Nov. Vor einigen Jahren erging ein Cynodal-
rescript, durch welches die Oberaintmänner (Bezirkspolizeibeamten) an-
gewiesen wurden, den Lebenswandel der Geistlichen zu beaufsichtigen.
Diese Aufsicht wird zum Theil von jenen Beamten auf eine Weise aus-
geübt, welche nothwcndig das Ansehen des geistlichen Standes bei den
Gemeinden, ohne welches die geistlichen Standes bei den Gemeinden,
ohne welches die geistliche Wirksamkeit Null wird, untergraben muß.
Es kam schon vor, daß ein Oberamtsactuar in öffentlicher Gesellschaft^
sich rühmte, es stehe ihm zu, jeden Geistlichen, welchen er in einem
Wirthshause treffe, hinauszuweisen.
— Unsere in und außerhalb der Kammer vielfach angefochterre Straf-
prozeßordnung wird gegenwärtig durch die ständische Commission ans'ö
neue berathcn; die Regierung sagt man, wolle, vielleicht eben in Er-
wägung dieses Widerspruchs den Kammern Vorschlägen, dieselbe in vor-
liegender Gestalt provisorisch anzunehmen, mit dem Versprechen Sei-
tens der Regierung, diese Strafprozeßordnung auf dem nächsten ordent-
lichen Landtage, auf welchen aber neue Wahlen zu geschehen haben,
sofort zur definitiven Berathung und Beschlußnahme vorzulegen. An
eine Annahme dieses Vorschlages ist übrigens, wenn er je gemacht
werden wollte, nicht zu denken.
Bückcburg, 9. Nov. Heute brannte das NegierungSgebäude in
preußisch Minden ab. Die Regierungsacten sollen größtentheils ge»
gerettet sein.
Berlin, 8. Nov. Wie verlautet, hätte man sich bereits höheren
Orts dahin entschieden, im kommenden Spätsommer ein großes Kriegs-
Lager in der hiesigen Umgegend zu halten, woran außer unserm
Gardecorps noch das 3. und 4. Armeecorps Theil nehmen werden,
Erwähnte Militair-Abtheilungen sollen zu diesem großen Manöver mit
der neuen verbesserten Uniform schon versehen sein.
Paris, 11. Nov. Der Moniteur Algerien legt jetzt das officielle
Bckcnntmß ab', daß der diesjährige Herbstftldzug keine großen Resul-
tate hervorgebracht, wie man sie im Publikum wohl irrigerweise da-
von erwartet habe.
— Das Proiocoll zu dem Quintupelvertrag vom 20. Dez. 1841,
das Durchsuchungsrecht betreffend, welches bis daher für Frankreich
zur Beibringung der Ratification offen gehalten worden war, ist nun
definitiv geschlossen; Guizot soll erklärt haben, nach dem Stand der
öffentlichen Meinung in Frankreich sei die Ratification des besagten Trak-
tats unmöglich. Jetzt handelt es sich zunächst von Aufhebung der das
gegenseitige Durchsuchungsrccht anerkennenden und regulirenden Verträge
von 1831 und 1833; auf diesen Punkt wird die Opposition auf der
Nedncrbühne und in der Presse ihre Batterien richten.
— Thiers und Mole waren gestern Abend lange zu St. Cloud
mit dem König in Conferenz.
— Nächsten Sonntag, 13. Nov., hört die Hoftrauer für den Her-
zog von Orleans auf.
Vom 10. Nov. Aus Madrid schreibt man, Espartero beabsich-
tige, sich beim Eintritte der Volljährigkeit der Königin Jsabella zum
erblichen Vicekönige der philippinischen Inseln ernennen zu
zu lassen, so daß er dann in dieser Stellung nur in einem Vasaüen-
verhältmffe zur Königin von Spanien stünde; er läßt zu diesem Zwe-
cke ein eigenes für sein Interesse verfaßtes Journal in Paris unter
der Leitung des Hrn. Gramer ve Casagnnc in spanischer Sprache dru-
cken und nach den philippinischen Inseln schicken, wohin er auch den
General Alcala, einen seiner Busenfreunde, geschickt hat, um die Ge-
mächer zu seinen Gunsten zu stimmen.
— Der Assiseuhos der Seine hat heute ein Prozeß gegen Hourde-
ffuin und andere Beamte der Präfektur der Seine begonnen, die der Ent-
wendung von Aktenstücken, der Verfälschung, der Annahme von Verspre-
chungen oder Gaben gegen chre Pflicht u. s. w. beschuldigt sind. Die Ange-
klagten, fünf an der Zahl, sind: 1) Morin (Adolph), 36 Jahre
alt, Baumeister; 2) Philider (Alexander), 43 Jahre alt, Beamter;
3) Solet (Stephan Alexander), 42 Jahre alt, Ztvilingenieur; 4)
Boulet (Nikolaus), 38 Jahre alt, Beamter; 5) Hvurdcguin (Johann
August), 31 Jahre alt, ehemaliger Bureauvorstand. Hr. Duchesne,
Gerichtsactuar, verlas den Anklageact, der höchst umfangreich ist, und
nicht weniger denn 7- oder 8tägige Verhandlungen nach sich ziehen
wird.
LrmSon, 8. Nov. Der Globe sagt: Wir vernehmen, daß Ruß-
land die chinesische Regierung zu einem hartnäckigen Wl'ederstand auf-
muntert und sie selbst mit Offizieren und Kriegsbedarf unterstützt; wäh-
rend Frankreich und die vereinigten Staaten in den Gewässern Chinas
Kriegsschiffe halten, um den Ausgang zu beobachten und an den Han-
delsvorthcilen, die unser Sieg verspricht, Theil zu nehmen.
Brüssel, 10. Nov. Man versichert, daß alle Steuern um 7 pCt.
erhöht werden sollen.
— Die Königin soll guter Hoffnung sein.
— Gestern Mittag hat der Sohn Vandersmiffens, welcher beschul-
diget ist, die Flucht seines Vaters begünstiget zu haben, ein langes
Verhör vor dem Jnstruktionsrichter Dussart bestanden.
Sincapore in Ostindien, 24. August. Die Engländer haben
vom 17. bis 19. Juni die Festungen genommen, die den Eingang des
Flusses Aang-Tsze-Keang, der nach Nanking und dem großen Canal
führt, beschützen, und sind zweifelsohne j-tzt in Nanking. Sie hatten
360 Kanonen, und darunter 75 metallene, erobert, und wenig Leute,
zwei Tobte und 25 Verwundete, verloren. — Die Nachricht von dem
Brande in Hamburg war in Sincapore schon (in 31 Tagen) cinge--
ttoffen und hatte bedeutende Sensation erregt.