No. 222.
Dienstag den 20. Septbr.
1842.
LanKtngsVerhanS!ungsn.
Carlsrube, 6. Sept. 60. öffentliche Sitzung der 2. Kammer (Nachmittags 5
Uhr.) - Negierungskommiffion: Finanzminister v. Böckh, Ministerialrath Zieg-
ler, Geh. Referendar Eichrodt.
Die Tagesordnung führt auf den Bericht der Budgctkominiffion (Hoffmann)
über den Neservefond, nach dem vorgclegtcn Entwurf.
Finanzministcr v. Böckh erklärt, daß er das Gesetz über den Reservefond zu-
rücknchme, da der Zweck dieser Borlage, eine Darstellung der Lage der Finanzen
durch dieselbe erreicht sei. . -
Hoffmann erstattet hierauf Bericht über das Gesetz, da durch dre Erklärung
des Hrn. Finanzministcrs eine Diskussion des Berichts doch nicht überflüssig geworden
sei, und es sich insbesondere um Verwendung der Ueberschüffe dieser Periode handle.
Der Bericht wird erstattet, und nach einer längern Diskussion der Antrag des
Abg. Sander — in Anbetracht der Ueberschüffe — den Satz der Kauf-Accise von
j?/. vom Gulden auf 1 kr. herabzusetzcn, von der Mehrheit gegen 10 Stimmen
^*^Die"spezicllen Ausgabspositionen, welche die Kommissionen zur nachträgli-
chen Aufnahme ins Budget proponirt, sind folgende:
1) Aufbesserrng des Gehalts der Volksschullehrer der ersten und zweiten Klaffe,
durch Altcrszulagen, einstweilen durch Gratifikationen in Folge des deshalb gefaßten
Kammerdeschlusses
2) Vollendung des Konstanzer Hafens, für das Vorwerk und
für das Geländer auf der Hafenmauer, nach vorliegendem Kosten-
Überschlag.
z) Korrektion der Steige bei Stockach, die zweite Hälfte des
Kostenüberschlags, da die erste Hälfte bereits genehmigt ist, die Vol-
lendung des Baues aber wohl in der laufenden Budgetperiove gc-
schehm kann^Eg ^ Straße bei Kehl, ebenfalls die zweite Hälfte
des Ueberschlags, aus dem gleichen Grund wie vorher
5) Korrektion der Pforzheimcr «teige, ebenfalls wie vorher,
weitere . .
6) Neubau einer Straße von Weinhenn Lurch das Blrkenauer
Thal, aus dem gleichen Grund wie vorher, weitere
7) Korrektion der Steige, bei Engen, worüber Plan und Ko-
stenüberschlag vollendet ist, ein ungefährer Betrag der Hälfte des
Bedarfs
8) Zu Voruntersuchungen und Planfertigungen für Straßen
in jenen Lheilen des Landes, welchen die Vorthcüe der Eisenbahn
nicht unmittelbar zu gut kommen, oder für Straßen, welche zur Ver-
bindung mit der Eisenbahn dienen
10,000 fl.
33,000 "
22,500 -
22,750 ->
20,000 „
10,000 „
30,000,
15,000 „
zusammen 16«,250 n.
Zu dem erst'en Anträge der Kommission, 10,000 fl. für Alterszuiagen an Schul-
lehrer aufzunehmen, bemerkt D
Sander. Der Hr. ginanzminister hat zwar geäußert, er werde, wenn sich
Mittel ergeben, gern darauf antragen, daß sie zum Besten des Landes verwenbet
werden; allein wir find hier, um bei solchen Verwendungen ein Wort nutzureden;
ich kann daher mit dieser Zusicherung nicht zufrieden sein, die, wenn sie genügte,
unser ganzes Bewillungsrecht überflüssig machen würbe. Für die Anträge der Kom-
mission stimme ich nur ungern, und hätte vorgezogen, die Ueberschüffe sammtlich
hts zur nächsten Periode vorzubehalte», wo die Kammer über ihre Verwendung ge-
hört werden muß. Bei den Gratifikationen für Schullehrer haben wlr keine Si-
cherheit, daß sie auch wirklich den Würdigsten zu gut kommen; ich kann daher ohne
nähere Bestimmung nicht für die Aufnahme von 10,000 fl. zu diesem Zwecke stimmen.
