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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 156
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0629

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Landtagsverhandlungcn.
CarlSruhe, 1. Juli. 17. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident
Bekk. _ Negicrungskommission: Staatsraty Wolsf.
Der Zudrang von Fremden aus allen Theilcn des Lande», welche der auf heute
angekündigte Antrag des Abg. v. Jtzstein hierher geführt hatte, und die seit dem
frühen Morgen die Räume des Ständehauses füllten, war so groß, daß selbst die
Abg. Mühe hatten, zu ihren Sitzen z» gelangen. Der Saal war bis in die Mitte
gefüllt, so daß der Präsident das Publikum auffordcrn mußte, sich so weit zurückzu-
ziehen, daß man wenigstens die Redner in den vorder» Sitzen sehen könne. Die
Stufen vor den Sitzen der Regierungskommission, des Präsidenten und der Sekre-
täre, sind mit Damen besetzt.
DtzWclcker übergibt: I) Eine Petition der Gemeinden Ober-nnd Unterlcuzkirch,
das Oeffne» der Winterbahnen und Straßenkorrektion betreffend. 2) Eine zweite
Eingabe dcrsebcn Gemeinden, das Decken der Häuser mit Ziegeln betreffend. I) Eine
dritte Petition, über das Pflanzen von Bäumen an den Landstraßen und Vizinal-
wcgcn. 4) Drei Petitionen der Gemeinden Vaihingen, desselben Inhalts, wie die
drei vorigen. L) Eine weitere Eingabe von Vaihingen, auf erweiterte Befngnifl
der Gemeinden bei Burgerannahmcn.
Grether übergibt eine Petition der am Rbeinufer liegenden Gemeinden Weil,
Haltingen, Kirchen, Markt, Efringen, Jstei», Hutsingen, Kleinkems und Nbeinwei-
ler um Aufhebung der Fliißbansteucr zu 4 kr. von wc> ft. Grund-, Häuser- und
Gcwcrbstcucrkapital. — Dieselbe wird auf Antrag des Abg. Grether an die Bud-
getkommission gewiesen.
Rettig äußert, es sei ihm eine Petition von 35 Wahlmänncrn seines Bezirks
l'.igckoinmcn, deren Zweck ist, den Vorwürfen zu begegnen, die ihnen in einer frü-
hen! Petition von 13 Wahlmännern gemacht wurden, welche auch in öffentliche
Blätter übergingen. Es sei ihm überlassen worden, ob er die Petition wirklich
einrcichen, oder nur kurz mündlich den Inhalt angeben wolle. Im Jntcrcffc*der
Zeit und um Anlaß zu Persönlichkeiten zu vermeiden, möchte er das letztere thnu.
Er müsse aber von den Ehrenmännern, deren zweimaliges Vertrauensvotum ihn
hierher führte, die Anschuldigung zurückwciscn, als hätten sie'sich fcigcrweise durch
Drohungen von Beamten einschiichtcrn oder unredlicher Weise durch Versprechungen
verleiden lassen, von der Bahn der Pflicht und Ehre bei ihrer Wahl abzuwcichen.
Es habe ihnen wehe gethan, daß die Wahl wegen Mangel des Handschlags ver-
worfen wurde, weil sie glaubten, daß das alte «prichwort: „Ein Manu, ein Man»;
rin Wort, ein Wort,« auch in Baden gelte. Das Endresultat dieser Wahlsache be-
trachtet er als ein sehr erfreuliches für ihn, indem seine Stellung durch die zweite
Wahl unbefangener und fester geworden sei. Im Aufträge seiner Wahlmänner er-
klärte er, daß nichts weniger als. Persönlichkeit gegen ihren früheren Abg. ihre
Wahl geleitet habe. Sie anerkennnen dankbar die Verdienste, welche er sich als

