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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 298
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No. 298.

Samstag den 17. Dezember.

1842.

Tagsbericht.
Mainz, 14. Dez. Ein Gerichtsfall, fast eben so wichtig wie der
kürzlick beendigte politische Prozeß wird seit gestrn vor dem diesigen
Zuchtpolizeigerich! verhandelt. Der Angeklagte, ein wohlbabender hie.
ffger Bürger, ist beschuldigt, sein eigenes Kind, ein Töchterchcn von
13 Jahren, schon seit Jahren auf das grausamste behandelt zu haben,
so daß sich das menschliche Gefühl dagegen empört. Es ist eine große
Anzahl Zeugen gelc.de , die g.stern die schrecklichsten Mißhandlungen
des Kindes bestätigen, nachdem schon lange Zeit von dieser U natür-
lickkeit in der Stadt die Rede war. Der Vater lebt in der zweiten
Ehe, die Mutter ist also Stiefmutter des Kindts, weßhalb dasselbe
unter Vormundschaft steht. Von dieser aus ist die Sache der Staats-
behörde angezeigt, und von ihr die Klage eingclciiet worden. Im
Publikum aber herrscht eine solche Indignation gegen diese unmenschliche
Behandlung des Vaters gegen das arme Kind, daß sogar die angese-
hensten Personen die größte The.lnahme für das Kind an den Tag le-
gen und in die Sitzung eilen, während andere ihrem Groll mehr oder
weniger in Worten Luft machen, so daß der Angeklagte, als er nach
der gestrigen Sitzung nach Hause gehen wollte, unter den Schutz der
Polizei gest llt werden mußte. Rührende Scenen der verschiede,>st.n
Art fielen während der gestr gen Sitzung vor, es wurde viel geweint
und eine hiesige Bürgerin erbot sich während der Sitzung, das Kind
zu sich zu nehmen, es zu erziehen und für dasselbe zu sorgen. Dieses
kann jedoch erst geschehen, wenn der Prozeß vorüber ist, wo das Kind
allerdings durch einen Spruch des Gerichts in sichere Hände geb acht
werden dürste. Vor Morgen Abend ist der Ausgang dieser merkwür-
digen Procedur nicht zu erwarten.
" Darmstadt, 14. Dez. Se. kön. Hoh. der G-vßherzog haben ge-
ruhet, dem F eibcrln C. M. von Rothschild, Sohn dcö Freiherr»
Earl von Nvihschilt», das Ritterkreuz Höchstihres Ordens Philipps des
Oroßmüthigen zu verleihen.
München, 12. Dez. II. HH. der Erbgroßherzog und der Prinz
Friedrich von Baden verlassen morgen nach einem achttägigen Aufent-
halt unsere Stakt. um ihre Reise nach Wien fortzns tzen. Diese fürst-
lichen Jünglinge haben durch ihre angenehme Persönlichkeit und ihr
liebenswürdiges Benehmen den günstigsten Eindruck hrrvorgcbracht.
Cassel, 14. Dez. Dem Vernehmen nach wird morgen die feier-
liche Eröffnung der SländcversüNimlung statlfinden.
Ursen, (Schweiz.) 7. Dez. Hier sind Unruhen ausgebrochen. Die
Fuhrlcute wollen nicht mit Stangenschliiten fahren, deren Einführung
die h. Kaiitonsregierung im Interesse des Passes beschlossen hatte.
Eine Masse Fuhrleute haben sich des RaihhauseS in Andermalt be-
mächtiget und dasrlbst beschlossen, dein Be chiusse des ww. Landrathes
hinsichtlich der Einführung der Schlitten mit Stangen Trotz zu bieten
und es bießfalls auf's Arußerstc «»kommen zu lassen. Man ist bereit
zum Kriege — freilich nur so lange man kein Pulver riecht. Nach
d-r kath. Staatszeitung wurden sofort Kommissaricn, worunter die HH.
Landammänner V. Müller und Schmid sich befinden, nach Ursern ge-
sendet, um dem vorerwähnten Landrathöbeschlusse Anerkennung und Be-
folgung zu verschaffen.
Dresden, 9. Dez. Der Postvertrag mit Oesterreich wegen Auf-
hebung des Frankirungs Zwanges und Einfüh'UNg einer gleichmäßl-
g n Brief-Porw-Tore zwischen Sachsen und O sterreich ist in L ipzig
obgeschlcssen worden, und soll mit dem 1. April 1843 ln Kraft tre-
ten. Hinsichtlich der durch Sachsen gehende» ösierreichischeu Correspon-
denz wird es, dem V rnchmen nach, vorerst beim Alten bleiben.
Coburg, 13. Dez. Ihre köni»l. Hoh. die Frau Erbprinzessin
rllerandrine, welche sich seit einigen Tagen unwohl befand, ist vorge-
stern am Scharlachftebcr erkravkt. Doch soll der Verlauf des Fiebers
bis setzt ein guter sein.
Berlin, 11. Dez. Es naht sich der Schluß des Jahres mit star-

