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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 159
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^0. IM. Freitag den 8. Juli. 1842.


Lan-tagsverban Klungen.
SarlSruhe, j. Ju!i. 17. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. (Fortsetzung.)
Jungbanns. Ich sage, die Zusammensetzung dieser Kammer beweist, daß
»ine verfassungswidrige Einwirkung der Negierung nicht stattgefunden bat, und
ich sage, der Beweis liegt darin, weil eine Negierung, welche auf verfassungswi-
drige Weise ihre Macht gebraucht, wohl auch die Mittel gehabt hätte, eine Reprä-
sentation zu bilden, welche ihr vielleicht angenehmev rcwesen wäre, als die jetzige.
Man hat von Hannover gesprochen. Nun, wir w die Vergleichung annebmen.
Wie ist dort die Kammer gebildet worden? Hat m».> in Baden Minoritälswahlen
gesehen, hat man in Baden einen Abgeordneten zurückgewiescn, der auf gesetzliche
Art gewählt worden ist? Hat die Negierung nicht immer anerkannt, daß nur der
Kammer das Recht znstunde, die Wahlen zu prüfen und über das Resultat dersel-
ben zu entscheiden? Indem ich dieses erkläre, verlange ich nicht, daß die Motion
zur Tagesordnung gewiesen werde; nein, ich billige die Prüfung in den Abtbei-
lungen und die Bildung einer Commission, welche uns Vortrag erstatte. Wenn
auf rem gewöhnlichen Wege der Vorstellung, der Beschwerde dieser Gegenstand er-
"" Ne erste Kammer gebracht wird, furchten Sie nicht, daß
veßhald Ne Motten erfolglos sein werde. Eine Folge wird sie haben, die ich schon
berühre habe, daß diejenigen, welche den Willen der Negierung kenne», ihn nicht
Mißbrauchen; eine weitere Folge wird sie in dem Eindruck haben, welchen das reise,
wohlüberlegte Urtheil einer Kammer immer auf die Negierung machen wird, auch
wenn die Kammer ihren Anträgen nicht bcistimmt. ^ ^
Sander. Wenn sich meiner irgend ein Gefühl, eine persönliche Mißstimmung
bemächtigt hätte, so würde ich gewiß das Wort bei dieser Gelegenheit nicht ergrei-
fen. Aber welcher ächte, wahre Baterlandsfreund kann an sich denken, wenn er das
gehört, wovon heute die Rede ist, wenn er lesen muß die Zirkulare, welche eine
Wahlbcherrschung hervvrgerufcn haben sonder Gleichen. Wohl hat der Abg. Jnng-
hanns gesagt: Noch ist es in Baden nicht so arg als in Hannover; aber wahr-
lich den schlechtesten Trost, den er irgend einem Patrioten in unserem Vaterlandk
Heben konnte, hat er damit gegeben wenn er sage, noch haben wir keine Minori-
tätswahlen, noch ist dieses und Jenes nicht geschehen. Leider ist aber bei uns ge-
schehen, was in Hannover nicht geschah, was noch nirgends geschah, wenn von Ein-
wirkungen der Regierungen auf die Wahlen die Rede war. Noch ist es geschehen,
meine Herren, daß, nachdem die Gcsammtregicrung kein Manifest a» das Volk er-
ließ, die Minister eine öffentliche Aufforderung in den Zeitungen erließen an die
sämmtlichcn Staatsdiener einzuwirken mit der Gewalt des öffciitlichen Dienstes auf
die Wahlen. Wenn der Herr Abg. Junghanns darin nicht eine Verfaffungswidrig-
keit sicht, so muß er wahrlich eine eigene Vorstellung von dem haben, was Land-
fiände in Deutschland sind, und was eine Kammer ist. Ist die Kammer, meine
Herren, ein Theil der Regierungsbehörden, welche zu Stande kommt durch die un-
mittelbare Einwirkung der öffentlichen Rcgicrungsgewalt, oder ist sic nicht die Re-
präsentation des Volkes, die acht und wahr nur dann ist, wenn die Freiheit der Wah-
len dem Volk gegeben und unbeschränkt gegeben ist? Wahrlich, eS thiit Eine», weh,
wenn man darüber noch streiten muß in jetziger Zeit, ob die Wablfrciheit eines
Landes, daß eine Verfassung hat, ob diese ein Recht des Volkes ist, oder ob ein
Siecht der Regierung besteht, diese Waylfreihcit so ausznlegen und zu bearbeiten,
wie eS geschehen ist. Aber mit Recht sagt der Abg. v. Jtzstein, es ist nicht allein
die Frage der Wahlen, es ist der Blick in die Vergangenheit, es ist der Blick in
die Gegenwart, eS ist der Blick in die Zukunft, der fürwahr gegenwärtig jeden
ächten Patrioten betrüben muß.