.. „ . . . .letzten ',
schlug der aufgelösten Kammer, der auf den Antrag ihres Abg. gefaßt wurde, für
ein Unglück und den beklagenswerthcn Anlaß von vielem Unheil betrachten, das
später über das Land gekommen ist. Sie sprechen ferner das natürliche Menschen-
recht an, daß Niemand als sic der Ausleger und Verkünder ihrer Empfindungen
sei. Sie machen Gebrauch von diese»! Rechte und sagen, daß ihre Empfindungen
der aufrichtigsten und innigsten Bcredrung gegen einen thcuern nnd edlen Landes-
fnrsten empsindllich getroffen, ja wirklich durch jenen Beschluß verletzt worden seien.
Schließlich bemerke» sie, daß keiner von ihnen eine Acußernng des Wahlmanns
Kauth gehört habe, es sei ihm gleichviel, oder auch recht, wenn der frühere Abg.
su eine», andern Bezirke gewählt werde; nur in dem ihren soll es nicht geschehen.
Deesen Umstand halt der Redner für minder bedeutend, freut sich aber der Gelc-
opnhett, diesen Vorwurf von dein Namen eines Abwesenden wegznbringen, eines
Mannes, der durch sxjrw Dienstführung wie durch sein Privatleben die Ach-
tung aller Derjenigen erworben habe, die, so wie die Waplmänner, Gelegenheit
hatten, Ihn naher kennen zu lernen.
v. Jtzstein. Glaubt wohl der Herr Präsident, daß auf eine solche, ihrem
ganzen Inhalt nach veröffentlichte P^tion der Mann schweigen dürfe und solle,
welchen sie persönlich betrifft? vor wenigen Tagen hat man sich gegen das Vorle-
sen solcher Petitionen verwahrt. Gleichwohl ist eigentlich dasselbe hier geschehen.
Allein ich schwelge letzt; so könnte ich Ihnen sagen, welchen Werth diese, durch die
Amtsdiener und Hatschlcre iN dem Bezirk herumgetragcne Petition hat.
Der Präsident hält die «ache durch diele Erklärung, wozu der Abg. v. Jtz--
stein das Recht hatte, für erledigt. Die vollständige Darlegung des Inhalts einer
Petition erklärt er aber für unstatthaft, weil vorerst die Petitionskomnilffion Vor-
trag zu erstatten habe. In dieser Beziehung hghe der Abg. Rettig wohl feine Bc-
rugniß überschritcn.
.. -stzstein ich erkläre wiederholt, daß ich jetzt schweige; weil ich erwarte, daß
die Pension an die Petttioskominiffiou gehe.

