Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1842

DOI chapter:
No. 144
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0575

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

144.

Dienfiag, den 21. Juni.

1842.

LanStagsverhandlungen.
CarlSrnhe, 17. Juni. 12. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Best. — Negierungskommisiton: Finanzmintster v. Böckh, Staasrath Frhr. v.
Rudi. Miniftcrialrath Kühlenthal.
Basscrmann übergibt eine Petition des Gcmetndcraths in Mannheim, die
Ueberkiesung des Fahrwegs der obern Mühlau betretsend.
Sa» v er legt eine Petition der Direktion des badischen Jndiistricvercins um
Schutzzölle für die Baumwollenspinnereien vor. Die Eingabe geht an die für Zoll-
mid Handelssachen nicdergcsetzte Kommission.
Frhr. v. Nüdt übergibt die Wahlakten von Welnheim (Litschgi).
Das Sekretariat legt vor: 1) Bitte eines badischen Bürgers um Untcrsu-
suchung wichtiger Erfindungen und dann Bestimmung der dafür schuldigen Beschcn-
kuugen. 2) Eine Eingabe mchrcr Bürger von Bieberach, die Wahl des Abg.
Hundt von Rcnchen betreffend. —
Das Präsidium zeigt an, daß Hofgcrichtsrath v. Jagemann den zweiten
Band seiner Zeitschrift für vaterländisches Recht der Kammer eingesendet habe.
Der erste Band war schon früher cingckommen. Die Kammer nimmt das Geschenk
mit Dank an. Nach einer Mittheilung des Hrn. Kriegsministers ist außer dem
ständischen Kommissärs ist außer dem ständigen Kommissär, Geh. Kriegsrath Vogel,
noch Hauptmai,n v. Böckb zum NegiernngSkömiiiissär für das Militärbudget ernannt.
Eine Eingabe von Malsch und Vogel dahier, den Druck der Protokolle betref-
fend, wird nach Vorschlag dahin erledigt, daß der Druck nach dein früheren Ver-
trage erfolgen soll.
Dem Abg. Schanz lin wird der nachgesuchte Urlaub bis zum 19. d. M.^er-
Wclcker erinnert, daß stets eines der ersten Geschäfte nach Konstitnirung der
Kammer die Antwort auf die Taronrcdc gewesen sei. Die Kammer ,ollte sich, ob-
glcich diesmal keine Thronrede stattgefunden habe, roch des Rechtes, bei dieser Ge-
legenheit den Ausdruck ihrer Gesinnungen vor den Thron zu bringen, nicht begeben.
Zwar Wirde sie jetzt vorzlehen, ihre Ansichten über das bestehende Neaiernngssystem,
in anderer Welse kund zu geben; allein für die badische Kammer sei es besonders
Wichtig, an ihrem Rechte zu halten, da sie nur diese einzige Gelegenheit habe, den
Ausdruck ihrer Ansichten unmittelbar vor den Großherzog zu bringen. Der Redner
will daher hiermit eicses Recht wahren. -
v. Ltz stein schließt sich dieser Ansicht an.
Frhr. v. Nüdt. Eine Adresse könne nur stattsindcn, wenn eine Thronrede ge-
halten worden sei. Jede andere Mittheilung der Kammer an den Großhcrzog müsse
die vorgcschriebene Form cinhalten; eine Adresse dürfe daher nur mit Zustimmung