Wenn wir daran denken, wenn wir zurückdenken an das, was wir waren,
wenn wir daran denken, was wir sind, wenn wir, wie der Abg. Bader gesagt
bat, in de» verbreitetsten deutschen Zeitungen lesen müssen, daß Baden mit Hanno-
ver auf eine Linie gestellt wird, so dürfen wir wohl betrübt sein, wir dürfen kla-
gen und jammern, daß eS dabin gekommen ist in jetziger Zeit in Deutschland, wo
?"^>ch Noth thut, daß Volk und Fürst sich zusammenschaaren, um Demjenigen,
was in re,,, Schooße der dunkeln Zukunft, mit Kraft zu begegnen. Und wahrlich,
weine Herren, auf dem Wege, der von unser» Ministern seit Jahre» eingkschlagcn
worden ttt, wtrd die Kraft des Volkes, wird die Kraft der Negierung nicht erhöht;
auf diesem Wege wird j,„ Gegentheil Zwiespalt in das Land geworfen und das ist
die tiefe über der öffentlichen Meinung schwebt. Bei dem schweren
Angriffe auf die -llrabifreihcit, welcher durch die Zirkulare der vier Herren Minister
geschehen ist, hatte» w>r wohl Ursache, weiter zu gehen, als der Abg. v. Jtzstein
in seinem Anträge gegangen ist. Alwic ich thcile seine Ansicht, ich glaube, meine
Herren, an uns ist cs, zu beweisen, daß wir einen Abschluß machen wollen von
dem, was die Vergangenbett brachte; an uns ist es, zu zeigen, daß wir bereit
find, mit dem Rechte, welches das Volk hat, der Regierung vertrauend entgegen
zu treten; aber daß wir nur dann bereit sind, dieses zu thun, wenn die Rechte des
Bottes unabgcändert, wie sie die Verfassung gibt, welche wir beschworen haben,
aufrecht erhalten werden. Ich kann auch den Herren Ministern entgegcnrufe», wie
« "ns schon cntgcgengcrufen haben: Nur der begründet sein Recht, der selbst sein
acewt beschränkt, UNK wahrlich, wenn wlr den Weg einschlagen, den der Abg. vou

Jtzstein unS vorgcschlagcn hat, dann wird man »ns nicht entgegnen können, dag
wir cs sind, welche die Rechte des Volks ausdchncn wollen über Gebühr. Er hält
sich an Nichts, als an das, was die Verfassung uns gibt; er hält sich daran, daß
die Wahl frei sein muß, wenn eine freie Vertretung zu Stande kommen soll; er
hält sich a» Das, daß besonders die Beamten nicht Diejenigen sind, durch deren
Einwirkungen von oben bis unten hinaus die Wahlen der Volksvertreter hervorge-
rnfcn werden sollen. Der Abg. v. Jtzstein sagt aber ferner, das Vertrauen des
Landes aus die Verwaltung und auf die Verfassungstreue und Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung ist erschüttert. Es ist dies ein schweres Wort, aber ich rufe die
öffentliche Stimme meines Vaterlandes zumZeugen auf — cs ist ein wahres Wort;
cs ist wahr, das Vertrauen des Vaterlandes ans die Verfassungstreue der Staats-
verwaltung und ans ihre Gesetzmäßigkeit ist durch den schweren Schritt erschüttert
worden, cs ist durch die Wahldehcrrschnng in einem tiefen Grade erschüttert wor-
den. Wir wollen, wie der Abg. v. Jtzstein mit Recht gesagt hat, nicht dahin
gehen, daß wir ein Mißtrauensvotum ausspreche», welches sagt, daß das Ver-
trauen auf die Minister, ans ihre Verfassungstreue gänzlich untergraben und ver-
loren ist. Wir wollen noch hoffe», meine Herren, daß wir durch unser» Ausspruch,
daß durch den Ausspruch, den des Landes Stimme, den die öffentliche Stimme von
Deutschland thun wird, wir die Minister zurückhaltcn von weitern Schritten auf
der unglückseligen Bahn, welche sie schon seit Jahren betreten haben. Diese Hoff-
nung wollen wir nicht aufgcben, diese sprechen wir aaö durch unfern Beschluß und
die Hoffnung bestimmt mich, dem Anträge des Abg. v. Jtzstein beizntrcten, so wir
ich auch den Antrag, diese Motion in die Abthcilung zu verweisen, unterstütze.
