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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 224
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0911

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Mannheimer MoWnUntt.

^o. 224. Donnerstag den 22. Septbr. 1842.

AZMrSSZWSSSff DMI» ^?SOI»MVIKS«Wr.
Bestellungen auf diese Blätter für das mit dem 1. Oktober beginnende Quartal wollen für hier und die nächste Umgegend bei der
Redaction (IUt. tz >4 No. 7 neben dem Zweibrücker Hof) und auswärts bei den betreffenden Postämtern gemackt werden. Abon-
ncmcntspreis das Vierteljahr mit Inbegriff der WosLgebühren bei allen DosLanstaLten des Grostherzvg-
thnms Baden A. 1. 2L kr.

LandtagsverhanVlinrHen.
Carlsrnhe, 7. September. 61. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.
(Fortsetzung.)
Finanzminister v. Böckh. Unser Budget hat mit der Politik und den Partei-
Interessen nichts zu schaffen. Wenigstens habe ich die Beruhigung und die Ucber-
zeugung, daß davon in dem Budget keine Spur zu finden sein wird. Auch in Zu-
kunft werken Sie in Beziehung auf die öffentlichen Ausgaben die Gewissenhaftigkeit
finde», die wir bis jetzt beobachtet haben. Wir machen keine Ausgaben für unsere
Freunde, und wir verweigern keine Ausgaben zum Besten unserer Feinde. Wir ste-
hen über allen solchen Rücksichten erhaben.
Gerbet. Ich trage kein Bedenken, dem Finanzgesetz meine Zustimmung zu
geben. Schon in einer früher,, Sitzung, wo die politischen ^Mißgriffe der Ministe-
rien zur Sprache kamen, habe ich erklärt, daß die großh. «taatsregicrung unver-
ändert das Vertrauen des Volks in Beziehung auf die Administration genieste. Es
wurde damals diese meine Aeußernng von einigen Seiten als Mißton im Vcrhält-
niß zur politischen Haltung der Regierung ausgenommen; mein ausgesprochenes Ur-
theil hält nun aber heute seine volle Bestätigung, dadurch, daß sich ohne Zweifel
eine entschiedene Mehrheit für die Annahme des Finanzgcsetzcs aussprechen wird,
und damit werden zugleich die in diesem Saale von der Regierungspartei oft ver-
nommenen Aeußerungen, als bestehe hier eine der Regierung feindselige Partei,
aufs Schlagendste widerlegt. Denn ein großes Vertrauen muß man zu einer Re-
gierung haben, der mau alle Staats-Einnahmen und zu gleich ein Änlehcn von
zwölf Millionen znm Ban der Eisenbahn in die Hände liefert. Bei meiner frühe-
ren Erklärung über das der Regierung unverändert gebliebene Vertrauen dachte ich
mir aber zwei Beschränkungen,' nämlich bei rein Ministerium, welchem die eben
damals besprochenen politischen Mißgriffe zunächst zum Vorwurf gereichen, und bei
einem andern Ministerium, welches mit der Gesetzgebung in der Justiz stets im
Rückstand bleibt. Werden diese hier angegebenen wesentlichen Mängel der Regie-
rung auf angemessene Weise beseitigt, dann besteht wieder der alte Zustand der