beider Kammer» überreicht werden. Der Redner widerspricht ausdrücklich, daß
eine Kammer das Recht habe, eine Adresse einzureichcn, ohne daß eine Thronrede
gehalten wurde. Wenn cm Mitglied hieran eine Aendernng beantragin wolle, so
müsse dies im Wege einer Mvtion geschehen.
Sander. Der Hw Präsident des Ministeriums des Innern hat diese Kammer
nicht als Diitglred des Staatsraths und aus Auftrag des Staatsministeriums son-
dern aus Auftrag L>r. K. H, pxg Großherzogs eröffnet; er ist also Stellvertreter
des Fürsten gewesen, ^st dies richtig, so kann auch das Recht der Kammer nicht
verloren gehen, eine Antwort zu crtheilen. Dies ist in allen Ländern der Fall,
man könnte sich dafür sogar ans das Kaiserthum Oesterreich beziehen. Der Redner
besteht daher auf dem Rechte der Kammer, eine Adresse einzureichcn; nach der Ge-
schäftsordnung können sogar Deputationen an S. K. Hoheit abgeordnet werden,
nach erlangter höchster Genehmigung. Es ist also nicht richtig, daß die Kammer
nur den Weg einer Motion durch beide Kammern habe. Ucbrigens theilt der Red-
ner die Ansicht des Abg. Welckcr, daß die Kammer diesmal von ihrem Rechte keinen
Gebrauch mache.
„ Frhr. v. Nüdt erwidert, daß Deputationen nur gemeinschaftlich von beiden
Kammern angenommen werden können. Dies liege in dem System der Verfassung
und ein §, 7z, ^ darüber noch kein Zweifel erhoben worden. Der andere Punkt
< um ans denselben weiter einzngchcn. Die Eröffnungen des Groß-
Herzoglichc,, Kommissars gehören nicht unter die Rubrik der Thronreden; sie sind
een spezieller Auftrag.
Rindelchwcnder glaubt nicht, baß über das Recht zu einer Dankadresse ein
haltbarer Zweifel bestehen könne. Der Hr. Kommissar habe nicht nur die Kammer
im Namen Sr. K. Hoheit eröffnet, sondern auch im Namen des Großherzogs
eine Rede gehalten. Die Kammer müsse daher das Recht haben, eine Antwort zu
geben. Dem Redner genügt cs ebenfalls, dieses Recht zu wahren. Sollten über
die Ausübung desselben Bedenken erhoben werden, so müßte der Gegenstand in den
Abtheitungen geprüft werden.
Mordes betrachtet die Sache nicht als Gegenstand der Kourtoisie, wofür sie
ber Hr. Ncgicrnngskomnnstar anzuschen scheint, sondern er betrachtet den Akt der
Eröffnung der Kammer als eines der wichtigsten Attribute des Oberhauptes eines
konstitutionellen Staates. Die Motive, aus welchen in der an diesem Landtage
gewählten Form von dieser Prärogative Gebrauch gemacht wurde, wolle die Kam«
' I ^kni Herrn Sprecher der Regierung aus Zartgefühl nicht in Erörterung
ziepen. «20 viel liege aber klar vor, daß es f,ir die Berather der Krone sehr
nahe liegende Gründe gebe, ans welchen sie die Ueberrcichung einer Adresse an Se.
Konlgt. Hoheit zu beseitigen wünschen mochten; wenn man anders die Adresse nicht