Wclcker. Ich stelle hierauf auch den Antrag, weil ich keine Diskussion ver-
anlassen will.
Sander. Ich schließe mich dieser Erklärung auch an, besonders darum, weil
in dieser Petition nicht nur Bemerkungen über die Wahl sind, sondern auch ur»
theilc über den Beschluß dieser Kammer, welche, so weit sie diesen betreffen, höchst
ungeeignet sind. Damit wird dieser Gegenstand verlassen.
Richter übergibt eine Petition des Müllers Nicdhammer aus Zell, Amts Bühl,
in seiner Sache gegen den Großh. Domäncnfiskus wegen Entschädigung.
Gottschalk. Ich lege der hohen Kammer eine Petition vor, unterzeichnet
von 14 Bürgermeistern und 27 der ersten Gewerbtrcibenden und Privaten des ob-
eren Wicsenthalcs. Die Petenten bitten um Bewilligung der zur Corrcction der
Straßen von Schönau bis Schopfheim erforderlichen Geldmittel. Schon vor meh-
reren Jahren wurden die Gelder hierfür ansgcworfcn und die technischen Vorar-
beiten gemacht, aus dem wichtigen Grunde der öffentlichen Sicherheit. Die Aus-
führung unterblieb aber; wenn ich Ihnen daher sage, daß die vielen gefährlichen
Stellen an einer der belebteste» Straßen des Landes noch bestehen, so bedarf diese
Sache gewiß keiner langen Empfehlung, um bald ins Werk genommen zu werden.
Binz bringt eine Petition der Gemeinden des Amts Breisach »ud einiger
Orte des Amts Staufen vom vorigen Landtage um Aufhebung der Flnßbaubeiträge
in Erinnerung. Die Petitionskommifsion wird darauf in ihrem Berichte über die
früheren Eingaben Rücksicht nehmen.
Nindeschwender übergibt eine Vorstellung der Städte Ueberlingen, Markdorf
und anderer Gemeinden des Seckrcises, die freie Verzapfung ihrer selbst erzeugten
Weine betreffend.
Hundt legt vor: eine Bitte des Gemeinderaths von Loffenau, die Anlegung
eines neuen Straßenzugs von Loffenau über den Kniebis als Verbindung mit Wür-
tcmberg dis zu dem Etsenbahnhof zu Appenweier.
Gerbet kömmt aus die Amßerung des Abg. Rettig zurück, der im Eingänge
seiner Rede gesagt, er wolle eine Petition nicht verlegen, dann aber das Urtheil der
Petenten über frühere Kammervcrhandlungen ausgesprochen habe. Wenn nun der
Abg. Rettig seinen Entschluß nicht ändere, und die Petition nicht vorlege, so müsse
nochwendig über sein Anathema gegen diese und die vorige Kammer die Diskussion
jetzt eröffnet werden.
Rettig erklärt, daß er die Petition dem Sekretariat übergeben und nur einig«
Beilagen, die nicht dazu gehören, wcgnehmen werde.
Der Präsident zeigt an, daß der VerwaltungSrath der badischen Versor-
gungsanstalt 65 Eremplare des siebenten Rechenschaftsberichts übersendet habe, welche
an die Mitglieder vertheilt werden.
Die Tagesordnung führt zur Begründung der Motion des Abg. v. Jtzstein.
Vorher nimmt Herr StaatSrath Wolfs das Wort und spricht:
Hochgeehrte Herrn.
Nach der Anzeige, welche der Herr Abgeordnete v. Jtzstein Ihrem Sekretariate
übergeben hat, ist derselbe Willens, die von den Herren Ministarial-Ehefs in Be«
treff der neuen Wahlen erlassenen Zirkularien nnd die damit in Verbindung stehen-
den Verfügungen zur Sprache zu bringen, und ans eine von der Kammer'darüber
auSziisprcchende Mißbilligung anzuiragen.
Die Herren Cdcfs der Ministerien sind weit entfernt sich jemals zu weigern,
über Beschwerden Rede und Antwort zu geben, welche in irgend einer Hinsicht :n
verfassungsmäßiger Form gegen sic erhoben werden. Niemals aber werden sie sich
dazu versieben, sich auf Anschuldigungen nnd Anträge einznlaffcn, deren Tendenz sich
schon von vornherein als verfassungswidrig ankündigt.
Der §. 67 der Verfassungsurkunde räumt der Kammer das Neckst der Vorstel-
lung und der Beschwerde ein; er verleiht ihnen das Recht, die Minister und die
Mitglieder der obersten Staatsbehörden, wegen Verletzung der Verfassung oder ver-
fassungsmäßiger Rechte förmlich anziiklagc». Nirgendwo aber ist den Kammern
das Recht eingeräilmt, selbst über die Rcchtmäßigkcll oder Unrechtmäßigkeit der dienst-
lichen Fiinksioncn der Minister zu entscheiden. Nirgendwo ist den Kammer» als
solchen die Befugnis rrtheilt, über die DirnMhrung der Minister ihren Tadel
oder Mißbilligung auSzusprechcn; eine Bcftigniß, die, wenn sie den Kammern wirk-
lich zustünde, diese über die Regierung erheben würde.
Die Regierung glaubt unterstellen zu dürfen, daß Sie, hochgeehrte Herrn! es
eben so wenig mit der Bestimmung des z. zg der Berfaffnngs'nrkunde veretnbarlim
halten können, auf eine nähere Berathung über den von dem Herrn Abg. v. Jtz-
stein gestellten Antrag emzngehen, als die Minister es mit ihrer eigenen Würde
und mit der Würde und dem Rechte der Regierung für vercinbarlrch halten, eincr
Verhandlung über diesen verfassungswidrigen Antrag beizuwohnen.
Nachdem er diele Mitthcilnng vorgclesen hatte, /ährt Hr. StaatSrath
Wolfs fort: Indem ich meines Auftrags mich hierdurch entledigt habe, wird eff
kaum der Bemerkung bedürfen, daß ans denselben Gründen, ans welchen die Herrcr
Ministerialchefs Anstand nahmen, einer Verhandlung über den Antrag des Abg. v.
Jtzstein anzuwohnen, guch ich von meiner Seite mich nicht bewogen finden kann,
bei der Berathung über diesen Antrag gegenwärtig zu sein.
v. Jtzstein. Ich hätte gewünscht,"die Herrn Minister hätten von der Mini-

BcftMuugen am das Mannheimer MorgerMatt mit Schulzertrmg nehmen fvrtV ährend alle rovWbl. PsA»
amrer va. Preis beider Matter m ganz Baden st. L. /L8 kr. das Halbeiahr. De» Letzt erst eiMretenS«» My»
«Mte» «erden die Blätter PPM L. Zuil an, vollständig nachgettefert. "
 
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