Zittel erläutert, daß nach dem Anträge der Petitionskommission die Summe
für Alterszulagen an diejenigen Lehrer der ersten und zweiten Klasse bestimmt ist,
welche durch Alter und Leistungen auf Beförderung Anspruch haben, aber wegen
besonderer Umstände noch nicht befördert werden können.
Hecker und We Icker äußern sich im Sinne des Abg. Sander. Welcker wünicht
namentlich den Antrag bestimmter dahin gefaßt, daß die 200 ältesten Lehrer jeder
eine Gratifikation von 50 fl. erhalte.
Junghanns und Mordes schließen fich im Einklänge mit der Erläuterung
des Abg. Zittel dem Anträge der Budgetkomimffion an, welcher von der Kammer
angenommen wird.
Bei dem zweiten Anträge, zur Vollendung des Konstanzer Hafenbaues 38,000
Gulden aufzunehmcn, unterscheidet Schaaff Zwischen dem Aufwand für das Vor-
werk mit 35,000 fl., welcher dringend sei und dem Schutzgeeänder mit 3,000 fl.,
welches bis zur nächsten Periode beruhen könnte.
Mathp erinnert an den Bericht über das außerordentliche Budget und die
Verhandlungen darüber, woraus hervorgehe, daß der Schirmdamm auch als An-
landeplatz für die Dampfschiffe diene, wobei in Ermangelung eines Schutzgeländers
die Reisenden Gefahr laufen in den See zu fallen. Die Nothwendigkeit sei damit
hinreichend dargethan, der Aufwand nur gering und er zweifelt deshalb nicht, daß
die Kammer den Antrag der Kommission annchmen werde.
Rettig hat gegen diese Verwendung nichts zu erinnern; allein dringender
als das Vorwerk in Constanz, sei die Herstellung eines sicheren Anlandeplatzes in
Mecrsburg. Man könnte daher den Antrag allgemein fassen und auch auf diese
Arbeit ausdehnen.
Gerbet erinnert, daß schon 1837 eine Petition in diesem Betreff dem Staats-
Ministerium mit dringender Empfehlung überwiesen und eine Summe von 10,000 ff.
in das Budget ausgenommen wurde; es sei aber nichts geschehen. Er stellt daher
den Antrag, den, früheren Beschlüsse gemäß >0,000 fl. hier aufzunehmen.
Hoffmann. Die Budgetkommiffion ist von dem Grundsätze ausgegangen,'
nur solche Unternehmungen vorzuschlagen, für welche Pläne und Kostenüberschläge
vorllcgcn. Dies ist bei dem Landungsplatz in Meersburg nicht der Fall; für den
Hafenbau in Konstanz dagegen ist Alles vorhanden und die Arbeit kann, wenn man
will, in einem halben Jahre vollendet sein.
Bader unterstützt den Antrag des Abg. Gerbel und entgegnet dem Abg. Hoff-
mann, daß auch für Meersburg Plan und Kvstcnüberschlag vorliege.
Hoffmann. Für einen Hafen wohl aber nicht für einen Landungsplatz.
v. Jtz stein kann nach den bisherigen Erfahrungen ebenfalls nicht dazu rathen
eine Summe aufzunehmen, bevor Plan und Ueberschläge vorliegen.
Der Antrag der Kommission wird angenommen, so wie die übrigen Vorschläge
bezüglich auf die Steige bei Stockach, die Erhöhung der Straße bei Kehl, die Pforz-
heimer Steige, die Straße von Weinheim durch das Blrkenauer Thal und die
Steige bei Engen.
Die Sitzung wird geschloffen.
Carlsrnhe, 7. September. 61. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.
Präsident: Bekk: Negierungskommission: Finanzminister v. Böckh, Ministerial-
rath Ziegler.
v, Jtzstcin erstattet im Namen der Budgetkommission mündlichen Bericht über
das Flnanzgcsetz und den Haupt-Finanzetat.
