Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1842

DOI chapter:
Beilage zum Mannheimer Morgenblatt No. 150
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0603

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Beilage M Mmchciinee MpgeMatt
Re. 150.

LanStagSverhandluugen.
Carls ruhe, 21. Zum. Dreizehnte öffentliche Sitzung der zweiten
Kammer. (Schluß.)
Finanzminifter v. Döckh: Der Hr. Abg. v. Jtzsteiu hat mich rich-
tig verstanden; ich habe erklärt, es sei nicht absolut nothwendig,
daß die Stenern aus sechs Monate ausgeschrieben würden, es sei inner
den Voraussetzungen, welche ich angenommen habe, auch ausführbar,
wen» man nur vier Monate nehme. Was bleibt aber daun vom An-
trag Ihrer verehrlichen Kommission noch übrig? Nichts, was reellen
Nutzen hätte. Ich habe den Regiernngsantrag vertheidigt, und ich glaube
ihn nicht besser verrheidigen zu können, als wen» ich die Budget-Kom-
mission auffordere, durch ihren Berichterstatter klar zu machen, welche
Vonheile eintreten, wenn ihr Vorschlag statt des Regierungsvvrschlags
angenommen wird. Sie möchte schwerlich andere als politische Gründe
vorzubringen haben, diese aber sind unfruchtbar.
Mart, y: Es ist immerhin auch etwas werth, wenn der Grund-
satz gewahrt wird, nicht mehr zu bewilligen, als nothwendig ist.
Zander: Wenn man, nachdem wir schon ein Steuerprovisorium
gehabt haben, nun abermals eines ans sechs Me nare bewilligt, ohne zu
untersuchen, wie groß diese Steuern sind, und worin sie bestehen, so
werden die Leute endlich denken, die Stände seyen überzeugt, daß unser
Steuersystem ein unverbesserliches, daß an Erleichterungen oder Verbes-
serungen niemals zu denken sey. Das aber wollen wir nicht thun; wir
müssen uns im Gegenlheil Vorbehalte», Aendernngen im Steuersystem
vorzuschlagen, hier zu erhöhen, dort zu vermindern. Um dies thun zu
können, müssen wir uns freie Hand Vorbehalten; bewilligen wir aber
sechs Monate, so schneiden wir uns die Möglichkeit ab, dies zu thun.
Per Abg. Schaaff will freilich sogar ans sechs Jahre bewilligen, außer
ihm aber werden dies nur Wenige zu tbun —
Lei,aass (unterbrechend): Und außer dem Abg. Sander werden
Wenige glauben, daß in der nächsten Zeit von Verminderung der
Stenern oder Aendernngen im System die Rede sein könne. Sein
Grund für den Kommissivnsantrag ist daher ein ganz unpraktischer.
Sander: Es ist grausam, den Leuten selbst die Hoffnung
auf Sieuerverminderuug zu nehmen.
Lchaass: Noch viel grausamer ist es, Hoffnungen zu erregen,
die illnlvrnch sind.
Saud e r: Der Abg. Schaaff wird freilich auf Steuerverminde-
rung keine' Hoffnung macben. Die Gegengründe des Hrn. Finanzmini-
sters sind nickt triftig; seine Zärtlichkeit für die Ausmärker rührt mich
nicht. Ausmärker, die wegen 10, 20 kr. etwa, die sie zu zahlen ha-
ben, eine Neste unternehmen, können auch wegen der Hälfte dieses
thun. Ich sehe darin kein Unglück, sondern vielmehr einen Vortheil
t'ur die Staatskassen, da durch solche Reisen der Betrag der Kvnsum-
tivnssieuern erhöht wird. In der Regel aber werden solche Ausmärker
t» der Gemeinde, in der sie zu zahle» haben, einen Manu haben, der
für Ne die Steuer auslegt, 10 daß sie gar nicht genötbigt sind, sich
leibst a» Ort und Stelle z» bemühen.
Yil»a»z,„i„ister v. Böckh: Ich habe in der Thal nickt au Beamte
gedacht, welche i„ dieser Kammer sitzen, indem ich von Ausmärkern
sprach i tch hätte sonst auch von Pensionärs, Advokaten, Literaten spre-
chen können, die j„ irgend einer Gemeinde zu irgend einem Zwecke
ein kleines Grundeigenlhnm erworben habe», und dafür steuerpflichtig
sind, und ihre Steuer aus einmal zu zahlen gewohnt sind, de-
nen daher die stückweste Zahlung auch keine Annehmlichkeit sein wird.
Rege n au er: Meine Herren, eS scheint mir die Diskussion eine
ganz eigene Wendung genommen zu haben. Am Anfang hat man den
Vorschlag der Budgelkommstsion, der sich jugendlich kräflig fühlenden
Korporation, ich sage, man hat ltzren Vorschlag zuerst als eine Re-
sorm gerechtfertigt, und ipäteryi,, hat man gefunden, daß er nur
ffoN: entschuldigt werden kann. Die beste Entschuldigung hat der
Avg. Sander geliefert. Ich. würde ihm beistimmen, wenn sei» Haupt-
grund an, Platze wäre. Er beginnt damit und ich beginne mit ihm,
er si'l SIN Feind der Provisorien, er wolle sie nicht weiter ausdehnen,