volle» Eintracht und des unbeschränkten Vertrauens zur Regierung, und da Ver-
trauen wieder Vertrauen erzeugt, so wird auch dasselbe dem Volk und seinen Ver-
tretern geschenkt werden; Baden kann und wird dann die Stellung, die es früher
stets einnahm, in Deutschland wieder erhalten und fortan als Musterstaat sich
darstellen.
Knapp. Der Abg. Gottschalk scheint in Beziehung auf die öffentlichen Ver-
hältnisse, und das, was ans früheren Landtagen vorging, nicht gehörig unterrichtet
zu sein, denn wäre er dieses, so würde er sich nicht in solcher Weift gegen mich
ausgesprochen haben. Selbst das Straßengesetz, welches der Kammer früher vor-
gclegt worden, ist von dem Grundsatz ausgegangcn. daß es darauf ankommc, wel-
che Beiträge zu neuen Straßen von den Gemeinden geleistet werden wollen. Es
hat sich gezeigt, daß Petitionen um Straßen bei der Kammer cinkamen, denen auch
entsprochen wurden, allein als es später zum Bau kam, wußte man nicht, wie
viel man für den Grund und Boden fordern sollte. Der Herr Abgeordnete sagt
ferner, man habe die Eisenbahn in's Rheinthal und meine Gegend geführt. Wenn
aber derselbe die Unterhandlungen über die Eiscnbahnverhältnisse kennte, so würde
er sich nicht halb vorwurfsweisc darauf berufen haben. Cr erinnert ferner an die
schönen Landstraße», die auf Staatskosten hcrgcstetlt worden seien. Der Herr Ab-
geordnete scheint aber auch in dieser Beziehung nicht gehörig unterrichtet zu sein,
denn die Straßen, die in die Unterhaltung deS Staats abgegeben wurden, find
von den Gemeinden selbst längst vorher hergestellt und unterhalten worden.
Gott sch all. Was ich gesagt habe, das habe ich gesagt, und die Zeit ist zu
edel, als daß ich sie mit einer überflüssigen Erwiderung verderben möchte.
Knapp. Was die Hauptsache betrifft, so schließe ich mich Denjenigen an, die
für die Bewilligung des Budgets find. Man hat sodann vielfach von Gefahren ge-
sprochen, und sic mögen vielleicht auch näher sei», als man sich denkt. Wenn aber
Gefahren vorhanden find, so gibt cs kein kräftigeres Mittel für uns, als das. einig
zu sein, denn Einigkeit macht stark und verleihet Kraft. Ich gehöre einem kleinen
Landesthcil an, der in den 80er Jahren bewiesen hat, was Einigkeit und Anhäng-
lichkeit an Fürst und Vaterland hervorzubringen vermag. Niemand in diese», Saale
ist vielleicht mehr gckrcnE worden in früheren Zeiten und jetzt wieder, als ich selbst,
aber vergessen wir'zum Schluß alle Kränkungen, suchen wir den Frieden zwischen
Fürst und Vaterland und Negierung zu erhalten, in Eintracht zu wirken, und die
Verfassung zu beschützen. Decken wir alles Vergangene mit dem Mantel der Liebe
r», jedoch wie ich wiederhole, ohne hicdbei zu vergessen, daß wir fest an der Ver-
sassung halten müssen.
Sander. Wenn ich gestern vorgeschlagen habe, eine Stcucrverminderung ein-