ken Schritten, und noch immer sind die verschiedenen, zum Th il schon
seit Monaten, ja seit Jahresfrist in den öffentlichen Blättern vielfach
besprochenen Gesetze, die Juden-, die Post-, die Ccnsur-Ange-
legenheiten betreffend, noch nicht publicirt worden. Selbst die Be-
sprechung!» darüber sind von denen verdrängt worden, welche der Ent-
wurf zu dem neuen Eh scheidungsgcsetze hervorgeruren bat. Soviel ist
gewiß, und es ist uns selbst von Justizperionen, die bei einem bedeu-
tenden Odcrgerichte gerade diese Angelegenheiten zu bearbeiten haben,
versichert worden, daß die Zahl der Ehescheidungs-Prozesse sich seit
dem Bekanntwerden der Schwierigkeiten, die der Trennung in der Zu-
kunft in den Weg gelegt werden sollen, sich mehr als verdoppelt, ja
verdreifacht hat, gegen andere Z itabschnitte.
Madrid, 6. Dez. Nach der Sprache der »sficicllen Gaceta zu
urtheilen, wird sich EPartero unerbittlich gegen die Barcelonescn zeigen.
Perpignan, 9. Dez. Gestern waren in Barcrlona die Läden
geschlossen. Es sind, weil man der Cheis nicht habhaft werden kann
(L ckekaut cke ckeks), 200 Soldaten oder Milizen verhaftet und bereits
mehrere erschossen worden. Der „Formidable" hat, von dem „Cy-
clopc" bugffrt, mit einer der englischen Fregatten den Hafen von Bar-
celona verlassen. Der „Gassendi", der gestern Abend von Barcelona
abgegangen, Hai zu Port Vendrcs mit Depeschen und 21 flüchtigen Mi-
litärs angeleg-. Van Halen hat am 6. die Frist zur Ablieferung der
Waffen um 6 Stunden weiter erstreckt; die unbewohnten Häuser sollen
geöffnet werden. um stck zu vergewissern, ob sich Waffen darin befinden.
Von Vcr spanischen Grenze, 10. Dez. Der Schaden, den
das Bombardement in Barcelona angcnchtet, ist ungeheuer. Das Bu-
reau der öffentlichen Hypotheken ist ganz abgebrannt, nebst allen Do-
kumenten, die sich darin befanden. Im Militärspiial wurden die Ver-
wundeten, welche darin untergebracht waren, durch einige Bomben be-
schädigt. Van Halen ließ, als er einrückte, vier Leute, die ersten, die
ihm begegneten, erschießen. Wie es heißt, bleibt Zurbano Comman»
dant Catalo, ie> s. Vor dem Bombardement und während desselben
correspondirte der Telegraph des Forts Monsuich mit dem englischen
Linienschiffe „Nodney" durch besondere Zeichen, die man weder in der
Stadt, noch auf den französischen Schiffen zu deuten wußte.

Karlsruhe. Der Schulcandidat Johann Felix Kien zier von
Pfobren ist auf sein Ansuchen vom Schulfach entlassen worden.
Durch die Pensionirung des evangel. Schullehrers Jsack Beideck,
ist eine bauptllchrerstclle zweiter Classe zu Jhringen, Bezirksschulvifi-
ta:ur Freiburg, mit dem Normalgehalt von 175 Gulden nebst freier
Wohnung und dem gesetzlichen Antheii von 40 Kreuzer Schulgeld von
jcdem Schulkind in Erledigung gekommen. Die Bewerber um dieselbe
haben sich binnen 6 Wochen bei ihren Bezirksschulwsitaturen zu melden.
Durch die Pensionirung des Schullehrers Jakob Erb ist die in
die zweite Klafft gehörige Hauptlebrerftelle zu Berahauscn, Bezirks-
schulvisita ur Durlach, mit dem Normalgehalt von 175 fl. nebst freier
Wvh-iung und dem gesetzlichen Antheil am Schulgeld, welcheh von je-
dem Schulkind 48 kr beträgt, in Erledigung gekommen. Die Bewer-
ber um dieselbe haben sich binnen 6 Wochen bei ihren BesirkSschulvisi-
tatu en zu melden.
Durch die Pensionirung des esang. Schullehrers Georg Jacob
Frey ist die in die zweite Klasse gehörige Hauptlehrersielle zu Thcn-
ingen, Bezirksschu'visitatur Emmcndingen, mit dem Normalgehalr von
175 fl. nebst freier Wohnung und dem gesetzlichen Antheil am Schul-
geld, welches von jedem Schulkind 40 kr. beträgt, in Erledigung ge.
komme». Die Bewerber um dieselbe haben sich binnen 6 Wochen bei
ihren Be-irkeschulvisitaturen zu melden.
KK" Die Redaktion des Morgenblattes, von verschiedenen Seiten darum ersucht,
wird dafür Sorge tragen, daß mit dem Anfänge de» nächsten Jahres auch die israc-
littchcn Schuldienfinachrichten in diesen Blättern erscheinen.
 
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