als es durchaus nothwendig sei. Ich theilc ganz diese Ansicht. Er hat
weiter bemerkt, wir dürfen die Steuer nur so weit bewilligen, daß wir
u„S nicht die Hände binden in Beziehung auf die Ermäßigung, welche
wir einerseits, oder die Erhöhung, welche wir andererseits beschließen
möchten. Auch ich muß anerkenne», ich habe ganz diese Ansicht, aber
ich möchte den Abg. Sander, der mit großer Klarheit die Gründe her-
ausgehobeu hat, fragen: ob er wohl glaube, daß im Laufe dieses Ka-
lenderjahres noch eine Aendecung vorgeuommen werben könne; ob er
glaube, daß die Arbeiten so sehr werden gefördert werben, wie ange-
geben wurde; ob er glaube, daß die ganze Eiurichlnng des Finanzwe-
sens es überhaupt znlassen werbe, daß noch im Laufe dieses Jahres eine
Aeuderung stattsinden könne? Ich meine, der Abg. Sander wird mir
die Antwort geben müssen, jedes Mitglied wird sie geben müssen: Nein,
wir sind zum Voraus überzeugt, eine solche Aeuderung ist nicht mög-
lich. Wenn daher der verehrte Redner de» Antrag der Negierung, wenn
er die Begründung des Gesetzentwurfes gelesen hätte, so würde er ge-
sunden haben, daß der Grund, der als Hauptgrund vorübergehend be-
zeichnet wurde, hier ganz und gar nicht anschlägt, daß er völlig gleich-
gültig, daß er am Unrechten Orr angebracht ist. Meine Herren, ich
frage auch, ist es denkbar, ob eine Aeuderung im Laufe dieses Kalen-
derjahres, bei der direkten Steuer zumal, stattsinden könne? und ich
bin überzeugt, Jeder wird die Antwort geben, sie kann nicht stattsinden.
Dieses ist der Hauptgrund; eö bleibt also jetzt weiter nichts mehr übrig,
als die Frage, welcher Vorschlag ist der zweckmäßigere ? Ist es der der
Regierung, ist es der der Budgetkommission? Wenn sie diese Frage
beantworten, so kann die Antwort einfach nur die sein: der Vorssillag
der Regierung ist der zweckmäßigere. Der Herr Fiuauzmstüster hat alle
die Gründe, welche gegen das Amendement der Budgetkommissiou spre-
chen, in freundlicher Weise aus dem Wege geräumt; er har gewisser-
maßen die Hand geboten, um den Verbessernngs- — ich möchte sagen
— den Verschtimmernngövorschlag der Dubgetkommission zu entschuldi-
gen. Ein Grund ist demungeachtet geblieben in Beziehung aus die
Ausmärker; wenn auch der Abg. Sander diesen Grund nicht hoch au-
schlägt, ich schlage ihn voll, an. Ich denke freilich nicht an die geringe
Anzahl der reimen Ausmärker, welche den Weg zum Steuererheber nicht
selbst machen werden, ich denke aber an die große Zahl der kleinen
Ausmärker, die wir in jedem Orte haben, ich denke au die große Zahl
der kleine» Bürger, welche da und dort ei» kleines Grundstück aus
fremder Gemarkung besitzen, und denen es doch höchst willkommen sein
muß, ibre Schuldigkeit in einem Mal entrichten zu können. Der Hr.
Finanz-Minister hat es ja angehoteu, wer da ans einmal bezahlen
wolle, der möge auf einmal bczablen. Ich höre da mir so eben halb-
laut zustüstcrn, es sei wenigstens insofern ein Unterschied zwischen dem
Vorschlag der Kommission und jenem der Regierung, als da kein Zwang
stattfinde, als nur die bezahlen, die da wollen. Rein, meine Herren,
es wird in dem einen Falle eben so wenig ein Zwang eintreten, als
im andern; nein, sie werden es auch erheben lassen in demselben Be-
trag, wie für die vorübergegaugenen 1 Monate.
Man hat eS zuletzt noch gewissermaßen der Negierung znm Vor-
wurf gemacht, daß sie eine Zärtlichkeit habe für die Steuerpflichtigen,
für den dten oder Oken Theil der Staatsbürger i»r Grvßherzvgrhnm,
welche zu den Grundsteuerpstichtigeii geboren. Man hat auch bemerkt,
ja unser Steuersystem bestehe aus verschiedenen Steuern, da würde
Manches erhoben, was vielleicht nicht ganz angemessen sei, da erblicke
man eine Zärtlichkeit nicht; nun, warum auf einmal diese große Zärt-
lichkeit? Ei! eine solche Bemerkung sollte wenigstens nicht aus der
Mitte unserer Kammer ausgehen; denn wenn unser Steuersystem so
schlecht ist, wie mau es hinstetteu will, wenn darin gar keine Zärtlich-
keit gegen die Pflichtigen zu finden ist, daun sind es wir so gut als
die Regierung, welche diese Lieblosigkeit gegen die Steuerpflichtigen ver-
schuldet haben, wir sind es, der Abg. Schaaff wie der Abg. Sander.
Sander: Darum will ich es ändern!
Regenauer: Der Herr Abg. will eine Aeuderung eintreten las-
sen; er hat gefühlt, daß er bisher lieblos gewesen sei. Ich habe kein
 
Annotationen