Gottschalk. Während ich den Antrag unseres würdigen Veteranen aus in-
nigster Seele unterstütze, so kann ich doch nicht die lebhafte Besorgnis» mehrerer
Redner, und namentlich die des Abg. Wclckcr theilen, und eine schlimme Aussicht
für die Zukunft darin finden, daß die Herren Minister heute nicht auf ihrem Posten
sind. Ich erblicke in der leeren Ministerbank vielmehr ein freundlich gegebenes Ge-
genrccht; denn wie Sie wissen, wurden die sogenannten 31er der letzten Kammer
von den Herrn Ministern etwas hart dazwischen genommen, ohne daß sie sich ver«
theidigen konnten oder dursten, und nun heute geben solche den Erstercn Gelegen-
heit, auch ihnen den Kopf zu waschen. Ich erwarte nun und bin es überzeugt,
daß bei der Discussion über die beutige Motion »nd deren Antrag, die Herren Mi-
nister auf ihrem Platz erscheinen um den für das Land noch sauren Brei, zu wel-
chem sie das erste Feuer augemacht haben, auszukochen, und wie ich hoffe wird dann
diese leidige Sache erledigt werden. Ich erwarte aber ferner noch, daß solche (die
Herren Minister) von dort an ans ihren Posten sein werden, nm im Wege verfas-
sungsmäßiger Ordrnung die Angelegenheiten des Vaterlandes mit uns zu bearbei-
ten; auch hoffe ich, sie werden fühlen, daß über ihnen, wie über uns Allen ein
Gott lebt, dem nur Gerechtigkeit und Frieden lieb ist; sie werden fühlen, dag cs
Nolh thut, unserem guten Fürsten und seiner Familie ei» braves, treues Volk,
wie es das badische ist, zu erhalten, statt solches zu demoralisiren! Ich habe aus
dem Herze» des V.iterlaiidsfrcu-!des gesprochen und trete wiederholt dem Antrag
bei, de» Vortrag meliies Frenndes v. Jtzstein in die Abtheilnngen z» »erweisen-
(LanteS Bravo auf de» Gallerieen Der Präsident gebietet Ruhe.)
Schaaff. Man habe wiederholt gleichsam scherzweise darauf angespielt, dstß
die Minister nicht auf ihrem Platze seien, unv ihnen dies znm Vorwurf gemacht.
Allein den Grund der Abwesenheit habe man aus dem Vortrag des Herrn Staats-
raths Wolfs vernommen und auf keinen Fall könne man unser» Ministern Furcht
ober Ängstlichkeit Vorwerken. In Bezug ans die Sache selbst äußert der Redner,
es sei bei den Wahlen vou allen Seiten geschehen, was die Kräfte gestatteten und
was billigerweise geschehen konnte. Der Motionsbegründcr habe in seinem dankens-
wrrth mäßig gehaltenen Vorträge ansgeführt, was in dieser Beziehung der Regie-
rung zur Last falle. Jetzt sei nicht die Zeit beizufügen, was die andere Seite etwa
zn büßen hätte. Der Tag und die Gelegenheit darüber zu sprechen, werde später
kommen. Ueber die Negicrnngsrcscriptr sollten die Angreifer in, Grunde sich i,i
zarterer Weise äußern, denn er zweifle, daß sie ohne dieselben solchen Triumph za
feiern gehabt hätten (man lacht.) Einzelne mögen sich nach ihrer Ansicht darüber
ausspreche», aber ein förmlicher Kainmerbeschluß in der vorgeschlagenen Form wäre
nicht herfaffungsmäßlg. Wenn man sie auch tadeln wolle, so könne man sie doch
nicht verfassungswidrig nennen, und nicht behaupten, die Regierung sei nach den
Bestimmungen des Staatsgrnndgesetzes nicht >u ihrem Recht gewesen; darum sei die
Kammer auch nicht befugt, einen Tadel gegen die Minister auszusprechcn. Minde-
stens sei die Form nicht verfassnngsgemäß, da die Verfassung nur den Weg der
Vorstellung, Beschwerde oder Anklage, nicht aber Tadel gegen Minister oder andere
Beamte der Krone im Protokoll kenne. Uebrigens stimmt der Redner für die Be-
ratbung in den Abiheilnngen, was ohnehin geschehen müsse, da die nach §. 69 der
Geschäftsordnung erforderliche Zustimmung der Negiernngskommiffäre zu der abge-
kürzten Form, jetzt wo kein Kommissär der Regierung zugegen sei, nicht eingeholt
werden könne. Wenn der Motionsgründer von seinem Standpunkt» ans mit
Mäßigung gesprochen habe, so gelte dies doch nicht von allen Rednern. Insbeson-
dere habe der Abg. Welckcr, wie man dies an ihm gewohnt sei, über das Ztet

^stellungen auf das Mannheimer Morgenblatt mit Schnlzeitnng nehmen fortwährend alle mohklöbl« Post«
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