als eine blose Danksagung für die Vorlagen der Regierung, sondern als den Aus-
druck der Gesinnungen, Wünsche, Beschwerden u. s. w. betrachte, welche die Volks-
repräsentation, gestützt auf die wahre Lage des Landes und seiner icweiltgen Ver-
hältnisse vor den Thron bringt. Nach diesem Gesichtspunkte leuchte cs wohl von
selbst ein, wie hoch die Versammlung das Recht in Anschlag zu bringen habe,
selbstständig und unabhängig von der Mitwirkung der andern Kammer dem Staats-
oberhaupt? sich zu nahen, und daß sie eben deshalb durch keine Handlung, der Re-
gierung sich eine so kostbare Veranlassung zur Vertretung der Gesinnungen ihrer
Konimittentcil sich werde entziehen lassen.
Welckcr. Das einzige Argument des Hrn. Ministers bestand darin, die Kam-
mern stünden nur gemeinsam in Verbindung mit dem Großhcrzog. Allein, wer
zuviel beweist, beweist nichts. Gerade in Beziehung ans den Gegenstand, um den
es sich hier handelt, bei der Dankadresse auf eine Thronrede, spricht ta anerkannt
jede Kammer allein zu dein Großhcrzog. Eben so wenig beweist der Z. 75 der Ver-
fassung für den Herrn Präsidenten. Dieser beginnt damit, die beiden Kammern ge-
genüberzustelleii und schließt mit den Worten: „Deputationen dürfen sie nur, l?de
besonders, nach eingeholter Erlaubniß an den Großherzog abordnen." Er bestätigt
also ausdrücklich unsere Ansicht. Es genügt übrigens, daß der Präsident des Mi-
nisteriums des Innern nach tz> 68 der Verfassung lediglich als speziell ernannter
Stellvertreter des Großherzogs die Eröffnungsrede hielt. Allgemein gilt dcrRechts-
grundsatz, was Jemand durch einen Andern thut, hat er selbst gcthan. Eben so
gewiß also, wie die würtcmbergtsche Kammer, werden wir in jedem ähnlichen Falle,
so fern wir es gut finden, eine Eröffnungsrede im Namen des Großherzogs durch
eine Adresse an denselben beantworten.
Da Niemand sich gegen diese Ansichten ausgesprochen hat, so wird dieser Ge-
genstand verlassen.
Rindeschwendcr bringt ein Mißverständnis zur Sprache, das man lösen
müsse, weil cs die Gültigkeit einer Wahl, nämtich der des Lanvamts Pforzheim
betrifft. Der erste Beschluß der Kammer ging dahin, die Wahl zu beanstanden,
und eine Untersuchung zu veranlassen. Der zweite Beschluß war: dem Antrag des
Redners, die Wahl für ungültig zu erklären — nicht beiznlretcn. Was weiter be-
schlossen worden, darüber schweigen die Akten. Der Redner muß annehmen, daß,
nachdem sein Antrag beseitigt worden, die Sachlage blieb, wie sie sich nach der er-
sten Berathung gestaltet hatte und trägt daraus an, daß sich die Kammer darüber
aussprechc, ob sic die Wahl für unbeanstandet crktären wolle.
Bader, welcher bei der betreffenden Sitzung präsidirte, erklärt, daß er nach
der Abstimmung die Wahl für unbeanstandet proklamirt, und Niemand Einsprache
erhoben habe. Er habe dies »m 10 undenklicher.gethan, weil alle Redner darin
einig waren, die Sache zur Entscheidung zu bringen. Bisher sei das Gegcntheil
von „ungültig" — „gültig" gewesen und so habe er cs auch angenommen.
Ri 11 desch wcnder bemerkt, daß er zwar die Aeußcrung des Herr» Vizepräsi-
denten nicht gehört habe, aber sie sei nur eine Folgerung des Präsidenten, die kei-
nen Beschluß der Kammer ersetzen könne.
Schaaff. Der Abg. Ninvesipwender habe den Beschluß der Kammer nicht ver-
standen; außer ihm werde Niemand Zweifel darüber gehegt haben; wenn aber Je-
mand noch zweifle, dann werde er die Ansicht des Abg. Bader verthetdigen; bis
dahin halte er cs für überflüssig.
Meyer gehört zu denen, welche den letzte» Beschluß so verstanden haben, daß
die Wahl nunmehr nach dem früheren Beschlüsse beanstandet sei. - An der weite-
ren Diskussion nehme» Thcil die Abg. Jnnghanns, Bissing, Regen an er,
Basser mann,Sch aa ff,Sa «der, Bleido r n,v. Jtzstcin,Schmidt, Gott-
schalt und Welckcr. Die Kammer beschließt, über den früheren Kammerbeschluß
Welcher auf Beanstandung der Wahl gerichtet war, nicht mehr abzustimmcn, wo-
durch dieser Gegenstand erledigt ist.
Der Präsident zeigt an, daß in den Abtheitungen folgende Kommissionen
ernannt worden sind:
1) Petitionscommifsion: Posselt, Richter, Leiblein, Bannwarth, Ger-
bet.
2) Nachweismigen über den Eisenbahnbau: Wagner, Grctber, Trefurt,
Hoffman»; Mönches.
3) Gesetzentwürfe: ->) Errichtung einer Eisenbahnschuldcntilgungscaffe; b) An-
leihe von 9,200,000 st. c) Budget der Eisenbahnschuldentilgungscaffe: Schaaff,
Baffer mann, Metzger, Martin, Jörg er.
4) Provisorisches Gesetz vom 8. August 1811 über die^ Besteuerung des Rü-
benzuckers, sodann Zoll« und Handelsangetegenhciten: Poffelt, Gottschalk, Leib-
lein, Sander, Lenz.
5g Zur Aufsuchung provisorischer Gesetze: Weller, Knapp, Wetzet, Wel-
cker, Böhme.
Die Kammer beschließt auf den Antrag des Abg. v. Jtzstein die Kommissionen
zu verstärken.
Der Agg. Sander stellt den Antrag, entweder sämmtlichc rückständige Peti-
tionen vom vorigen Landtag der Petitionskomniiffion zu überweisen, oder wenig-
stens die Petittonscommiffion zu beauftragen, einen Bortrag darüber zn erstatten,
in wie fern und auf welche Art und Weise die auf dem vorigen Landtage nicht
erledigten Petitionen zu berücksichtigen seien.
Frhr. v. Nüdt widersetzt sich dem Anträge und es entspinnt sich eine Diskus-
 
Annotationen