Nach Art. l werden sänimtl. Ministerien zurBestreitung des eigenthümlichen Staats-
aufwandes, so wie für die Lasten und Vcrwaltungskostcn von 1812 . 11,389,329 ff.
für 1813 . 14,358,378 ,,
zusammen . 28,747,707 fl7
bewilligt. Zur Deckung dieser Credite werden die Einnahmen bestimmt, welche für
1812 zu. 11,760,413 fl.
für >813 zu. 11,762,883 „
zusammen zu . 29,523,290 fl.
angeschlagen sind. — Der Ueberschuß, welcher sich im Laufe der Bndgetperiode
wirklich ergeben wird, ist zurBestreitung der außerordentlichen Ausgaben der näch-
sten Bndgetperiode in der Amortisationskaffe niederzulegen.
Mathp bemerkt hiezu, daß in dem ursprünglichen Entwurf der Zusatz: „zur
Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben der nächsten Bndgetperiode," nicht ent-
halten war, diese Bestimmung trete an die Stelle des zurückgenommcnen Entwur-
fes über den Reservefond, und könnte es unmöglich machen, einen Theil deS Uebcr-
schuffes zu dringenden Arbeiten nach den Wünschen der Kammer noch in der laufen-
den Periode zu verwenden. Er würde einen Zusatz beantragen, wonach solche Ver-
wendungen ausdrücklich genehmigt werden, wenn er nicht die Hoffnung hätte, von
Seiten der Regierung die Erklärung zu erhalten, daß diejenigen Ausgaben, wozu
sie von der Kammer durch die gestern in das Protokoll niedergelegten Anträgen er-
mächtigt wurde, durch den erwähnten Zusatz nicht ausgeschlossen werden sollen.
Ministerialrath Ziegler erklärt, daß diese Bestimmungen der Ausführung der
von der Kammer beantragten Unternehmungen nicht im Wege stehen werden, falls
solche noch in der laufenden Periode vorgcnommcn werden können.
Art. 2 bestimmt für das außerordentliche Budget beider Jahre eine Summe
von 1,812,419 fl. nach einem bcsondcrn Etat; für die allgemeine Staatsverwaltung
sind 1,486,698 fl., für den Grundstock 325,72t fl. bestimmt und zur Deckung dienen
aus dem Äetriebsfond 1,548,199 fl- und vom Grundstück 325,721 ff.
Die Art. 3, 4, 5 und 6 überweisen die Reineinnahmen der Post und des Ei-
senbahnbetriebs mit 636,498 fl. der Eisenbahnschuldentilgungskaffe, bestimmen jene
der Badeverwaltung zu Verwendung auf die Badeanstalten, setzen die Dotation
der Amortisatonskaffe zur Schuldentilgung und Beförderung der Zehntablösung für
1812 auf 1,2l2,l70fl. und für 1813 auf 1,222,916 fl. fest und verfügen über den
Betriebsfond der Finanzverwaltung. — Art. 7 enthält die dermalen bestehenden
Abgabengesetze in Kraft. Die Artk. 7 bis 13 enthalten die früheren Bestimmungen
über Besoldungen, Funktionsgehalte und Pensionen.
Nachdem die Artikel einzeln angenommen waren, nimmt
v. Jtz stein das Wort und äußert: Ehe die Abstimmung über das Hauptfinanz-
gesctz erfolgt, muß ich mir einige Worte erlauben. Die Auflösung der Kammer ist
im verfassungsmäßigen Wege erfolgt; das Volk mußte durch neue Wahlen antwor-
ten. Es hat dieses gethan. — Die gegenwärtige Kammer trat zusammen. Eine
vielbewegte unruhige Sitzung ist an uns vorübergegangen und zwar in Folge der
Zirkularien der Herren Minister, in Folge der denselben gegebenen betrübenden
Ausführung, der stattgehabten, von dem ganzen Lande mißbilli'gten Versetzung ein-
zelner Abg., welche Staatsdiener sind, und des Systems, welches die Herren Mi-
nister eingehalten haben. Wir stehen heute am Ziele unserer Arbeiten. — Es han-
delt sich um die wichtige Frage, ob daS Budget bewilligt werden, und ob man die