treten zu lassen, so geschah dies in dem Bestreben, dem Lande, dem unter einer
schweren Last von Steuern liegenden Lande, eine Frucht dieses Landtages nach Hause
zu bringen. Ich bedauere, daß es mir nicht gelungen ist, mein Bestreben durchzu-
sührcn. Ich bedauere dies »üt dem Abg. Welcker, und thcile mit demselben auch
seine weiteren Klagen über die großen Lasten, die auf unser», Budget liegen. Gleich-
wohl kann ich aber mit ihm nicht zu dem Resultate kommen, die Stenern nicht zu
bewilligen. Hätten wir gar keine Frucht dieses Landtags, und wären wir wirklich
dahin gefallen, wohin man die Kammer und das Land vielleicht zu führen suchte,
so würde ich, wäre ich i» dieser Lage, keinen Anstand nehmen, die Stenern nicht
zu bewilligen. Eine Frucht aber, und zwar eine große Frucht hat dieser Landtag
gebracht. Wenn ich meine Blicke zurückwende in die vergangene Zeit, so muß ich
fürchten, daß ein System auf uns drückte, welches nicht dahin gerichtet war, die
Verfassung aufrecht zu erhalten, nicht dahin gerichtet, die Rechte des Volkes zu wah--
ren und zu achten, sie zu dem schönen Bilde einer acht repräsentativen Monarchie
zu vereinigen. Diesem System ist aber diese Kammer entgegengctretcn. Sie war
cs, die da verhinderte, daß es rückwärts ging, sie war eS, die die Rechte des Volks
wahrte, die die Bestimmungen der Verfassung standhaft fest hielt, sie war es die
nichts that, was in ihren Siechten und in ihren Befugnissen lag, die die Rechte der
Krone wahrte, aber auch die Rechte des Volks zu vertheidigcn wußte. An dieser
Frucht halte ich fest. Wohl weiß ich, wie man die Bestrebungen der Kammer i»
den Zeitungen verdächtigt. Wohl kenne ich die Drohungen, die dieser Kammer ge-
macht wurden, wohl höre ich, daß man uns als Widersacher des monarchischen Prin-
zips anfeindct, und daß man uns abermals mit einer Auflösung droht. Wir kön-
nen aber mit der größten Ruhe allen diese» Drohungen entgegensetzen; das Gefühl
der reinsten Pflichterfüllung kann uns beruhigen. An ihm fcsthaltend, alle Rechte
anerkennend, das. monarchische Prinzip »ich! anfeindend, stimme ich für die Bewil-
ligung der Steuer», und dieß sei die Antwort der Kammer, welche sie Denjenigen
gibt, die mit einer Auflösung drohen. Man weiß aber auch, daß den» eine solche
Drohung wirklich vollzogen wird, dies nur geschieht, weil man das System, das
bisher auf uns drückte, fortsetzeu will. Das Land wird alsdann die Wahl hoben
zwischen jenen, die in die'er Kammer die Siechte des Landes vcrtheidigten, ohne die
Rechte der Krone aiizufeindcn, und zwischen jenen, deren Streben nicht dahin geht,
die Rechte des Landes, welche die Verfassung gewährt, aufrecht zu erhalten und
durchzuführcn.
Finanzministcr V. Böckh. Ich halte es nicht au der Zeit auf eine Diskuffionzeüi-
zugche», die der Hr. Abg. Sander anznregcn versuchte. Das Ministerium ist sei-
nes guten Rechtes und der Gewissenhaftigkeit seiner Handlungsweise sich bewußt.
Ich will daher nur von der einzigen Behauptung sprechen, man habe der Kammer
mit der Auflösung gedroht. Ich frage, ob diese Drohung je von der Bank der Mi-
nister gehört worden ist? (Biele Stimmen antworten nein.) Genug also.
v. Jtzstein. Zeitungsartikel haben hievon gesprochen.
Hecker. Am 19. August d. I. legte ich mein Mißtrauensvotum gegen das
gegenwärtige Ministerium und sein System in diesem Saale nieder; ich sprach dor-
ten auS, daß ich kein Vertrauen zu seiner Verwaltung bade, weil ich in den Mi-
lusterialrescriptcn Eingriffe in die verfassungsmäßigen Rechte des Volkes erblicken
mußte und-erblickte. Wenn ich nun mit starrer Eonsequenz verfahren wollte, so
dürste ich so große Summen in die Hände einer Verwaltung nicht nicderlcgcn, ge-
gen welche ich ein Mißtrauensvotum abgelegt habe; weil ich nicht in die Herzen
der Minister sehen kann und nicht weiß/ob sie von jenen Ansichten, von jenen, Sy-
stem, welches das Werk eines Mannes und v»n ihm ausgegaugen ist, znriickgc-
kommen sind. Allein die Hoffnung, daß dieses der Fall sei, bewegt mich, dem Fi-
nanzgcsetze meine Zustimmung zu geben. Ich hege nämlich die Hoffnung, daß die
Stimme des Volkes nicht vergeblich an das Ohr der Minister angeschlagen habe,
daß sie werden vernommen haben, daß Vas bisherige System als ein verderbliches
erkannt worden ist. Als die Minister nach der Auslosung der Kammer sich zur Ans-
rechthaltung ihres System an das Volk wendeten, schwieg dasselbe. Das Schwei-
gen des Volkes war aber eine bedeutungsvolle Lehre für die Minister. Das Volk
hat aber sogar auf jene Appellation im entgegengesetzten Sinne sich laut erklärt,
indem es die Majorität dieser Kammer wählte. Ich hoffe daher, daß aus dieser
Lehre die geeignete Nutzanwendung gezogen worden ist, und daß ein System falle,
das als unhaltbar erklärt ist. Ich stimme aber für das Finanzgesetz aus dem wei-
tern Grunde, weil ich aus eben diesem Votum des Volkes dessen Mündigkeit und
Festwilligkcit, wo es sich um konstitutionelle Interessen handelt, > wahrnehme, welche
selbst bei einer nochmaligen Kammcrauflösung erkennen würde, um was es sich han-
delt und keine andere Männer erwählen würde, als die es zur Vcrtheidigung sei-
ner Rechte für geeignet hält. Bei diesem gesunden Sinne des Volkes fürchte ich
 
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